Deutsche Wirtschaft mit pro und kontra: Hamburger Hafen und Flughafen BBI

Hamburg

In den zurückliegenden acht, neun Tagen wurden in Prag gleich mehrfach die deutsch-tschechischen Wirtschaftsbeziehungen festgeklopft. Um genauer zu sein: Es wurde ausgelotet, inwieweit bestehende Kooperationen zwischen Prag und Hamburg vertieft werden und neue Möglichkeiten im Land Brandenburg auch für tschechische Unternehmer attraktiv sein könnten. Die beiden deutschen Delegationen wurden jeweils angeführt vom höchsten Politrepräsentanten des betreffenden Bundeslandes – vom Ersten Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Christoph Ahlhaus, beziehungsweise vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck.

Hamburger Hafen  (Foto: www.wikimedia.org)
Hamburg und Prag verbindet seit 20 Jahren eine enge Städtepartnerschaft. Noch 61 Jahre länger aber besteht die gemeinsame Bande, die die Hansestadt und die gesamte Tschechische Republik dank des Hamburger Hafens haben. Im Jahre 1929 erhielt die damalige Tschechoslowakei auf der Grundlage der Versailler Verträge von 1919 einen 30.000 Quadratmeter großen Teil des Schiffslandeplatzes zugesprochen, der seitdem als Moldauhafen geführt wird. Er war für die Tschechoslowakei und ist nun für Tschechien das große Tor zu den Weltmeeren und somit auch ein Umschlagplatz für den Im- und Export von und nach Übersee. Nach der Wende aber hat Tschechien seine Aktivitäten im Hamburger Hafengelände auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt, was angesichts der Nutzungsbedingungen unverständlich erscheint. Im Zuge der Versailler Verträge erhielt die Tschechoslowakei nämlich für den Moldauhafen ein 99-jähriges Mietrecht, und die Hafennutzung ist obendrein steuerfrei. Ein Privileg, das die Tschechische Republik jetzt wieder stärker nutzen will, wie Bürgermeister Ahlhaus seinen Gesprächen mit Präsident Václav Klaus entnahm. Vor Medienvertretern sagte Ahlhaus daher fast überschwänglich:

Christoph Ahlhaus  (Foto: Michael Zapf,  www.hamburg.de)
„Nach meinem Erachten sind die Kapazitäten ausgeschöpft, denn gerade deswegen will man ja Kapazitäten erweitern. Ich sehe die Revitalisierung der Hafenflächen daher so, dass man sagt: Viel läuft bereits auf der Schiene und auf der Straße. Per Lkw mittlerweile schon zuviel, so dass Staus und ökologische Aspekte diesen Transport auch immer teurer machen. Hier setzt meiner Meinung nach auch das Interesse der Tschechischen Republik ein. Mit der eigenen Hafenfläche im Hamburger Hafen im Rücken will Tschechien auch dem dritten Standbein des Hinterlandverkehrs, der Binnenschifffahrt, künftig eine größere Bedeutung geben.“

Der Sprecher des hiesigen Verkehrsministeriums, Karel Hanzelka, hat die Begeisterung von Ahlhaus für das tschechische Vorhaben anschließend wieder etwas gedämpft, aber andererseits bestätigt, dass Prag die Absicht habe, den Moldauhafen zu revitalisieren. Man ziehe diese Variante nach wie vor in Erwägung, eine definitive Entscheidung aber sei noch nicht gefallen, sagte Hanzelka. Ahlhaus seinerseits aber hob hervor:

„Hamburg ist der Seehafen für die Tschechische Republik. Aber das ist er nur solange, wie Hamburg auch attraktive Rahmenbedingungen für die tschechischen Unternehmen bieten kann. Es muss daher unser Ziel sein, diese Rahmenbedingungen immer wieder zu modernisieren und auch für den tschechischen Handel attraktiv zu halten. Dann wird dieser Handel auch künftig vorwiegend über den Hamburger Hafen abgewickelt.“

In seinem Resümee zum Thema Hafen wurde Ahlhaus schließlich noch sehr deutlich:

„Es ist im ureigenen Hamburger Interesse, ganz massiv dafür zu werben, dass die Funktionalität des Hamburger Hafen nicht nur ein lokales Thema ist, sondern ein nationales, wenn nicht sogar ein europäisches Thema. Der Hafen ist wie bereits erwähnt auch der Seehafen der Tschechischen Republik. Ich nehme daher von dieser Reise mit, es ist dringend erforderlich, dass Hamburg beim Thema Hafen sehr selbstbewusst auftritt. Es geht ganz einfach darum, all denjenigen auf Bundesebene, bei denen es noch nicht angekommen ist, deutlich zu machen, dass der Hafen ein Thema von großem deutschen Interesse ist.“

