Iva Bittova - erwischt in einer freiwillig eingelegten Ruhepause

Ihre musikalische Darbietung bewegt sich zwischen Jazz, Blues, Folk, Volksmusik und improvisierter neuer Musik. Ihre Instrumente sind u.a. Violine, Stimme, Kehlkopf, Leier und noch andere. Beim Musizieren steht sie nicht still, sondern agiert wie eine Schauspielerin oder eine Vertreterin des modernen Tanzes. Diese Ausdrucksmittel sind von der Künstlerin, deren Schaffen und originelle Musikauffassung oft als "Duett für einen Künstler" bezeichnet werden, nicht mehr wegzudenken.Die Rede ist von Iva Bittova. Für die nun folgende Sendereihe "Heute am Mikrophon" hat Jitka Mladkova in einem Gespräch mit der auch im Ausland sehr geschätzten Künstlerin hinter all die genannten Facetten ihrer Kunst geschaut, um Ihnen eine Frau aus Fleisch und Blut vorzustellen:

Man kann schon von einem Glück sprechen, wenn man der 48-jährigen Globetrotterin der musikalischen Weltbühnen auch mal hierzulande begegnen kann.Wenn sie da ist, dann lebt sie auf dem Lande in Südmähren, viel mehr Zeit verbringt aber Iva Bittova auf Konzertourneen oder in Aufnahmestudios, doch auch dann mehr im Ausland. Als ich sie vor einiger Zeit getroffen habe, hatte sie gerade kurz zuvor eine Pause in ihrem künstlerischen Leben angekündigt. Auf die Frage, was man sich darunter vorstellen kann, bekam ich zu hören: Wenige Konzerte, keine Tourneen, kein Koffer packen und so viel wie möglich zu Hause sein, dafür aber vor allem viel üben und komponieren. Schließlich gebe es, so Iva Bittova, eine große Aufgabe, die ihr gerade bevorstehe. Sie soll das Finale für Mozarts Oper Don Giovanni vorbereiten, die im Herbst 2007 in New York über die Bühne geht. Dies werde sie viel Zeit und Energie kosten, aber sie freue sich sehr darauf.

Die Mutter von Iva Bittova war Lehrerin und Chorsängerin und bis heute spricht sie gerne über ihre Leidenschaft für die mährische Folklore, namentlich die südmährische. Ihr Mann und Ivas Vater war Berufsmusiker, der aus der Slowakei stammte und Mitglied verschiedener Orchester bzw. Musikensembles war. Iva Bittova hat noch zwei Schwestern. Ihren Eltern lag sehr daran, allen drei Mädchen musikalische Ausbildung zu vermitteln. Das war keine leichte Aufgabe, wie Iva offen gesteht:

"Meine Mutter hat das klug gemacht, indem sie viel den Vater in den Übungsprozess einbezog. Ich kann mich erinnern, wie sie ihm hinter der Tür zuflüsterte: Du wirst nicht mit ihr üben?? Das musst du aber doch! Das hat sie wunderbar gekonnt. Das war natürlich eine höchst undankbare Aufgabe und oft waren wir ihr mit meinen Schwestern böse dafür, dass sie verschiedene Tricks verwendete. Unser Vater hat sich uns aber mit viel Geduld gewidmet und sie konnte mittlerweile vieles erledigen, für uns kochen, backen usw. Sie war eine perfekte Organisatorin."

Und wie sieht es Iva Bittova heute, wenn sie selbst Mutter von zwei Söhnen ist?

"Da ich selbst Kinder habe, konnte ich mir erst jetzt dessen bewusst werden, dass Mutter zu sein keineswegs leicht ist. Wenn ich von meinen Kindern verlange, sich im Musik- oder einem anderen Betätigungsbereich konsequent zu verhalten, dann muss ich mir die Zeit für sie nehmen und die richtige Kommunikationsweise finden, um sie von meinem Vorhaben zu überzeugen. In diesen Momenten erinnere ich mich of an meine Mutter, welche schwere Aufgabe sie zu meistern hatte."

Viele Künstler und Musiker bleiben ihr Leben lang in einem und demselben Genre stecken. Dies gilt aber bekanntlich nicht für Iva Bittova. Im Gegenteil, sie überschreitet mit Vorliebe die Grenzen zwischen einzelnen Genres. Daran, wann sie es zum ersten Mal gewagt hat, kann sie sich sehr gut erinnern:

"Das weiß ich ganz genau. Nach etwa zehn Jahren nahm ich wieder die Geige in die Hand. Als Kind hatte ich zu diesem Instrument ein wesentlich anderes Verhältnis. Damals war es vor allem Pflicht, lieber hätte ich mit Kindern gespielt und habe darunter ziemlich gelitten. Ich wollte mich immer wieder herausreden und verwies auf einen kleinen roten Fleck auf meinem Hals, der als Abdruckstelle nach der Geige zu sehen war. Immer wieder bat ich meine Eltern, mich von der Musikschule zu nehmen."

