Deutsches Design in Prag - Gegenstände sollen nützlich und schön sein

Foto: Miroslav Krupička

Seit Anfang Oktober ist die bislang größte Retrospektive deutschen Designs zu sehen. Die Ausstellung mit dem Namen „Deutsches Design. Vergangenheit – Gegenwart“ entstand in Zusammenarbeit der Tschechischen Zentren in Prag und München mit dem Verein „Czechdesign“ sowie der Neuen Sammlung der Pinakothek der Moderne in München. Dazu Interviews mit der stellvertretenden Leiterin der Neuen Sammlung, Corinna Rösner, sowie Steffen Kehrle, der für den Teil der Ausstellung über Gegenwarts-Design zuständig ist.

Foto: Miroslav Krupička
Frau Rösler, in Prag wird im Rahmen einer Ausstellung deutsches Design präsentiert. Ist es eine historische Ausstellung, oder konzentrieren Sie sich auf die gegenwärtige Kunst?

„Wir zeigen beides. Wir zeigen Objekte aus dem 19. Jahrhundert, vom Beginn des 20. Jahrhundert, Bauhaus, Hochschule für Gestaltungen in Ulm, also Beginn des Wirtschaftswunders in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir zeigen historische Objekte aus der DDR, und wir gehen bis in die unmittelbare Gegenwart. Das ist uns sehr wichtig, weil wir gerne in den Dialog mit der jungen tschechischen Designszene treten. Nichts ist besser, als wenn junge Designer untereinander sich vernetzen und miteinander sprechen. Dazu ist Gelegenheit in dieser Ausstellung.“

Können Sie einige der Schätze nennen, die Sie erwähnt haben und die hier zu sehen sind?

Wassily-Sessel  (Foto: Archiv der Tschechischen Zentren)
„Vielleicht fange ich mit etwas Lustigem an. In München war gerade Oktoberfest, und wir haben zwei Bierkrüge hier. Die verbindet man mit dem Oktoberfest, aber Bierkrüge aus Steingut sind wirklich frühindustrielle Produktion. Es geht ja beim Design um Serienproduktion, und diese Sachen sind wirklich in Serie, aber in der Manufaktur hergestellt worden. Wir zeigen Thonet-Möbel, Buchholzstühle – das ist überhaupt der Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Dann zeigen wir Bauhaus, den berühmten Wassily-Sessel von Marcel Breuer. Aus der Gegenwart kann ich Konstantin Grcic nennen, einen der weltweit führenden deutschen Designer. Von ihm zeigen wir zwei Entwürfe, darunter eine besonders populäre und auch sehr praktische Lampe. Man sieht, es geht beim Design nicht um den Schmuck, das Ornament oder irgendetwas, was als Dekor nachträglich draufgesetzt wird, sondern es geht darum, Dinge zu entwickeln, die für den Alltag nützlich sind und die man liebt, weil sie so schön sind, dass man sie nicht wegschmeißt. Das ist die beste Nachhaltigkeit.“

Ausstellung ‚Rejected’  (Foto: Miroslav Krupička)
Herr Kehrle, Sie haben den Teil vorbereitet, in dem es um die Gegenwart geht. Wie haben Sie dies gestaltet?

„Wir haben diesen Bereich der Ausstellung zweigeteilt. Was wir uns ausgedacht haben und was wir für ein wesentliches Thema empfanden, war zu zeigen, dass Projekte, die Gestalter angehen, nicht immer glücken. Das haben wir versucht, mit der Ausstellung ‚Rejected’ zu demonstrieren. Wir haben dazu zehn befreundete Designer, Autoren, Dokumentarfilmer und Graphiker eingeladen. Sie sollten einen Beitrag zu einer Arbeit liefern, die ihnen sehr wichtig ist, die aber nicht umgesetzt werden konnte. Um aber zu zeigen, was die eigentliche Expertise von diesen Leuten und von diesen Positionen ist, haben wir dazu die Ausstellung ‚Accepted’ entworfen. Dort wird das eigentliche Schaffen dieser Graphikbüros gezeigt wird. Dazu haben wir eine Installation entworfen, die eine Wohnsituation - natürlich in musealem Kontext - zeigt.“

Konstantin Grcic: Mayday  (Foto: Archiv der Tschechischen Zentren)
Eines der Anliegen der aktuellen Ausstellung ist es, einen Dialog mit den tschechischen Designkünstlern zu knüpfen. Hat es bisher gewisse Kontakte, einen Informationsaustausch gegeben?

„Ich stehe bereits ein bisschen im Austausch mit dem tschechischen Design. Weil ich unter anderem in Wien studiert habe, habe ich vor etlichen Jahren auch schon in Prag ausgestellt. Ich kenne auch Maxim Velčovský. Man tauscht sich aus, aber ich denke, dass es jetzt noch anfängt und anregen soll. Deswegen sind wir auch hier. So wurde das Projekt von uns gesehen, aber nicht nur zwischen den Designern, sondern auch zwischen den Unternehmen. Für uns sind tschechische Unternehmen aus der Glasbranche oder anderen Industriezweigen total interessant, im Gegenzug ist es aber auch für die tschechischen Designer interessant, deutsche Unternehmen zu kontaktieren und vielleicht auch ein Projekt zusammen zu machen.“


Die Ausstellung „Deutsches Design. Vergangenheit – Gegenwart“ wird in der Galerie des Tschechischen Zentrums in der Rytířská-Straße gezeigt. Sie ist bis Ende November zu sehen.