DFC Prag verliert Erinnerungsspiel, aber schöpft Kraft für Neuanfang

Foto: Offizielle Facebook-Seite der Initiative 1903

Am vergangenen Sonntag wurde in Prag ein geschichtsträchtiges Ereignis aufgefrischt. Zwei Fußballmannschaften, zusammengestellt aus Freizeitkickern der Darmstädter Initiative 1903 e.V. und der deutschsprachigen Community in Prag, wiederholten in einem Erinnerungsspiel das Finale der ersten deutschen Meisterschaft von 1903. Die Begegnung endete haargenau wie vor 112 Jahren: Mit einem 7:2-Sieg des VfB Leipzig über den DFC Prag.

Sebastian Bona  (Foto: Archiv der Initiative 1903)
„Das ist die Nummer fünf von sechs Ehrentafeln zu Ehren der ersten deutschen Meisterschaft und der Teilnahme des Deutschen Fußballclubs Prag. Das Spielergebnis ist sogar korrekt – unser Steinmetz hat also gute Arbeit geleistet.“

Mit diesen Worten enthüllte der 1. Vorsitzende der Initiative 1903, Sebastian Bona, nach der Partie eine Ehrentafel auf dem Sportplatz von Aritma Prag, auf dem das Erinnerungsspiel ausgetragen wurde. Die Tafel ist das fünfte sogenannte Pilgerdenkmal, das die Initiative als Andenken an die erste deutsche Meisterschaft an die heutigen Vertreter der damaligen sechs Teilnehmer übergeben hat. Steffen Neumann war Akteur des Erinnerungsspiels in den Reihen des DFC Prag. Er hofft, dass die Tafel nun einen würdigen Platz findet:

Team Initiative 1903 nach dem Gastspiel in Prag  (Foto: Offizielle Facebook-Seite der Initiative 1903)
„Ich kann mir schon vorstellen, dass etwas Neues entsteht. Doch selbst wenn nichts entsteht, war das heute eine tolle Sache. Vielleicht gelingt es aber schon bald, diese Erinnerungstafel an einem würdigen Ort anzubringen. Denn es wäre wirklich schön, wenn die damaligen DFC-Spieler, die teilweise leider in einem KZ umgekommen sind, auch wieder eine Würdigung finden.“

Dass die beiden Freizeitteams, die in die Rollen des VfB und DFC schlüpften, am Sonntag auch exakt das Ergebnis von 1903 zu Wege brachten, war so nicht abgesprochen. Das bestätigt auch Steffen Neumann:

Protagonisten des Erinnerungsspiels DFC Prag - VfB Leipzig  (Foto: Otto Kreissl)
„Wir waren ein bunt zusammengewürfeltes Team. Es wäre mir jedoch lieber gewesen, wenn das Spiel mit 7:2 für uns ausgegangen wäre.“

Der Historiker, Freizeitkicker und Cheforganisator des Erinnerungsspiels auf Prager Seite, Thomas Oellermann, war indes sichtlich zufrieden, dass die Begegnung überhaupt zustande kam:

„Das war eine wunderschöne Veranstaltung, ein tolles Spiel, und auch das Ergebnis hat historisch gepasst. Wir hatten uns natürlich etwas mehr erhofft. Andererseits stehen wir noch ganz am Anfang und müssen jetzt erst einmal schauen, wie wir die Dynamik, die um das Spiel entstanden ist, weiter nutzen können. Ob wir daraus wirklich wieder einen Club gründen, der in welcher Liga auch immer spielen wird – das wird sich noch zeigen.“

Thomas Oellermann  (Foto: Archiv Collegium Bohemicum)
Einige Schritte hin zu einer möglichen Neugründung des DFC Prag aber seien bereits gemacht worden – dank des Zusammentreffens mit der Initiative 1903, von der man letztlich durch das Internet erfahren habe, so Oellermann:

„Vor einem Jahr gab es von Seiten der Initiative die Ankündigung, dass man im Jahr 2015 gern nach Prag kommen möchte. Daher begannen nun auch alle Vorbereitungen: Es hieß dann, einen Platz zu besorgen, eine Mannschaft zusammenzustellen, Trikots zu kaufen und mit dem DFC-Emblem zu bestücken. Es war eine Menge an organisatorischer Arbeit zu leisten, weil der Club eben nicht mehr existierte. Er musste komplett wieder zum Leben erweckt werden.“

Die Akteure, die am Sonntag den traditionsreichen DFC Prag repräsentiert haben, waren alles Spieler, die einen Bezug zu Prag haben. Aus gutem Grund hätten nicht nur Deutsche mitgespielt, betont Oellermann:

Mannschaft des DFC Prag  (Foto: Otto Kreissl)
„Der historische DFC war kein rein deutscher Club. In dem Verein haben auch viele Tschechen mitgespielt sowie Spieler aus gemischten Familien, darunter nicht wenige aus jüdischen Familien. Unser Ziel war es daher, dass die Mannschaft, die beim Erinnerungsspiel den DFC präsentiert, kein rein deutsches Team sein sollte. Deshalb haben heute nicht nur viele Deutsche mitgespielt, sondern auch mehrere Tschechen sowie ein Österreicher und ein Niederländer.“

Foto: Offizielle Facebook-Seite der Initiative 1903
Thomas Oellermann glaubt, den Schwung des Erinnerungsspieles nun auch mitnehmen zu können auf dem nicht leichten Weg, den DFC Prag eines Tages auch dauerhaft neu entstehen zu lassen:

„Wir haben jetzt ein Ausrufezeichen gesetzt! Wir haben zudem eine eigene Webseite eingerichtet, so dass dieses Erinnerungsspiel auf alle Ewigkeit auch im Internet zu sehen ist. Wer sich künftig mit dem DFC Prag beschäftigen wird, stößt in irgendeiner Weise sicher auf uns. Diese Webseite soll also auch ein Sammelpunkt sein für alle Initiativen, die die Wiedergründung des DFC betreffen. Vielleicht gelingt es dadurch, den Club auch faktisch wieder einmal als Fußballverein zu etablieren.“

Autor: Lothar Martin
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