Ein Stadtbild im Wandel - Kutná Hora / Kuttenberg in der Barockzeit
Kutna Hora / Kuttenberg wurde im Jahr 1995 in das Weltkulturerbe-Verzeichnis der UNESCO aufgenommen. Die Besonderheit der 21.000 Einwohner zählenden Kreisstadt in Mittelböhmen geht auf ihre einzigartige Geschichte zurück. Eine Geschichte, die sich in der Architektur bis heute erhalten hat und etwas von dem Wandel ahnen lässt, den die Stadt in den über 700 Jahren ihres Bestehens vollzogen hat. In besonderer Weise hat der Jesuit Jan Korinek in seinem Werk "Alte Kuttenberger Geschichten" aus dem Jahr 1675 Kutna Hora ein Denkmal gesetzt. Das Stadtbild, das in der Barockzeit entstand, prägt bis heute das Bild von Kutna Hora und ihren Einwohnern.
"Er wurde am 12. Februar 1626 geboren und trat schon als 15jähriger in den Jesuitenorden ein. Dann ist er weggegangen, um Philosophie zu studieren. Anschließend hat er an den verschiedenen Jesuitenseminaren in Böhmen gelehrt."
Insgesamt 22 Jahre verbrachte der Lehrer und Prediger des Jesuitenordens in Kutna Hora. Auf diese enge Verbindung zu Land und Leuten ist es zurückzuführen, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, in seinem Werk, den "Alten Kuttenberger Geschichten", ein Bild zu vermitteln, das seine Stadt von anderen privilegierten Städten wie Plzen / Pilsen oder Ceske Budejovice / Budweis abhob. Blanka Altova, Dozentin für Kunstgeschichte, beschreibt, wie es zu der Entstehung des Buches kam:"Die Bestellung der ´Alten Kuttenberger Geschichten´, beziehungsweise der Geschichte Kutna Horas dieser Zeit, wurde vom Stadtrat vor allem deshalb in Auftrag gegeben, weil Kutna Hora im 16. und 17. Jahrhundert seine wirtschaftliche Bedeutung durch die Silbergewinnung und den Bergbau eingebüßt hatte. Jan Korinek sollte in seinem Buch das Bild einer Stadt beschreiben, die bedeutsam für das böhmische Königreich ist, insbesondere dadurch, dass es eine tschechische Stadt ist."
Mit Hilfe des Buches sollte es gelingen, die bis dahin überwiegend protestantischen Einwohner der Bergbaustadt zum katholischen Glauben zurückzuführen. Der Widerstand der Bevölkerung gegen die herrschende katholische Macht war anfangs so groß, dass sogar militärische Einsätze nötig waren, um die Rekatholisierung durchzusetzen. Bis dahin wurde das Stadtbild geprägt vom Silberbergbau, der im Stil der Gotik errichteten Stadtmauer, dem modernen Wassersystem und dem Wahrzeichen Kutna Horas, der Kirche der Heiligen Barbara. Dass zu diesem Erfolg die lutherische und utraquistische Gesinnung ihrer Einwohner beigetragen hatte, ließ Jan Korinek in seinen historischen Betrachtungen bewusst unerwähnt. Damit sich der Wandel von der protestantischen Bergbaustadt in eine katholische Kaufmanns- und Handwerksmetropole und katholische Barockstadt vollziehen konnte, verfasste Korinek sein Werk in tschechischer Sprache, wie Blanka Altova erklärt:"Jan Korinek schrieb die ´Kuttenberger Geschichten´ auf Tschechisch und legte auch in den Geschichten großen Wert darauf, Kutna Hora als eine typische tschechische Stadt darzustellen, die zu allen Zeiten den böhmischen König unterstützt hat und schon immer eine bedeutsame Stadt des böhmischen Königreiches und der böhmischen Lande war."
Dass das Werk nicht in deutscher Sprache und damit in der Sprache der herrschenden Habsburger verfasst war, erleichterte es den Einwohnern, das neue Bild Kutna Horas zu akzeptieren. Auch die Umgestaltung der Kirche der Heiligen Barbara zum katholischen Dom wurde durch die Neuinterpretation des Kultes der Heiligen Barbara vorangebracht, wie Blanka Altova unterstreicht:
"Korinek nahm in seinen ´Kuttenberger Geschichten´ den Kult der Heiligen Barbara bewusst für Kutna Hora in Besitz und machte aus ihr eine Patronin der Stadt und der Bergleute."Das von den Jesuiten geprägte Kutna Hora im 17. und 18. Jahrhundert stellte Jan Korinek in ihrem ganzen Glanz dar:
"Zur Ehre Gottes gehörte, was unter den Bergleuten strengstens geboten war: dass in allen Straßen Sauberkeit herrsche und kein Dreck vor die Häuser ausgekippt und geschüttet werde."
Das Bild von einer gottesfürchtigen und lebendigen Stadt wurde durch den Bau des Jesuitenseminars, neuen Heiligenstatuen an den Straßenrändern, einer Pestsäule und der neuen Kirche des Heiligen Nepomuk unterstrichen. Hinzu kamen Prozessionen, Theater und Hilfsaktionen für die Armen. Vor allem Kultur und Bildung trugen dazu bei, dass die Einwohner Kutna Horas nach und nach nicht nur den katholischen Glauben, sondern auch das neue Stadtbild Jan Korineks annahmen, wie Blanka Altova berichtet:"Seine ´Kuttenberger Geschichten´ stießen auf ein breites Echo bereits im Jahr ihrer Herausgabe 1675."
Die Schrecken der Zeit, wie Kriege und Pest, konnten aber auch die Jesuiten nicht verhindern und so starb der bis heute in Kutna Hora angesehene Jan Korinek wie viele seiner Zeitgenossen, als er sich bei der Pflege Pestkranker in Prag selbst ansteckte, wie Jana Vaneckova erzählt:
"Er starb in Prag im Jahre 1680 bei der großen Pestepidemie."
Die Alten Kuttenberger Geschichten von Jan Korinek bleiben uns als Zeugen der tschechischen Barockzeit erhalten.
Fotos: Autorin