Die Grünen und die Zukunft Europas - Podiumsdiskussion im Prager Goetheinstitut
Nicht nur zwischen den einzelnen EU-Staaten gehen die Meinungen darüber auseinander, in welche Richtung sich die EU entwickeln soll, sondern auch innerhalb der tschechischen politischen Führung selbst. Staatspräsident Vaclav Klaus wie auch die Bürgerdemokraten von Premier Mirek Topolanek gehören zu den Kritikern eines starken Europas. In der Regierung sitzen aber auch die Grünen. Sie unterstützen die Vertiefung und Stärkung der Europäischen Union. Am Mittwoch hatten die Heinrich-Böll-Stiftung und die Grünen ins Prager Goetheinstitut geladen, um über die Zukunft Europas zu diskutieren.
Vier Grüne, vier Pro-Europäer. So lassen sich kurz und knapp die europapolitischen Statements der Diskutanten im Goetheinstitut zusammenfassen. Auf dem Podium saßen der deutsch-französische Grünen-Politiker Daniel-Cohn-Bendit, die ehemalige EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer, die Fraktionsvorsitzende der tschechischen Grünen, Katerina Jacques und Ondrej Liska, Abgeordneter der Grünen im tschechischen Parlament. Daniel Cohn-Bendit versuchte, auf den Punkt zu bringen, warum die Europäische Union in Zukunft effektiver werden müsse:
"In der globalisierten Welt stellen sich uns Aufgaben, die die Nationalstaaten, egal wie groß sie auch sind, ob Tschechien oder Frankreich, Deutschland oder Luxemburg, nicht mehr auf der nationalen Ebene lösen können", so Cohn Bendit.
Damit sprach er zum Beispiel die soziale und ökologische Regulierung der Globalisierung und den Klimaschutz an, der nur im europäischen bzw. globalen Kontext angegangen werden könne. Gerade in der Sicherheits- und Außenpolitik sei es notwendig, dass Europa mit einer Stimme auftrete, um die europäischen Interessen vertreten zu können und als Verhandlungs- und Gesprächspartner ernst genommen zu werden."Was die Person eines gemeinsamen Außenministers betrifft: Die USA brauchen zum Beispiel eine Telefonnummer in der Europäischen Union, die sie anrufen können und wo sich jemand meldet, der mit ihnen kommunizieren kann. Zurzeit sieht es so aus, als ob es zwar diese Telefonnummer gibt, aber es gibt niemanden, der ans Telefon geht und verbindlich und kompetent antworten kann", so Katerina Jacques.
Ondrej Liska, der auch Vorsitzender des Parlamentsausschusses für europäische Integration ist, sagte deutlich, dass es zwischen seiner Partei und dem großen Koalitionspartner, den Bürgerdemokraten, große Meinungsunterschiede in den europäischen Fragen gibt:
"Die ODS, unser Koalitionspartner, hat leider immer noch nicht das Trauma der nationalen Erweckung überwunden. Dieses zeigt sich in ihrem Programm immer noch mit so einer Intensität, dass man auch mit gesundem Menschenverstand diesen Vorbehalten nicht die Stirn bieten kann."
Auch Präsident Klaus musste an diesem Nachmittag für seine europaskeptische Haltung Kritik einstecken. Vom Goetheinstitut aus hat man einen direkten Blick auf die Prager Burg, den Amtssitz des Präsidenten. Daniel Cohn-Bendit fühlte sich denn umso mehr dazu aufgerufen, noch einmal einen deutlichen Appell an die Europakritiker zu richten:
"Und allen denjenigen - und das sag ich denen, die hier auf der Burg sitzen und allen anderen, - die glauben, dass sie eine bessere Zukunft ohne eine politisches Europa schaffen, sag ich, Sie lügen. Sie bereiten die Zukunft ihrer Menschen, ihrer Länder, ihrer Gesellschaften schlecht vor. Ich will das nicht, ich will ein starkes Europa, weil es die Bedingung unserer Freiheit und unseres Wohlstands ist."