Deutschsprachige Autoren aus Böhmen und die Weihnachtszeit: Rainer Maria Rilke
Das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren und Radio Prag haben eine kleine literarische Serie zu Weihnachten gestaltet. So können Sie bei uns vom 24. bis zum 26. Dezember Geschichten und Gedichte von deutschsprachigen Autoren aus Böhmen, die alle etwas mit Weihnachten oder Winter zu tun haben. Die Werke wurden vom Literaturhaus ausgewählt. An jedem Sendetag lesen wir von einem anderen Autor vor. Zudem stellt die Leiterin des Prager Literaturhauses, Lucie Černohousová, die Autoren jeweils vor. Die Serie startet mit Rainer Maria Rilke.
Frau Černohousová, Rainer Maria Rilke ist wahrlich kein Unbekannter unter den Prager deutschen Autoren. Dennoch, was lässt sich in Kürze zu Rilkes Leben sagen, wer ist das?
„Rilke in Kürze zu beschreiben, wird schwierig sein. Denn allein sein Name René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke ist ziemlich lang. Aber später hat er sich selbst nur noch Rainer Maria Rilke genannt. Er wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren, als Sohn eines Militärbeamten. Mit kurzen Unterbrechungen hat er die ersten 20 Jahre in Prag verbracht, und das waren für ihn sehr prägende Jahre, was letztlich auch sein Werk zeigt. Man sagt, die schönsten Gedichte über Prag hat gerade Rilke geschrieben. Und es ein bisschen eine Schande, dass es bisher keine Gedenktafel für Rainer Maria Rilke in Prag gibt. Das Prager Literaturhaus bemüht sich, eine an der Stelle anzubringen, wo sein Geburtshaus in der Jindřišská 17 stand. Rilke war unheimlich wichtig für die Prager deutsche Literatur. Er hat als erster erreicht, international anerkannt zu werden. Er gehörte zu den Autoren, die ins Ausland eingeladen wurden, er hat auch selbst viele ausländische und angesehene deutschsprachige Autoren nach Prag eingeladen und dadurch auch die literarische Ebene des deutschsprachigen Prags angehoben. Zum familiären Hintergrund von Rilke: Als Sohn eines Militärbeamten hat er selbst auch die Militärschule in St. Pölten besucht sowie in Mährisch Weißkirchen. Er war aber sehr sensibel, man weiß, dass seine Mutter ihn in Mädchenkleidung gesteckt hat, um ihn ein bisschen von der ´schrecklichen Männerwelt´ zu schützen – das ist indes nicht gelungen. Weil er sehr sensibel war, wich Rilke der Offizierslaufbahn aus, bereitete sich privat auf das Abitur vor und studierte Kunst und Literaturgeschichte in Prag. München und Berlin. Gemeinsam mir Andreas Salomé hat er Russland besucht, später ließ er sich in der Malerkolonie Worpswede nieder und heiratete die Bildhauerin Clara Westhoff. Für acht Monate wurde er sogar Privatsekretär von Rodin in Paris. Vor dem Ersten Weltkrieg lebte er auf Schluss Duino an der Adria bei der Fürstin Maria von Thurn und Taxis. Die Familie hatte auch ein Schloss in Loučeň, wo Rilke einige Zeit verbracht hat. Nach dem Kriegsende zog er in die Schweiz, wo er 1926 im Alter von 51 Jahren im Sanatorium bei Montreux an Leukämie starb.“
Wir haben viel über Rilke erfahren, was haben Sie denn aus seinem Werk für unsere Hörer ausgesucht?
„Wir haben uns thematisch an Weihnachten gehalten und haben Gedichte mit weihnachtlicher Thematik ausgesucht und auch zwei Briefe, die Rilke um diese Zeit und zum Thema an seine Mutter geschrieben hat.“
Aus Rilkes Werk trägt Ihnen nun Radio-Prag-Chefredakteur Gerald Schubert vor:
„Es gibt so wunderweiße Nächte, drin alle Dinge Silber sind. Da schimmert mancher Stern so lind, als ob er fromme Hirten brächte zu einem neuen Jesuskind…“