Die neue deutsche Rechtschreibung in Tschechien
Am 1. September hat in Tschechien das neue Schuljahr begonnen. Vieles ist nach den Sommerferien beim Alten geblieben: 1 plus 1 ist immer noch 2 und Jan Neruda bleibt auch weiterhin ein im Fach Tschechisch viel gelesener Dichter. Nur im Fach Deutsch hat sich etwas verändert, denn auch in Tschechien gilt ab dem 1. August die neue deutsche Rechtschreibung. Lesen Sie hierzu einen Bericht von Thomas Oellermann.
In Deutschland sorgte die Rechtschreibreform seit 1996 für ausgiebige innenpolitische Diskussionen. Der verbindlichen Einführung am 1. August 2005 folgten bekanntlich nur 14 der 16 Bundesländer. Nordrhein-Westfalen und Bayern lehnten die Reform vorläufig ab. Unproblematischer verlief hingegen die Einführung der neuen Rechtschreibung in den Deutsch-Unterricht an Schulen und Universitäten der Tschechischen Republik. So wurden etwa per Erlass des Schulministeriums die neuen Regeln im Fach Deutsch eingeführt. Im Alltag dürfte dies zunächst aber eher weniger Folgen haben, wie Dr. Eva Podhajska, die Leiterin der Germanistik an der Pädagogischen Fakultät der Karls-Universität in Prag für die Praxis an ihrem Lehrstuhl erklärt:
"Also, bei uns ist das so, dass wir so oft und so umfangreich wie möglich die Neuregelung benutzen, dass wir aber auch kein Theater daraus machen. Also wir bewerten das bei den Prüfungen nicht, wenn die Studenten etwas nach der alten Rechtschreibung schreiben. Dann unterstreichen wir das vielleicht, benoten es aber nicht. Wir sind aber bemüht den Studenten die Neuregelung beizubringen."
Schon vor einigen Jahren hätte man, so Eva Podhajska weiter, an tschechischen Schulen und Universitäten begonnen die neue Rechtschreibung langsam einzuführen. Von daher seien die Reaktionen der Studenten jetzt auch sehr verhalten:
"Soviel ich weiß, ist das eigentlich kein Thema bei uns, denn die Studenten haben soviel zu studieren, dass die Rechtschreibereform am Rande steht. Ich glaube sie haben kein Problem damit. Sie fragen ab und zu wie es bewertet wird. Und ich sage den Studenten: 'Vielleicht sind Sie jetzt in ein paar Monaten besser als ich'."
Denn schließlich mussten sich ja auch Lehrer und Dozenten auf die neue Rechtschreibung einstellen. So haben Dr. Eva Podhajska und ihre Kollegen von der Pädagogischen Fakultät der Karls-Universität in Prag nicht erst am
1. August begonnen, sich mit der neuen Rechtschreibung vertraut zu machen:
"Ich habe einen neuen Duden gekauft und schon vor ein paar Jahren habe ich von ein paar Schweizer Freunden eine Broschüre geschenkt bekommen. Die Kollegen hier am Lehrstuhl arbeiten auch bewusst, soviel ich weiß, mit den neuen Regeln. Eine Kollegin hat sogar einen entsprechenden Vortrag gehalten."
So lässt sich zu der auf den ersten Blick unproblematischen Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung in Tschechien eigentlich nur sagen:
Das neue Schuljahr hat begonnen.
1 plus 1 ist 2, Jan Neruda wird weiterhin gelesen und "Schifffahrt" schreibt sich mit drei "f".