Dichter Rilke auf Tschechisch: große Teile seines Werks erstmals übersetzt

Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke, geboren 1875 in Prag, ist einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne. Er war impulsgebend sowohl für deutsche, als auch für französische, italienische und auch tschechische Autoren. Nun wurden zahlreiche Texte seines Früh- und Spätwerkes erstmals ins Tschechische übersetzt.

Rainer Maria Rilke
Vergangene Woche hat das Prager Literaturhaus zwei neue Bände mit Werken des berühmten Lyrikers Rainer Maria Rilke vorgestellt. In der tschechischen Ausgabe des Prager Labyrint-Verlags finden sich Gedichte und Prosatexte. Viera Glosiková ist Herausgeberin der zwei neuen Rilke-Bände:

„Rilke ist einer der zwei großen Prager. Neben Kafka ist Rilke die bekannteste Persönlichkeit, die aus Prag kommt. Er gehörte zu der deutschsprachigen Minderheit, die in Prag lebte, und ist einer der wichtigsten Repräsentanten der Prager deutschen Literatur.“

Die erste Ausgabe hat den Titel „Denn es sprangen Sterne ungezählt“. Sie umfasst circa 180 Gedichte aus den Jahren 1922 bis zu Rilkes Tod im Jahre 1926. Abgesehen vom Gedichtzyklus „Die Sonette an Orpheus“ und den „Duineser Elegien“, deckt der Band nahezu das gesamte Spätwerk des Dichters ab.

„Das ist ein großer Beitrag für den tschechischen Leser, da bis jetzt mindestens vier Fünftel dieser Gedichte nicht ins Tschechische übertragen wurden“, so Glosiková.

Viera Glosiková  (Foto: Vendula Trnková,  Prager Literaturhaus)
In der Tat wurde bisher nur eine kleine Auswahl von Rilkes Werk ins Tschechische übersetzt. Das liegt zum Teil daran, dass vor allem Linguisten aus Deutschland meinen, Rilke sei überhaupt nicht in andere Sprachen übertragbar. Der Lyriker war hingegen selbst Übersetzer für Russisch, Französisch und Italienisch. Er glaubte, dass eine gute Übersetzung drei Bedingungen erfüllen müsse, erläutert Viera Glosiková:

„Erstens muss eine inhaltliche Präzision vermittelt werden. Zweitens muss die rhythmische Bewegung des Originals eingehalten und drittens müssen auch Reim und Melodie berücksichtigt werden.“

Auch die Übersetzer der nun herausgegebenen Exemplare versuchten sich diesem Ideal des Dichters anzunähern und alle drei Bedingungen während ihrer Arbeit zu erfüllen.

'Stille Begleitung und andere Prosa'  (Foto: Labyrint)
Der zweite Band „Stille Begleitung und andere Prosa“ enthält längere und kürzere Erzählungen, die Rilke an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schrieb, während er zunächst in Berlin und später in Paris lebte.

„Im zweiten Band haben wir den Bogen zu dem Frühwerk gezogen, also zu der Zeit, als Rilke noch Prosa verfasste. In diesem Band sind nun ungefähr 50 Texte, die natürlich auch mit den Stilrichtungen der jeweiligen Zeit korrespondieren.“

Zu diesen Stilrichtungen gehörten der Naturalismus, Impressionismus sowie der Symbolismus und die neue Romantik.

Der Labyrint-Verlag plant bereits einen dritten Band, seine Verwirklichung hängt jedoch vom Erfolg der ersten beiden Bände ab.