Eishockey-Torwartlegende Bříza: Habe in Deutschland viel gelernt
Petr Bříza ist ein ehemaliger Eishockeytorwart und heutiger Funktionär des Pucksports. Als Aktiver stand er 114 Mal im Tor der tschechoslowakischen und tschechischen Nationalmannschaft sowie sechs Jahre lang beim deutschen Verein EV Landshut. Mit dem HC Sparta Prag wurde er viermal nationaler Meister. Im Jahr 2006 wurde er Generalmanager und seit 2010 ist er Vorstandsvorsitzender des tschechischen Traditionsvereins. Am Dienstag feierte Bříza in Prag seinen 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass hat Radio Prag mit ihm gesprochen.
„Ich erinnere mich an meine Kindheit mit meinen Eltern. Ich habe Eishockey gespielt – ein Sport, der mir viel Spaß machte. Meine erste Weltmeisterschaft habe ich mit der tschechoslowakischen U20-Auswahl gespielt. Ich denke, das sind die Träume, die Jungs auch heute noch haben.“
Und welche Träume erfüllten sich nach 1989?
„Nach der Wende waren die größten Unterschiede die Freiheit, die wir erkämpft haben, und dass wir wieder in einem vereinten Europa leben können. Das war für mich der Knackpunkt.“
Diesen Knackpunkt, wie Bříza das Erreichen der Freiheit nennt, haben die Menschen in Tschechien jedoch individuell sehr unterschiedlich verarbeitet. Hier stecke man immer noch im Lernprozess, meint der Sparta-Funktionär, der zudem seit 2010 aktiv die Prager Kommunalpolitik mitgestaltet:„Vor der Wende war es so: Wenn jemand auf der Straße gesungen hat, dann wurde er sofort kontrolliert und die Polizei hat seine Personalien festgestellt. Mit der 1989 erlangten Freiheit konnte danach im Grunde genommen jeder machen was er will. Aber natürlich muss man auch lernen, mit den neuen Vorzügen umzugehen. Ich denke, die Gesellschaft lernt das immer noch.“
Es sei müßig darüber zu diskutieren, was nach der Wende eher gut oder schlecht gelaufen ist. Ein Zurück in die Vergangenheit aber gibt es für ihn nicht, so Bříza:„Man macht Fehler im Leben wie auch gute Sachen. Aber die Freiheit zu haben, um für sich selbst zu entscheiden, das ist ein Geschenk, das wir immer bewahren müssen. Wir müssen dankbar dafür sein.“
Ein Bestandteil dieses Geschenks ist die Reisefreiheit. Petr Bříza nutzte die Öffnung der Grenzen, um schon anderthalb Jahre nach der Wende im Ausland zu spielen: von 1991 bis 1993 für zwei Jahre beim finnischen Club Lukko Rauma und danach weitere sechs Jahre in Deutschland beim EV Landshut. Dies sei eine phantastische Zeit für ihn gewesen, in der er viel gelernt habe. Zum Beispiel wie man als Ausländer mit dem größeren Druck umgeht.
