Die Getreuen des Kaisers - Monarchisten in den böhmischen Ländern
Ihren 80. Geburtstag begeht dieser Tage die englische Königin Elisabeth II., die seit mehr als einem halben Jahrhundert an der Spitze des britischen Commonwealth steht. Das Jubiläum lenkt den Blick nochmals auf die Glanzseiten des britischen Königshauses und gibt den Anhängern der Monarchie neuen Auftrieb - und das nicht nur auf den britischen Inseln: Die tschechischen Monarchisten treten im Juni erstmals bei den Parlamentswahlen an - chancenlos, aber unverzagt. Thomas Kirschner über die Getreuen des Kaisers in den böhmischen Ländern.
"Unser Programm ist die Erneuerung der Monarchie in den historischen Ländern der Böhmischen Krone. Dieses Ziel wollen wir mit demokratischen, verfassungsgemäßen Mitteln erreichen. Manchmal unterstellt man uns gewisse Putschgelüste - aber das kommt für uns nicht in Frage. Wir wollen vielmehr einen, wie der gegenwärtige Herr Präsident mit Vorliebe zu sagen pflegt, ´standardgemäßen´ Weg in der politischen Auseinandersetzung gehen. Auf diese Weise, am wahrscheinlichsten wohl mit einem Referendum, wollen wir erreichen, dass die Republik in eine konstitutionelle parlamentarische Monarchie des gegenwärtigen westlichen Zuschnitts umgewandelt wird."
Fast enttäuschend normal und rational sind die Monarchisten aus der Partei der Böhmischen Krone. Ein König, so argumentieren sie, sei auf die Dauer billiger als die alle paar Jahre wiederholten Präsidentschaftswahlen und die Versorgung der Altpräsidenten. Dass die Monarchie kein ausgedientes Modell ist, das belegt nach Meinung von Vaclav Srb schon ein Blick auf das übrige Europa: elf europäische Staaten haben eine monarchische Verfassung, sieben davon sind gar Mitglied der Europäischen Union. Die Republik sei demgegenüber nur eine junge Laune der Geschichte, die sich nicht bewährt hat, meint der studierte Historiker Srb:
"Die Monarchie wollen wir auch nach den Erfahrungen mit den so genannten ´90 Jahren Republik´. Diese 90 Jahre scheinen eine lange Zeit zu sein, aber im Vergleich zu den tausend Jahren der böhmischen Staatlichkeit, oder gar 1300 Jahren, wenn man bis ins Großmährische Reich zurückgeht, sind 90 Jahre nur eine Episode. Und in dieser kurzen Zeit haben wir in Tschechien, je nach Zählweise, bereits die sechste Republik! Phasen der Prosperität, der Freiheit und der Demokratie waren dabei in den 90 Jahren eher die Ausnahme. Wir wollen die Monarchie also auch wegen der unheilvollen Erfahrungen mit der Republik und vor allem mit der Mehrheit unserer Präsidenten."
