Dominikaner öffnen das Kloster für die Öffentlichkeit

Dominikanerkloster in Prager Altstadt (Foto: Ludek, Creative Commons 3.0)

Klöster waren von Anfang an nicht nur Gebetshäuser, sondern dienten zudem als Kultur-, Bildungs- oder Wirtschaftszentren. Auch das Prager Dominikanerkloster war früher ein wichtiges Bildungszentrum. Die Dominikaner haben nach Wende von 1989 ihre Tätigkeit in St. Ägidius in der Prager Altstadt wieder aufgenommen. In den vergangenen zwanzig Jahren haben sie ihre Gemeinschaft erneuert und knüpfen an die Tradition an, die in den 1950er Jahren mit Gewalt abgebrochen wurde. Dies reicht jedoch heutzutage nicht mehr. Die Ordensgemeinschaften, die nicht mehr so viele Mitglieder wie in ihren besten Zeiten haben, suchen nach Möglichkeiten, in der modernen Welt auch den Teil der Gesellschaft anzusprechen, der außerhalb der Kirche steht. Die Prager Dominikaner haben vor, das Kloster der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und im Zentrum der tschechischen Hauptstadt ein Bildungs- und Kulturzentrum von internationaler Bedeutung zu errichten.

Dominikanerkloster in Prager Altstadt  (Foto: Ludek,  Creative Commons 3.0)
Das Klosterareal zwischen den Straßen Husova und Jilská wurde während des Kommunismus nicht gerade in Stand gehalten. Das Gebäude, das die Dominikaner nach der Wende zurückerhielten, war in einem schlechten Zustand. Auch heute ist die Ausstattung noch immer veraltet, aber es wird renoviert. Als der Orden das Kloster nach 40 Jahren wieder nutzen durfte, fing er erstmal an, die allernotwendigsten Reparaturen durchzuführen, um die wertvollsten Räumlichkeiten zu retten. So wurden beispielsweise das Refektorium aus der Barockzeit sowie die historische Bibliothek renoviert. Eine gründliche Instandsetzung des Gebäudes soll erst im Rahmen des neuen Projektes zur Rettung und Erneuerung des Klosters durchgeführt werden. Die architektonische Erneuerung soll das Areal in einen Raum verwandeln, der nicht nur dem Ordensleben der Dominikaner im Kloster entspricht, sondern auch Aktivitäten ermöglichen wird, die das Kloster für die Öffentlichkeit interessant machen. Mit dem Projekt der Erneuerung des Areals wurde der renommierte tschechische Architekt Josef Pleskot beauftragt. Seinen Worten zufolge ist das Dominikanerkloster einzigartig:

Josef Pleskot  (Foto: Archiweb)
„Die herrliche mittelalterliche Kirche ist eine der schönsten Kirchen in Prag. Und an die Kirche wurde einst das Dominikanerkloster so zu sagen angeklebt. Beides – Kirche und Kloster – befindet sich im öffentlichen Raum. Das Areal ist bereits für die Öffentlichkeit zugänglich, denn man kann die Kirche betreten. Aber vielen Menschen bereitet dies Probleme. Wir haben uns mit den Ordensmitgliedern darauf geeinigt, dass die Öffnung des Klosters für den Publikumsverkehr Priorität hat. Dazu muss ein Eingang errichtet werden. Geeignet ist dafür die Stelle, an der sich die Straßen Husova, Jalovcová und Řetězová kreuzen und wo vom quadratischen Grundriss des Gebäudes eine Ecke abgeschnitten wurde.“

Die Erneuerung des Klosters hält Architekt Pleskot für eine Herausforderung. Während der Vorbereitungen musste das Projekt wegen archäologischer Forschungen und nach Konsultationen mit den Denkmalschutzexperten einige Male überarbeitet werden. Ziel ist es, alle wertwollen Teile des Klosters und archäologische Fundstätten aufrechtzuerhalten und dabei das Gebäude neu aufleben zu lassen.

Benedikt Mohelník
Das Kloster liegt inmitten der Altstadt an einem historischen Weg, der die Prager Burg mit dem Vysehrad verband. Dies sei eine phantastische Lage, sagt der Provinzial der Dominikaner, Benedikt Mohelník.

„Dies bietet auch viel Potenzial für unsere Tätigkeit. Wir möchten die Tatsache nutzen, dass das Kloster im Herzen Prags liegt, und wollen dazu beitragen, dass dieses Herz schlägt.“

Bei der Suche nach den Möglichkeiten, wie das Kloster der Öffentlichkeit dienen könnte, ließen sich Benedikt Mohelník und seine Mitarbeiter im Ausland inspirieren.

