Ehemalige politische Gefangene bereiten "1. Mai ohne Kommunisten" vor

Voriges Jahr erklangen am 1. Mai auf der Prager Letna-Ebene nach mehreren Jahren anstelle kommunistischer Kampflieder Rocksongs und Protestlieder gegen den Kommunismus. Anstelle der Kommunisten hatten sich auf der Letna diejenigen versammelt, die viele Jahre in den kommunistischen Gefängnissen und Konzentrationslagern verbracht haben. Auch in diesem Jahr bereiten die ehemaligen politischen Häftlinge eine Versammlung auf der Letna vor, an die sich ein Rockfestival anschließt.

Mirko Stastny  (Foto: Autorin)
Die ehemaligen politischen Gefangenen wollen sich mit der Veranstaltung vor allem an die junge Generation wenden. Sie möchten vor dem wahren Antlitz der Kommunisten warnen, sagt der Vizevorsitzende der Konföderation der politischen Gefangenen, Mirko Stastny:

"In diesem Jahr heißt das Hauptmotto: Löst die kommunistische Partei auf. Denn wir wollen nicht, dass es hier wie 1948 endet. Damals haben die Kommunisten die anderen demokratischen Parteien über Bord geworfen, ihre führenden Vertreter eingesperrt und haben die Macht in der Republik ergriffen. Wir möchten nicht, dass sich so etwas wiederholt."

Jan Ruml  (Foto: Autorin)
Diesmal kommen auch einige ausländische Gäste auf die Letna, um die Gegner des Kommunismus zu unterstützen. Unter ihnen wird der schwedische Politiker Göran Lindblad sein. Lindblad hat der parlamentarischen Versammlung des Europarats den Entwurf einer Resolution zur Notwendigkeit der internationalen Verurteilung von Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime vorgelegt. Die Resolution wurde im Januar 2006 vom Europarat zwar verabschiedet. Bisher gibt es jedoch keinen Willen, die Verbrechen des Kommunismus auf internationaler Ebene eindeutig zu verurteilen. Nach dem Grund fragte ich den ehemaligen tschechischen Dissidenten und Ex-Innenminister Jan Ruml. Ruml engagiert sich stark für die verfolgten Gegner kommunistischer Regime - beispielsweise in Kuba sowie in China. Der Bürgerrechtler sagt:

"Ich meine, dass der Kommunismus verschiedenen linken Ideologien gedient hat. Zum Kommunismus haben sich viele Intellektuelle und bekannte Persönlichkeiten bekannt. Dies ist einer der Gründe, warum er dem Nationalsozialismus nicht gleich gestellt wird. Die Folgen der beiden totalitären Ideologien sind grausam, aber während des 20. Jahrhunderts hat sich die Linke auf bestimmte ideologische Fundamente der kommunistischen Lehre gestützt. Und dies führte dazu, dass der Kommunismus auf keinem internationalen Forum verurteilt wurde, so wie der Nationalsozialismus in den Nürnberger Prozessen."

Jan Ruml würdigt die Tatsache, dass die Initiative zur internationalen Verurteilung der kommunistischen Verbrechen von einem Parlamentarier aus einem Land kam, das keinen Totalitarismus erlebt hat:

"Lindblads Aktivität ist darin bedeutend, dass er die Errichtung einer Expertenkommission vorschlug, die die Gräueltaten der kommunistischen Regime enthüllen soll. Der Kommunismus sollte dann ähnlich wie einst der Nationalsozialismus von einem internationalen Tribunal verurteilt werden. Darin sehe ich den großen Beitrag dieses Gasts aus Schweden."

Bis in die späten Abendstunden werden zahlreiche bekannte tschechische Rockgruppen und Liedermacher auf dem Fest spielen, unter ihnen auch die während des Kommunismus verfolgten Musiker Vlasta Tresnak oder die Gruppe Plastic People of the Universe.