Iva Bittova hat jedoch eines schönen Tages von selbst die Geige wieder in die Hand genommen. Sie hat ihren Abschluss am Konservatorium im südmährischen Brno als Schauspielerin gemacht. Trotz des zehn Jahre dauernden Engagements im Brünner Avandgardetheater Husa na provazku / Gans an der Schnur habe sie sich aber, wie sie sagt, absolut nicht als Schauspielerin empfunden. Und so fing sie wieder an, diesmal freiwillig, Musikunterricht zu nehmen. Das war aber nicht leicht:

"Das Geigenspiel war für mich genauso schwer wie damals, als ich noch ein Kind war. Als ich dann in einem Moment gemeinsam mit meinem Musikinstrument zu singen begann, war es, als ob ich eine Zauberkammer betreten hätte. Für mich war das ein Moment, in dem ich etwas entdeckt habe, ohne, dass es mir bewußt war. Ich wusste nur, dass es etwas ist, was mir tatsächlich Spaß macht. Ich spürte, dass mich der Gesang mit einem Musikinstrument auch bereichert."

Nachdem sie sozusagen ihr musikalisches Fahrwasser entdeckt hat, begann Iva Bittova, intensiv an sich selbst, an der musikalischen Darbietung, an ihrer Gesang- und Spieltechnik zu feilen. Heute, wenn sie Konzerte gibt, versteht es das Publikum ihrer Meinung nach schon als Selbstverständlichkeit, dass Sie auf der Geige spielt und dabei auch singt. Ein studierter Violinespieler, sagt sie, wisse sehr gut, dass es keineswegs leicht sei. Ein schweres Metier zu haben sei aber nicht ihre Motivation gewesen. Der Schritt ins musikalische Niemandsland war natürlich nicht ohne Risiko. Schließlich konnte sie nicht wissen, wie die Musikdarbietung beim Konzertpublikum ankommen würde. Auch daran kann sich Bittova gut erinnern:

Iva Bittova  (Foto: CTK)
"Die erste Reaktion des Publikums, vor allem bei jungen Menschen, war die, dass sie schmunzelten und sich an die Stirn tippten. Für mich war das eine harte Probe. Aber auf der anderen Seite funktionierte mein Instinkt gut. Ich war überzeugt, dass das, was ich mache, richtig ist, und dass ich es nur besser machen muss, um auch die Leute davon zu überzeugen."

Voriges Jahr ist in Tschechien eine neue Janacek-CD mit dem Titel "Mährische Volkspoesie in Liedern" erschienen. Die Interpretin von insgesamt 53 von Janacek bearbeiteten Volksliedern Iva Bittova stellte sich einer hochkarätigen Konkurrenz: Vor ihr haben diese Lieder namhafte tschechische Opernsänger wie Dagmar Peckova oder Ivan Kusnjer eingespielt. Iva Bittova, die sich bereits in mehreren Bereichen wie Folk- und Rockmusik, Schauspiel, Pantomime oder Oper etabliert hat, hat auch diesmal ihr Talent voll und ganz auf den Prüfstein gestellt. Nun, wie ist ihre Beziehung zur Folkore?

"Die mährische und auch die slowakische Folklore gab es bei uns zu Hause, als ich klein war, am häufigsten zu hören. Ich glaube, es ist ein großer Reichtum, eine Quelle, oder noch anders, die Blutgruppe, die nicht nur mir nahe liegt. So war das auch bei Janacek und anderen Komponisten, die in Mähren aufgewachsen sind. Die Folklore ist unsere gemeinsame Sprache und ich bin sehr dankbar dafür!"

Mit der angekündigten Pause, in der sie ihre Aktivitäten maßgeblich straffen will, biete sich vielleicht auch die Gelegenheit, eine Bilanz über die bisherige Karriere zu ziehen. Das war meine Frage. Und die Antwort:

"Das ist etwas, worüber ich nicht besonders viel nachdenke. Ich bin so ein Typ, der einen Musik-Propeller in sich hat und sich immer wieder etwas Neues ausdenkt. Ich habe nicht viel Zeit, mich umzudrehen, um zurückzublcken. Sie sagen, dass ich jetzt während der Pause Zeit dafür haben dürfte, aber ich glaube es nicht. Man muss in Betracht ziehen, dass ich auch Kinder und ein Haus mit Garten habe und mich obendrein auch selbst managen muss. Dafür niemanden engagiert. Es ist ziemlich viel Arbeit! Wenn mal die Zeit für eine Bilanz kommt, werde ich mich melden!"

Auch im nächstem und übernächsten Jahr allerdings wird Iva Bittova bestimmt keine Zeit fürs Bilanzieren haben. Sie will nämlich zwei Jahre lang durch die USA touren.