Ein Land, zwei Gläser: Tschechische Glaskünstler fertigen Weinkelche für jeden der 27 EU-Staaten
Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft in Kristallform: Im Glas- und Bijouteriemuseum in Jablonec nad Nisou / Gablonz sind derzeit 27 besondere Paare Weingläser zu sehen. Sie repräsentieren jeweils ein Land der EU.
Dass Tschechien derzeit den Vorsitz im Rat der Europäischen Union innehat, wird auch den Besuchern des Glas- und Bijouteriemuseums in Jablonec nad Nisou vermittelt. Unter dem Titel „Evropský stůl“ (Europäischer Tisch) zeigt eine große Vitrine nämlich exklusive Trinkgläser, die den einzelnen EU-Staaten gewidmet sind. Jedes Kelchpaar hat sein eigenes Form- und Farbdesign. Petr Nový ist der leitende Kurator des Museums:
„Es gibt immer zwei Kelche, weil es zwei Grundmodelle gibt, die sich voneinander sehr unterscheiden. Dies ist die Glasform für Wein – weißen oder roten – sowie die für Sekt. Ein Sektglas etwa ist wesentlich schmaler und höher. Es sieht gut aus, wenn man beide Formen nebeneinander ausstellt. Nur ein Glas pro Land anzufertigen, wäre zu spärlich gewesen. Dann hätten wir nicht die künstlerischen Finessen des Glashandwerks zeigen können.“
Tatsächlich ist jedes Gefäßpaar anders gestaltet. Manche Gläser haben eine schlichte und gerade Form, andere wiederum eine wellige Oberfläche oder einen bauchigen Korpus. Die Entwürfe sind schon lange vor der EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens entstanden.
„Die Anfänge liegen im Herbst 2020. Damals schickte mir die Designerin Mária Burešová – eine Absolventin des Libenský-Ateliers an der Prager Kunstakademie – per Facebook ein paar Entwürfe von Kelchen, die einige EU-Länder symbolisierten. Burešová hatte sie gezeichnet, um die Corona-Krise und die Ausgangssperre zu überwinden. Ich fand die Idee interessant und erdachte mit ihr ein Projekt, bei dem die Länder der gesamten EU dargestellt werden“, erläutert Nový.
Somit entstanden etwa ein Gläserpaar mit hellenischen Goldornamenten für Griechenland oder mit einem grünen Kleeblatt verzierte Kelche für Irland. Ein Informationsschildchen benennt das jeweils zugehörige Land. Es gibt aber auch Auskunft darüber, was Autorin Burešová zu dem speziellen Design inspiriert hat. So sei eine Art enzyklopädische Besichtigungstour durch die europäischen Staaten entstanden, sagt der Kurator:
„Der Künstlerin ging es darum, auf jedem Kelch ein Motiv abzubilden, das für das entsprechende Land typisch ist – quasi als Erkennungsmerkmal. Dazu haben wir schon tolle Rückmeldungen von Besuchern erhalten, die ein Land ohne Hilfe erkannt haben. Zum Beispiel Finnland mit seinen Seen.“
Das nordeuropäische Land repräsentiert nämlich ein in hellblau gehaltenes Glas mit eingelassenen Bläschen. Der Kelch für Tschechien ist, beinahe selbstverständlich, aus echtem Kristall. Und das Exemplar für Schweden ändert je nach Lichteinfall leicht seine blaugrüne Farbe – eben wie ein Polarlicht.
Für die Umsetzung des Projektes konnte David Pastva gewonnen werden. Der Manager von Crystal Valley (Kristalltal), dem Zusammenschluss der Glasproduzenten im Kreis Liberec / Reichenberg, habe die nötigen Kontakte zu den Handwerkern gehabt, so Nový:
„An der Herstellung waren sieben Glasbläsereien beteiligt, die alle im Kristalltal angesiedelt sind. Dies war auch die Idee hinter dem Projekt. Der EU und der Welt soll gezeigt werden, dass in einem so kleinen Teil der Erde wie dem nordböhmischen Kristalltal solche wunderbaren Dinge entstehen. Die hiesige Konzentration an Glasproduzenten ist nicht nur im europäischen Maßstab einmalig.“
Von jedem Gläserpaar gibt es nun fünf Ausführungen. Sie werden während der EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens an verschiedenen Orten im Land und in Europa gezeigt. Das Museum in Jablonec stellt die besonderen Gefäße noch eine Weile länger aus, nämlich bis zum kommenden Frühjahr.
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