Eckpunkte der Finanzreform fix
Am Sonntag beschlossen die Spitzen der tschechischen Regierungsparteien auf Schloss Kolodeje bei Prag einen Rohentwurf der weiteren Regierungsarbeit und allen voran den einer umfassenden Finanzreform. Gerald Schubert war dort und hat folgenden Bericht gestaltet:
Doch wohl gerade deshalb legt die Regierung, bestehend aus Sozialdemokraten, Christdemokraten und der liberalen Freiheitsunion, in letzter Zeit besonders hohen Wert auf einheitliches Auftreten und stabilen Konsens. Obwohl dies gerade in Fragen der Haushaltspolitik nicht immer einfach ist. In Sachen Finanzreform sind die Spitzen der Koalitionsparteien nun bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen zu einer sonntäglichen Marathonsitzung auf Schloss Kolodeje am Stadtrand von Prag zusammengetroffen. Angesichts der Budgetproblematik, die nicht nur im Hinblick auf die europäischen Maastrichtkriterien, sondern vor allem auch im Hinblick auf eine dringend nötige Pensionsreform virulent ist, muss eben besonders intensiv an einem Strang gezogen werden. Dies auch deshalb, weil sowohl von der konservativen demokratischen Bürgerpartei als auch von den Gewerkschaften scharfe Kritik an der geplanten Reform kommt, und der Wind daher von allen Seiten weht.
Diesen Sonntag war es wieder einmal so weit: Die drei Parteispitzen legten sich auf die Eckpunkte der Finanzreform fest, deren konkrete Gestalt in Form einzelner Gesetze aber erst noch - unter der Führung des Finanzministeriums - ausgearbeitet werden muss. Und bei dieser Gelegenheit versuchte man auch gleich, ein kompaktes und vor allem erfolgreiches Bild der Regierungsarbeit zu zeichnen. Premierminister Spidla präsentierte nach Abschluss der Verhandlungen die gemeinsame Erklärung:
"Für die wichtigsten Ergebnisse der bisherigen Arbeit halten wir die Vorbereitung der Tschechischen Republik auf den Beitritt zur Europäischen Union sowie den Beginn der Reform der öffentlichen Finanzen. Außerdem haben sich die Koalitionsparteien darauf geeinigt, sich in der nächsten Zeit auf die folgenden Prioritäten konzentrieren zu wollen: Auf eine aktive Rolle der Tschechischen Republik innerhalb der Europäischen Union, auf die Reform der öffentlichen Finanzen, auf Familienpolitik, auf die Erhöhung der Beschäftigungszahlen und die Förderung von unternehmerischer Tätigkeit, sowie auf den Kampf gegen Korruption und das organisierte Verbrechen."Soweit die allgemeine Festlegung auf doch eher allgemein gehaltene Ziele. Etwas mehr ins Detail ging man dann eben in Fragen der Finanzreform. Die Regierung möchte in den nächsten drei Jahren durch Ausgabenkürzungen etwa 80 Milliarden Kronen, das sind etwa 2,7 Milliarden Euro einsparen, erreicht werden soll dies unter anderem durch langsameren Gehaltsanstieg für Staatsangestellte sowie durch eine umfangreiche Pensionsreform, im Rahmen derer künftig jeder auf ein fiktives individuelles Pensionskonto einzahlen soll. Der Zeitplan sieht vor, dass die Regierung bis Ende Juni den Reformen konkrete Gestalt gibt, also sie in Gesetzesvorschläge gießt, die dann dem Parlament vorgelegt werden. Und dieses soll die Sommerpause diesmal absagen, um die entsprechenden Gesetze rechtzeitig verabschieden zu können, so dass jene zum Teil schon Anfang 2004 in Kraft treten. Doch, so der Vorsitzende der Freiheitsunion, Vizepremier Petr Mares:
"Die Reform der öffentlichen Finanzen ist ein Prozess - wir haben jetzt den ersten Schritt hinter uns. Die Vorlage der einzelnen Gesetze wird ein nächster wichtiger Schritt sein, aber die Reform wird sich weiter vertiefen und entwickeln. Und Gesetze, die mit ihr zusammenhängen, werden auch im Laufe des nächsten Jahres vorgelegt werden."Voraussetzung dafür aber ist freilich, dass die Regierung auch nach dem EU-Referendum im Juni respektive nach dem EU-Beitritt im Mai 2004 noch weiterbesteht. Denn die gemeinsame Europaperspektive gilt mithin als die stärkste Klammer zwischen allen drei Koalitionsparteien.