Die Kunst barocker Polyphonie – Bohuslav Matěj Černohorský
Er ist wohl der namhafteste tschechische Barock-Komponist: Bohuslav Matěj Černohorský. Als Angehöriger der Franziskaner-Minoriten pendelte er lange Zeit zwischen Italien und seiner böhmischen Heimat. Das hat auch seine Musik beeinflusst.
Bohuslav Matěj Černohorský wird am 16. Februar 1684 im mittelböhmischen Nymburk getauft. Er ist das vierte Kind des örtlichen Organisten, Samuel Černohorský. Das sagt die Eintragung im Ortsregister, den sogenannten Matrikeln. Erst 18 Jahre später geben die Quellen weitere Kunde über den werdenden Komponisten. 1702 schließt er ein Studium der Philosophie und Theologie an der Prager Universität ab. Angeblich kann er sich nicht entscheiden zwischen einer Laufbahn als Beamter, Priester oder Musiker. Letztlich tritt er dem Minoriten-Orden in Prag bei. Nach vier Jahren des Studiums am Konvent wird Černohorský zum Priester geweiht.
1710 geht er unter ungeklärten Umständen nach Assisi. Vom italienischen Ordensvorstand wird er zum ersten Organisten in der umbrischen Stadt berufen. Kurz darauf erhält er in Assisi den Titel eines Baccalaureus. Angeblich für die entsprechende Prüfung schreibt Bohuslav Matěj Černohorský eines seiner schönsten Stücke: das Regina coeli für zwei Chöre. Es ist auch das älteste von ihm erhaltene Stück.
Ab dem Gang nach Assisi ist Bohuslav Matěj Černohorský immer wieder hin- und hergerissen zwischen seiner böhmischen Heimat und Italien. Zunächst hat er aber überhaupt keine Lust, nach Hause zurückzukehren. Als von den Prager Minoriten die Aufforderung kommt, sich auf die Heimreise zu machen, widersetzt er sich. 1715 geht er stattdessen nach Padua, in den damals reichsten Minoriten-Konvent auf italienischem Boden. Besuche führen ihn unter anderem nach Venedig, wo die Oper als neue Musikform anscheinend Eindruck auf ihn macht. Die schlägt sich in einigen Werken seiner polyphonen Vokalmusik nieder. Die Orgelmusik ist ein wichtiger Bestandteil des Schaffens von Bohuslav Matěj Černohorský. Obwohl oder gerade weil er so virtuos auf dem Instrument gewesen sein soll, sind aber nur wenige Kompositionen von ihm erhalten. Erst 1720 kehrt Černohorský nach Prag zurück. Dort wird er unter anderem zum Lehrer für einen weiteren wichtigen tschechischen Komponisten, nämlich František Ignác Tůma. Černohorský bleibt aber nur etwa elf Jahre in Böhmen, bevor er 1731 erneut um eine Versetzung nach Padua bittet. Der dortige Konvent stimmt nicht nur zu, er nimmt sogar die Reisekosten auf seine Rechnung. Was Černohorský nicht weiß: Es wird der letzte Abschied von seiner Heimat. 1736 erhält er in Padua zwar die Stelle des ersten Organisten, aber ab 1741 fühlt er wohl seine Kräfte schwinden. Bohuslav Matěj Černohorský entscheidet sich, nach Böhmen zurückkehren, kommt dort aber nie an. Wegen einer schweren Krankheit muss er in Graz seine Reise unterbrechen. Doch er kann sich nicht mehr aufrappeln. Am 1. Juli 1742 stirbt er im Alter von 58 Jahren im dortigen Konvent.