Elbe
Mit anderen Worten: Hamburgs Bürgermeister Ahlhaus kommt den tschechischen Interessen entgegen, wenn er sich auf Bundesebene für das Potenzial des Hamburger Hafens stark macht und indirekt auch die zu verbessernde Schiffbarmachung der Elbe gleich mit anspricht. Ob Tschechien seinerseits die geplanten Staustufen im Oberlauf der Elbe errichten wird, steht aber schon wieder auf einem ganz anderen Blatt.


Matthias Paltzeck
Am Montag und Dienstag dieser Woche war auch der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck in Prag zu Gast. Im Gegensatz zu seinem Hamburger Kollegen hatte er kein Infrastrukturprojekt im Gepäck, in das man die Tschechen unbedingt einbinden wolle, sondern einen modernen Knotenpunkt, der spätestens in zwei Jahren in direkter Konkurrenz zum Flughafen Prag-Ruzyně stehen wird: der Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI). Der gigantische Airport, der im Sommer 2012 fertig gestellt und ab da jährlich über 40 Millionen Flugpassagiere abfertigen soll, will dank seiner Lage die führende Position als Drehscheibe im Herzen Europas einnehmen. Eine Funktion, die auch der Prager Flughafen auf seine Fahnen geheftet hat. Rainer Schwarz, der Sprecher der Geschäftsführung Berliner Flughäfen, verhehlt daher nicht, dass Prag dann auch einer der Konkurrenten des BBI sein wird:

Rainer Schwarz  (Foto: Marion Schmieding,  www.berlin-airport.de)
„Was die Konkurrenzsituation betrifft, so ist das richtig. Wir betrachten uns mittlerweile weniger in einer Konkurrenzsituation zu anderen deutschen Flughäfen, sondern zu solchen Flughäfen, die ähnlich wie der BBI an der Grenze zwischen dem alten Ost- und Westeuropa liegen: das heißt Prag, Budapest und Wien. Das sind diejenigen Flughäfen, mit denen wir in dieser Drehkreuz- beziehungsweise Scharnierfunktion im Wettbewerb stehen.“

Ministerpräsident Platzeck wiederum legte Wert auf die Feststellung, dass die Marktwirtschaft nicht zuletzt auch von einem gesunden Wettbewerb profitiere:

„Das Wesen der Marktwirtschaft besteht ja aus zwei Punkten: Konkurrenz und Kooperation. Da ist also immer ein Wettbewerbselement dabei und natürlich werden wir versuchen, in diesem Wettbewerb vorne zu sein. Andererseits behaupte ich: Die Felder sind groß, die da zu bearbeiten sind. Und wenn man das ringsherum klug macht, kann auch jeder sein Feld finden, das er bespielen wird. Wir aber stellen uns dem Wettbewerb. Nicht umsonst haben wir eine große Investitionssumme in die Hand genommen, um zu erreichen, dass wir auch vorne landen. Gesunde Konkurrenz ist also dabei.“

Flughafen Berlin-Brandenburg International  (Foto: Günter Wicker,  www.berlin-airport.de)
Die Delegation aus Brandenburg war aber nicht nur nach Prag gekommen, um Werbung für den neuen Flughafen und die touristischen Schönheiten des ostdeutschen Bundeslandes zu machen. Vor allem in den Bereichen Logistik und Transport hätten auch tschechische Unternehmer die Chance, am Großprojekt BBI zu partizipieren, sagte Platzeck und ergänzte:

„Wir haben in der Unternehmerdelegation, die uns bei dieser Reise begleitet, Logistiker aus Brandenburg dabei, und zwar Logistiker aus den Bereichen Schiene, Straße, Luft. Heute (12. 10., Anm. des Autors) früh haben sie uns berichtet, dass sie in den vergangenen Tagen sehr erfolgreiche Kooperationsgespräche mit tschechischen Firmen geführt haben. Das ist ja auch das Salz in der Suppe, dass man sie hinterfragt: Was kann man gemeinsam machen? Zum Thema Marktwirtschaft muss ich dabei gleich hinzufügen: Am schönsten sind immer win-win-Situationen. Die kann man auch organisieren, auch unter Wettbewerbsbedingungen. Ich glaube, gerade im logistischen Bereich ist das sehr gut denkbar.“