Dass nur ein König wirklich über den Parteien stehen und das gesamte Volk jenseits des politischen Gezänks würdig repräsentieren kann - diese Idee konnten die tschechischen Monarchisten besonders während des blamablen Parteienstreites um die Präsidentschaftswahlen 2003 gut anbringen. Dabei haben sie im Lande namhafte Sympathisanten, etwa Adolf Born, der bedeutendste Grafiker und Illustrator des Landes, oder pikanterweise auch Dagmar Havlová, die Schwägerin des ehemaligen Präsidenten Vaclav Havel. Nicht alle der Unterstützer meinen es aber ganz ernst mit der Wiedererrichtung der Monarchie: das Königreich Böhmen, das ist für die einen eine reizvolle nostalgische Metapher, für die anderen ein historischer Abenteuerspielplatz. Vaclav Srb hat daher Mühe, seine Partei vor ungewollten Umarmungen zu schützen:
"Natürlich zieht eine Partei mit unserem Namen und Programm mehr Sonderlinge an, als andere Organisationen. Aber nach unserem Programm und dem vorherrschenden Selbstverständnis unserer Mitglieder sind wir eine seriöse Partei, demokratisch und bürgerlich-konservativ im besten Sinne des Wortes. Wir bekennen uns zum christlichen Erbe, und wenn Sie uns unbedingt in dem üblichen Spektrum einordnen wollen, dann haben wir unseren Platz wohl rechts der Mitte. Unser Programm ist nicht der Rückschritt - aber das ist der Öffentlichkeit nur schwer zu erklären."Die Wurzeln der Partei der Böhmischen Krone reichen bis in die 80er Jahre zurück. Bereits vor der Wende hatte sich um den Aktivisten Petr Placak ein Kreis von Unterstützern der böhmischen Monarchie zusammengefunden - halb aus Überzeugung, halb als subversive Provokation. Nach 1989 entstand daraus die monarchistische Bewegung, die sich im Dezember 2001 als politische Partei formiert hat. Auch bei den Königstreuen ging es dabei nicht ohne den klassischen Streit zwischen Fundis und Realos ab: Ein Flügel wollte die heilige Idee der Monarchie nicht im politischen Alltagsgeschäft beflecken, ein anderer will das böhmische Königreich über bunte Aktionen an der Grenze zwischen Kunst und Politik wiedererrichten. Mit kostümierten Umzügen unter dem Banner Kaiser Franz Josephs I. bestimmen sie zum Unmut von Vaclav Srb das Bild der tschechischen Monarchisten in den Medien und der Öffentlichkeit.
"Das sind Anhänger der so genannten unpolitischen Politik, oder sie sind, wie etwa unser Parteigründer Petr Placak der Ansicht, dass man die Monarchie mit Happenings und Kulturaktionen zurückbekommt. Diese Menschen in allen Ehren, aber das sind keine reellen Aussichten. Mag sein, dass man auch so die Monarchie wieder errichtet, aber vielleicht in hundert, zweihundert Jahren!"
So lange wollen die Mitglieder der "Koruna ceska" nicht warten. 2004 traten sie daher erstmals bei Wahlen an - ausgerechnet bei den Europawahlen, was Vaclav Srb als Symbol für die moderne Ausrichtung der Partei verstanden wissen will. Mehr symbolisch war allerdings auch das Wahlergebnis: 4532 Stimmen konnten die Monarchisten damals erringen - ein Ergebnis in der Bedeutungslosigkeit, immerhin aber nicht das schlechteste:
"In den Augen der großen Parteien mag unser Ergebnis von 0,19 Prozent ein Misserfolg sein, aber ich möchte hervorheben, dass wir von 31 angetretenen Parteien keineswegs auf der letzten Stelle gelandet sind, sondern vielmehr auf Platz 21. Und wir freuen uns sehr, dass wir ein besseres Ergebnis erzielt haben als die Nationalisten aus der so genannten `Nationalen Koalition´"
Im Juni treten die böhmischen Monarchisten der "Koruna ceska" nun erstmals auch bei den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus an - chancenlos, aber guten Mutes:
"Kraft ziehen wir ausschließlich aus unserer Überzeugung, denn wenn die nicht wäre, denn wäre unsere Arbeit nicht möglich. Es ist klar, realistisch betrachtet werden wir in den kommenden Wahlen nicht ins Parlament einziehen. Unser Ziel ist daher erst einmal, überhaupt an den Wahlen teilzunehmen und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen."
So bleibt immerhin noch einige Zeit, um die Frage aller Fragen zu klären: Wer soll eigentlich böhmischer König werden? Das einzige einheimische Königsgeschlecht, die Premysliden, ist bereits im 14. Jahrhundert ausgestorben. Legitime Herrscherfamilie sind die Habsburger, die im Land aber traditionell wenige Sympathien haben. Immerhin: Familienoberhaupt Otto von Habsburg, Sohn des letzten österreichischen Kaisers, hat eine Übernahme der böhmischen Krone nicht kategorisch ausgeschlossen.