Deutsches Orchester eröffnet erstmals Musikfestival „Prager Frühling“

Das Gedenken an den 70. Jahrestag des Kriegsendes dominiert in diesem Jahr auch die 70. Musikfestspiele „Prager Frühling“. Das traditionsreiche internationale Klassikfestival wird an diesem Dienstag in Prag eröffnet.

Thomas Hengelbrock  (Foto: Axel Hindemith,  Wikimedia CC BY 3.0)
Im 70. Jubiläumsjahr des Festivals "Prager Frühling" eröffnet erstmals ein deutsches Orchester das Programm, und das traditionsgemäß mit dem Zyklus symphonischer Dichtungen „Mein Vaterland“ von Bedřich Smetana. Dirigent Thomas Hengelbrock führt das Werk mit dem NDR-Sinfonieorchester aus Hamburg am Dienstagabend im Prager Repräsentationshaus auf. Im Programm der Festspiele findet vor allem das 70. Jubiläum des Kriegsendes Niederschlag. Roman Bělor ist der Festivaldirektor:

„Wir wollten an den 70. Jahrestag erinnern, sowohl mit einigen Konzerten im Programm sowie mit der Besetzung des Eröffnungs- und des Abschlusskonzerts. Die Eröffnung wurde zum ersten Mal in der Geschichte einem deutschen Orchester anvertraut, der Abschluss einem britischen Orchester. Damit wird an das erste Festival Prager Frühling im Jahr 1946 angespielt, bei dem neben tschechischen Interpreten auch Künstler der Siegermächte spielten, das heißt Künstler aus Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA.“

Juri Temirkanow  (Foto: YouTube)
Dem Zweiten Weltkrieg gilt unter anderem das Konzert der Petersburger Philharmonie unter Juri Temirkanow. Das Orchester wird in Prag die Siebte oder auch Leningrader Symphonie von Dmitrij Schostakowitsch spielen. Der Komponist hat sie 1942 dem Kampf gegen den Faschismus und seiner durch die Nazis belagerten Heimatstadt Leningrad gewidmet.

Der „Prager Frühling“ wird in den nächsten Wochen ein breites Musikspektrum bieten. Mehrere weltberühmte Symphonieorchester kommen nach Prag, aber auch manche Ensembles, die sich auf die Interpretation der alten Musik spezialisiert haben. Roman Bělor:

Roman Bělor  (Foto: David Vaughan)
„Wir werden das hervorragende japanische Ensemble Bach Collegium Japan begrüßen dürfen, das von dem Dirigenten Massaki Suzuki geleitet wird. Es war unser langjähriger Wunsch, dieses Ensemble nach Prag zu bringen. Ein zweites Ensemble, das ich erwähnten möchte, ist die Akademie für Alte Musik Berlin mit dem Konzertmeister Georg Kallweit. Sie kommt mit einem Programm unter dem Titel Wassermusik, unter anderem mit Werken von Telemann und Händel.“

Beim Festival erklingt auch moderne und zeitgenössische Musik. Traditionsgemäß wurde dafür ein Werk bei einem zeitgenössischen tschechischen Komponisten in Auftrag gegeben. Dazu der Pressesprecher des Festivals Pavel Trojan:

„Es freut mich sehr, dass wir eine Komposition von Petr Wajsar bestellt haben. Sie wird vom Orchester Berg gespielt, das im Jahr 2015 sein 20. Gründungsjubiläum feiert. In den zwanzig Jahren seiner Existenz hat es sich als ein hervorragendes Orchester profiliert, das sich auf moderne Musik spezialisiert.“

Das Ensemble Berg wird auch ein Werk des deutschen Komponisten und Theatermachers Heiner Goebbels in tschechischer Premiere aufführen.

„Heiner Goebbels kommt für etwa vier Tage nach Prag. Er wird hier seine Komposition ‚Songs of Wars I have seen‘ einstudieren, die auf Texten der US-amerikanischen Dichterin Gertrude Stein basiert.“

Das 70. Jubiläumsjahr des Festivals bringt insgesamt 45 Konzerte auf die Bühne. Abgeschlossen wird es durch das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra am 3. Juni.