Dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit auch in Tschechien
Die Arbeitslosigkeit ist in Tschechien sprunghaft angestiegen. Vom Dezember auf Januar wuchs sie um 0,8 Prozentpunkte. Das ist der größte Anstieg im Monatsvergleich in der Geschichte der jungen Tschechischen Republik. Die Arbeitslosenrate für Januar liegt bei 6,8 Prozent. Fast 400.000 Menschen sind ohne Beschäftigung. Die Wirtschaftskrise schlägt damit auch in Tschechien voll auf den Arbeitsmarkt durch.
erklärt die Analytikerin der Raiffeisenbank, Helena Horská. Im Vergleich zum dritten Quartal 2008 ist die Zahl der Arbeitsuchenden um ein Drittel gestiegen. Am höchsten ist die Arbeitslosigkeit in Nordböhmen und Nordmähren sowie im Bezirk Znojmo / Znaim. An der Spitze der Statistik steht der Bezirk Most / Brüx. Dort sind 14,1 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung auf Jobsuche. In Prag ist die Krise am wenigsten zu spüren. Hier bewegt sich die Arbeitslosigkeit um die 2 Prozent. Wirtschaftsfachleute sprechen bei solchen Zahlen immer noch von Vollbeschäftigung.
Der dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit von Dezember auf Januar war in diesem Ausmaß nicht erwartet worden. Die Experten schätzen die weitere Entwicklung jetzt vorsichtiger ein und korrigieren die Prognosen für die nächsten Monate nach oben. Helena Horská:„Wir erwarten, dass die Arbeitslosigkeit in Tschechien spätestens im Herbst, also gegen Jahresende, über 8 Prozent ansteigt. Das bedeutet, dass eine halbe Million Menschen keine Arbeit haben werden.“
Gleichzeitig sinkt die Zahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten freien Stellen. Nur in Berufssparten, die einen chronischen Arbeitskräftemangel aufweisen, finden Arbeitsuchende derzeit noch relativ leicht Beschäftigung. Dazu gehören unter anderem der IT-Bereich sowie das Bildungs- und das Gesundheitswesen. Insgesamt sind die Stellenangebote im Januar auf ein Dreijahresminimum gefallen. Hierzu die Sprecherin des Arbeitsamtes Ostrava / Ostrau, Svatava Baďurová:
„In den letzten fünf Monaten sind 12.000 Stellen vom hiesigen Arbeitsmarkt verschwunden. Allein im Januar waren es 4000 Stellen.“Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes prägt zunehmend die Stimmung in der Bevölkerung. Die Regierung befürchtet eine Ausweitung der Schattenwirtschaft und einen Anstieg der Kriminalität. Deswegen berät sie über Maßnahmen, um die sozialen Folgen abzufedern. Die Arbeitslosigkeit wird auch einen der Hauptpunkte des Sondergipfels der EU bilden, den die tschechische Ratspräsidentschaft für Anfang März einberuft.
Wie schnell sich die Lage zum Schlechteren gewendet hat, zeigt das Beispiel des Stahlproduzenten ArcelorMittal. 650 Beschäftigte sollen an den nordmährischen Standorten der Firma bis März entlassen werden. Noch Anfang des Jahres war nur von halb so vielen Entlassungen die Rede gewesen.