Die Dämonen in Brno

Die Dämonen (Foto: www.provazek.cz)

Mal ehrlich: Werden Sie auch ein wenig skeptisch, wenn Klassiker wie Dostojewski und experimentelles Theater in einem Satz auftauchen? Oder finden Sie das ganz klasse und laufen gleich zum nächsten Vorverkauf? Das Theater "Husa na provazku" im südmährischen Brno/Brünn jedenfalls bringt gleich eine ganze Reihe Dostojewski - Stücke auf die Bühne. Am 23. Oktober ist die Premiere für die Dämonen. Mehr darüber von Anita Müller:

Fjodor Dostojewski - der ist ja so eine Art Goethe Russlands. Wenn seine Romane verfilmt oder auf die Bühne gebracht werden, kann man sich schon fragen: Na mal sehen, wie die das umsetzen! Wenn es aber noch dazu ein experimentelles Theater ist, das sich an einen solchen Stoff heranwagt, ist das etwas Besonderes. Das Brünner Theater "Husa na provazku" hat "die Dämonen" umgesetzt unter der künstlerischen Leitung von Vladimir Moravek und Petr Oslzly. Was für Schwierigkeiten auftauchen, wenn man eine Novelle zum Theaterstück umarbeitet, erklärt Petr Oslzly:

"Das Problem ist, dass diese große Novelle auf Hunderten von Seiten Situationen und Personen beschreibt. Das kann man nicht klassisch in eine dreistündige Aufführung transformieren oder dramatisieren. Deswegen muss man sich entscheiden, was an der Arbeit wichtig für die heutige Situation ist. Und dann müssen die Leute, die das ausführen, ihre eigene Vision der Novelle entwickeln."

Dostojewski hat "Die Dämonen" geschrieben, als er die größten Höhen und Tiefen seines Lebens hinter sich hatte. Hier geht es nicht mehr um die Verbannung, oder wie in "Der Idiot", um die Spielleidenschaft. Vielmehr verarbeitet Dostojewskij den Nihilismus, der gerade aufkam. Petr Oslzly beschreibt, warum gerade heutzutage der Nihilismus wieder zum Thema wird:

"Als Dostojewski im 19. Jh. die Dämonen veröffentlichte, war das eine Vision der Revolutionen und des Terrorismus. Das 20. Jh. hat uns gezeigt, und wir haben es zum Teil sehr schmerzlich erfahren, was das Ziel dieser Revolutionen in Russland gewesen war und was Terrorismus ist. Was die Wurzeln des Terrorismus sind, im Menschen wie in der Gesellschaft. Das Werk "Die Dämonen" scheint uns wirklich eine der ersten tiefsinnigen Verarbeitungen beider Phänomene in der Literatur zu sein - der Revolution und besonders des Terrorismus. Deswegen ist es für uns sehr zeitgemäß."

Theater "Husa na provazku"  (Foto: Jana Sustova)
Das renommierte experimentelle Theater "Husa na provazku" hat also sogar noch mehr vor: nicht nur ein Stück, sondern eine ganze Dostojewski-Reihe aufzuführen. Gespielt wurden schon vorher Schuld und Sühne und Der Idiot. Mit dieser Reihe will sich das Theater dann auch auf dem Festival in Avignon in Frankreich präsentieren. Dann wird Vladimir Moravek auch selbst künstlerischer Leiter des Theaters sein. Was das Spiel im experimentellen Theater vom klassischen unterscheidet, erklärt Oslzly auch:

"Der Unterschied ist vielleicht, dass unsere Schauspieler dem Publikum genau gegenüber sind, die erste Reihe ist nur einen halben Meter von der Bühne entfernt. Oder vielleicht einen Meter. Da kann man keine Farce spielen! Es muss schon stilisiert sein, aber sehr authentisch stilisiert. Das Schauspiel muss in sich authentisch sein. Das ist eine andere Art, zu schauspielern, denke ich. Man kann sagen, es ist eine Art Mischung aus dem Schauspiel des epischen Theaters, weil auch diese verarbeiteten Novellen immer einen Erzähler brauchen."

Außerdem sind diese Stücke sowohl für kleine Bühnen geschrieben, als auch auf großen aufführbar. Am 23. Oktober wird es um 19:30 die Premiere der "Dämonen" im Theater "Husa na provazku" geben.