Dominikanerkloster  (Foto: Kirche und Pfarrei des Hl. Ägidius)
„Wir haben mehrere Klöster in Österreich besucht und haben eine Zusammenarbeit mit dem Collège des Bernardins in Paris angeknüpft. Nahe steht uns auch beispielsweise das Institut Philantropos in Fribourg in der Schweiz. Bei uns im Kloster läuft schon seit einiger Zeit ein Bildungs- und Kulturprogramm, und zwar im Rahmen der Plattform ´Dominikánská 8´. Wir arbeiten mit der pädagogischen und der theologischen Fakultät der Karlsuniversität zusammen. Wenn neue Räumlichkeiten gestaltet werden, können wir diese Tätigkeit noch erweitern. Man kann fast nicht sagen, dass hier etwas völlig Neues entwickelt wird, sondern wir möchten das jetzige Programm noch vertiefen. Zudem soll es hier auch Unterkunftskapazitäten geben. Alles muss renoviert werden, denn zwanzig Jahre lang konnten die Dinge hier irgendwie noch beisammen gehalten werden, aber für weitere zwanzig Jahre müssen auch beispielsweise die Klosterzellen neu gestaltet werden.“

Norbert Schmidt
Der Architekt Norbert Schmidt leitet das Zentrum für Theologie und Kunst an der Katholischen theologischen Fakultät in Prag. Er beteiligt sich an dem Konzept des Bildungs- und Kulturzentrums im Dominikanerkloster. Gibt es ähnliche Projekte im Ausland, die inspirierend wirken können?

„Die Inspiration ist immer schwierig, denn jedes Projekt ist einzigartig und man kann nichts von einem Ort auf den anderen Ort übertragen. Aber wir haben uns natürlich in ganz Europa umgesehen, wo derartige Projekte verwirklicht wurden. Eine große Inspiration stellte für uns das Collège des Bernardins in Paris dar. Zudem fanden wir ähnliche Projekte beispielsweise in Österreich – bei den Minoriten oder im Kloster Admont. Und schließlich ist für uns das Kunstmuseum des Erzbistums Köln Kolumba sehr inspirierend. Zu Kolumba hatten wir schon früher Kontakte – durch gegenseitige Besuche. Mit den Leuten von Kolumba haben wir über die Fragen der Gestaltung des Areals gesprochen. Das Wesentliche ist die Inspiration, wie ein neuer Bau oder ein rekonstruiertes Gebäude städtebaulich wirken kann. Ich glaube, dass Kolumba in Köln in diesem Sinne sehr interessant ist, weil es einen neuen städtebaulichen Schwerpunkt gemacht hat. Es ist praktisch ein neuer Bau von Zumthor. Die Entscheidung des Erzbistums auf dem Gelände der alten Kirche, ein neues Museum zu bauen, hat auch das ganze Viertel belebt. Das kann man heute sehr gut sehen. Und ich glaube, dass etwas Ähnliches auch hier in der Prager Altstadt mit dem Projekt des Dominikanerklosters entstehen könnte: dass Leute hinkommen, dass hier mehr Leben rein kommt, dass die Besucher wirklich merken, dass hier ein neu gefundener alter Schwerpunkt ist.“

Dominikanerkloster und seine Umgebung  (Quelle: Mapy.cz)
Spielt die Lage des Klosters eine besonders wichtige Rolle dabei?

„Die Lage ist einzigartig: zwischen der U-Bahn-Station, der Karlsbrücke und dem Altstädter Ring. In unmittelbarer Nähe gibt es die Nationalbibliothek, die Stadtbibliothek, die Philosophische Fakultät, die Kunstgewerbehochschule, die Akademie der Wissenschaften etc., also die Lage ist ideal.“

Haben sich die Leute von Kolumba das Kloster angeschaut?

Stefan Kraus  (Foto: Worring)
„Ja. Wir hatten Direktor Stefan Kraus zu einer Vorlesung eingeladen. Er wohnte auch hier im Kloster. Er hielt einen Vortrag an der Katholischen Theologischen Fakultät und nahm an einer Debatte in der Salvator-Kirche hier nebenan teil. Also die Leute von Kolumba kennen das Prager Dominikanerkloster auch.“

Wenn alles klappt, könnte die erste Etappe der Erneuerung des Dominikanerklosters in zwei Jahren beendet werden. Dann wird eventuell auch ein literarisches Café im Kloster entstanden sein.


Hl. Gallus  (Foto: Andreas Praefcke,  Creative Commons 3.0)
Und damit sind wir am Ende des heutigen Spaziergangs angelangt. Falls Sie wissen, seit welchem Jahrhundert die Dominikaner im St. Ägidius wirken, können Sie es uns schreiben, denn so lautet die heutige Quizfrage, für deren Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechien.

Die richtige Antwort auf die Frage von der Aprilsendung lautet: Die St. Gallus-Kirche heißt im Tschechischen kostel sv. Havla, Gallus ist im Tschechischen „Havel“. Ein Buch über Prag geht diesmal an Ralf Urbanczyk aus Eisleben.