„Außerdem habe ich es sehr lange gelernt, dass ein schweres Spiel nicht automatisch Stress ist, sondern eine Herausforderung. Wenn man es als Stress ansieht, dann ist man oft nervös und macht unnötige Fehler. Wenn man es aber, positiv betrachtet, als Herausforderung annimmt, kann man zumeist auch das umsetzen, was man wirklich kann.“Ein besonders schönes Kapitel sei für ihn die Zeit in Niederbayern gewesen, streicht Bříza heraus:
„Ich habe mich wohlgefühlt in Landshut. Dort traf ich auf viele tolle Leute und bis heute habe ich in der Dreihelmenstadt auch echte Freunde. Die sechs Jahre in Deutschland waren einfach wunderbar.“
Aus Deutschland hat Bříza indes auch eine Menge an neuen Erkenntnissen und Erfahrungen mit nach Hause gebracht:„Vielleicht habe ich viel von Deutschland wieder nach Tschechien gebracht. Denn ich mag, wenn die Sachen System haben. In den 1990er Jahren habe ich in Deutschland auch erlebt, wie mehrere Eishockeyvereine für bankrott erklärt wurden. Da konnte ich dann mitansehen, wie der damalige Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga, Gernot Tripcke, das Lizenzierungsverfahren optimierte, indem er das Regelwerk verbesserte. Von diesem Regelwerk haben wir dann später in Tschechien vieles übernommen. Auf Initiative von Sparta Prag wurden beispielsweise das Lizenz- und das Disziplinarverfahren implementiert.“
Im erfolgsverwöhnten tschechischen Eishockey tue man sich allerdings mit Neuerungen oft sehr schwer, weiß Bříza:„Die Tschechen sind sehr kreativ, aber es irritiert viele Leute, wenn du neue Sachen bringst. Ich bekam oft zu hören: Wir haben das und jenes hier schon 20 Jahre so gemacht, sind in dieser Zeit mehrfach Weltmeister geworden, und jetzt kommst du mit deinen Ideen aus Deutschland beziehungsweise der Schweiz oder der NHL. Die Tschechen sind einfach für neue Sachen nicht so offen.“
In Deutschland hat Petr Bříza zudem noch eine Erfahrung gemacht, die ihm bis heute imponiert:„Für mich sind die deutschen Fans die besten, ganz egal ob im Eishockey, im Handball oder im Fußball. Sie sind loyal, diszipliniert und lassen ihr Team auch in schweren Tagen nicht im Stich.“
Wie sich die deutschen und die tschechischen Fans in ihrer Loyalität und Verbundenheit zu einem Sportverein voneinander unterscheiden, erläutert Bříza an zwei Beispielen – der 110-Jahr-Feier des HC Sparta Prag, die der Club mit der Veranstaltung zweier Eishockeyspiele an einem Tag beging, und dem Abschiedsspiel des deutschen Nationalspielers Marco Sturm in Landshut:
„Zur 110-Jahr-Feier von Sparta Prag haben wir voriges Jahr zur Partie gegen Pilsen noch das Vorspiel der Sparta-Legenden gegen die Altstars von Gazprom geboten. Man konnte dabei viele ehemalige Stars aus vier Jahrzehnten sehen und erleben, das Spiel aber haben nur 1200 Besucher verfolgt. Ich war sehr enttäuscht. Im August dieses Jahres durfte ich in Landshut zum Abschiedsspiel von Marco Sturm auflaufen. Es fand am 3. August statt, es war heiß, 30 Grad, dennoch kamen 6000 Zuschauer. Und das fasziniert mich an Deutschland.“ Neben seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender von Sparta Prag engagiert sich Bříza auch auf internationaler Ebene. Ihm wird die Rolle eines Visionärs im europäischen Eishockey zugeschrieben, sein Verein ist ein Mitgründer der neuen Champions League. Der 50-Jährige erläutert, weshalb Europa die CHL braucht:„Wir brauchen es einfach, dass Berlin gegen Prag spielt, dass München gegen Zürich spielt. Natürlich ist im Eishockey vieles anders, denn erfolgreiche Mannschaften gibt es häufiger auch in den kleineren Städten. In der Vergangenheit hat man in unserer Sportart leider den Fehler gemacht, dass wir die Struktur für den länderübergreifenden europäischen Wettbewerb nicht aufgebaut haben. Sehr unglücklich ist zudem, dass man bei der Durchführung eines solchen Wettbewerbs schon dreimal gescheitert ist. Wir müssen daher erst wieder neues Vertrauen schaffen. Aber wir müssen es machen. Denn ohne die Champions League bleiben wir in den nationalen Ligen gefangen und haben so auch kein Potenzial mehr.“
Auf ihn und die Vertreter der anderen Vereine, die die Champions League neu gegründet haben, wartet indes noch viel harte Arbeit. So muss die Fortführung und Etablierung des europäischen Wettbewerbs gesichert werden. Er sei überzeugt, dass der eingeschlagene Weg richtig sei, auch wenn noch mehrere große Steine die Sicht aufs Ziel versperren. Doch er habe es gelernt, Steine aus dem Weg zu räumen, erklärt Bříza. Den Anstoß dazu habe ihm ein Trainer aus seiner Landshuter Zeit gegeben:„Ich handle seit Jahren nach der Devise, die mir mein ehemaliger Co-Trainer in Landshut, Glen Williamson, eingebläut hat. Er hielt mir vor Augen: Wenn du etwas anfängst und meinst, es gebe keine Probleme, dann bist du am falschen Ort. Es gibt nur Probleme, aber du bist hier, um sie zu lösen.“