Sparta Prag stieg wie Phönix aus der Asche: Von Platz 12 zum siebten Meistertitel!
Im heutigen Sportreport entführt Sie Lothar Martin erneut in die tolle Atmosphäre der diesjährigen Finalserie um die tschechische Eishockeymeisterschaft. Sie war ein echtes Highlight, das Sie nun noch einmal als Reportage mit Live-Mitschnitten nacherleben können.
Die SPORT- Reportage
Vor zwei Wochen hatten wir Sie darüber informiert, dass die tschechische Eishockeymeisterschaft der Saison 2005/2006 im Play-off-Finale zwischen den beiden hauptstädtischen Stadtrivalen Slavia und Sparta Prag entschieden wird. Und wir berichteten, dass nach zwei Begegnungen in der Sazka Arena, der Heimstätte des HC Slavia, jedes Team je ein Spiel gewonnen hatte. Am vergangenen Freitag fand dann die bereits sechste Partie statt. Die Ausgangslage zu Beginn des Matches war folgende (Live-Kommentar):"So, das war das Auftaktbully zum sechsten Spiel der Endspielserie um die tschechische Eishockeymeisterschaft zwischen den beiden Hauptstadtteams Slavia und Sparta Prag hier in der T-Mobile Arena, der Heimstätte des HC Sparta, der heute mit einem Sieg die Meisterschaft einfahren kann. Denn er führt in der Serie best of seven mit 3:2 Siegen, so dass Sparta heute mit dem entscheidenden vierten Sieg die Meisterschaft perfekt machen kann. Slavia dagegen muss alles daransetzen, hier vor der großen Kulisse der über 14.000 Zuschauer im Hexenkessel der T-Mobile Arena, einen Sieg zum 3:3 Ausgleich zu landen, um dann im alles entscheidenden siebten Spiel am Sonntag noch eine Chance zu haben."
Nach einem ausgeglichenen ersten Drittel, nach dem es erstmals in dieser Finalserie 0:0 stand, ging der HC Sparta ebenso zum ersten Mal mit 1:0 in Führung, und zwar in der 23. Minute durch Jakub Langhammer. Und fünf Minuten später kam es dann zu dieser Szene:(Live-Mitschnitt des 2:0)
Und das waren die Gastgeber, die während des gesamten Play offs all ihre Heimspiele gewonnen hatten, in der Tat. Denn vor der begeisternd mitgehenden Kulisse von rund 14.500 Zuschauern ließen sie nicht locker und kurz vor Ende des Spiels noch diesen Angriff folgen:
(Live-Mitschnitt des 3:0)
Jawohl, die Prager spielten eine Saison, die sie wohl nie vergessen werden. Denn im Herbst vergangenen Jahres lief so gut wie gar nichts zusammen, das Team spielte zerfahren, unsicher, hatte viele verletzungsbedingte Ausfälle und lag zum Jahresende nur auf dem 12. Tabellenplatz. Doch noch im Herbst hatte Sparta mit Frantisek Vyborny einen neuen erfahrenen Chefcoach verpflichtet, mit Viliam Sivek einen neuen Präsidenten installiert, und ab Beginn dieses Jahres wurden auch einige ehemalige Vereinsspieler aus anderen Teams zurückgeholt. Die Politik der kleinen, aber sehr beherzten Schritte mündete letztendlich in diesen Riesenerfolg, den auch Pavel Kafka, der Generaldirektor von Hauptsponsor Siemens, kurz nach dem sechsten Spiel kaum fassen konnte:Herr Kafka, was sagen Sie zu dieser Leistung?
"Einfach absolute Spitze! Wie die Mannschaft nach der schlechten ersten Hälfte der Saison wie Phönix aus der Asche aufgestiegen ist, das war hervorragend. Zum Ende wurden die Spieler immer besser, und das ist wichtig."
Haben Sie immer an die Mannschaft geglaubt oder waren Sie schon am Verzweifeln?"Also, ich war wirklich schon am Verzweifeln. Aber das ist eigentlich auch eine tolle Leistung des Managements, da man sich nicht nur um die Mannschaft gekümmert, sondern gleich für ein völlig neues Klima im ganzen Umfeld des Clubs gesorgt hat. Was die da in Sachen Management geleistet haben, ist hervorragend, und ich war gerade dabei, mit denen darüber zu sprechen, wie man ein solches Klima auch auf Siemens übertragen könnte. Das heißt, wir wollen von den frischen Erfahrungen Spartas, wie man zu Spitzenleistungen gelangt, etwas lernen."
Im Finale standen sich mit den beiden Prager Mannschaften zwei Spitzenteams gegenüber, die Arenen waren immer voll und mehrfach ausverkauft. War das eine echte Werbung für das tschechische Clubeishockey?
"Ja, sicherlich. Man hat alle bisherigen Zuschauerrekorde übertroffen, bei Slavia waren es einmal über 16.000, hier war immer Full House, und das Klima war einfach nicht zu überbieten!"
Ja, die Brisanz und die Begeisterung der Finalduelle waren wirklich kaum zu überbieten, ebenso erfreulich waren die bei aller Rivalität zwischen beiden Prager Clubs vorherrschende Fairness sowie der hohe Zuschauerschnitt von 14.445 Besuchern je Spiel. Beim fünften Finalmatch in der Sazka Arena wurde mit 16.182 Zuschauern sogar ein neuer Ligarekord aufgestellt. Aber einer ragte aus der großen sportlichen Show, die geboten wurde, noch heraus: der Sparta-Goalie Petr Briza. Als 41-Jähriger stand der Haudegen am vergangenen Freitag das letzte Mal im Tor. Zuvor hatte er mit Glanzvorstellungen am laufenden Band den dicksten Grundstein für Spartas Finaleinzug und den späteren siebten Titelgewinn des Prager Renommierclubs gelegt. Mit einer Träne im Knopfloch sagte er nach der Partie nachhaltig Servus, bevor auch ich ihn vors Mikrofon bekommen habe:Herr Briza, Sie haben in Ihrer Karriere so viel erlebt, aber diese Saison, wird sie Ihnen ewig in Erinnerung bleiben? Denn sie war ja so etwas wie ein Schnelldurchlauf Ihrer gesamten Karriere - von ganz unten kommend bis hinauf zum Gipfel. War das der krönende Abschluss?
"Ja natürlich, es ist schon wie ein kleines Märchen, wie wir zurückgekommen sind. Wenn man im Oktober, November wie wir deprimiert in der Kabine sitzt - wir waren Zwölfter, haben zu Hause ständig verloren, ich wollte schon aufhören -, dann herrscht Frust pur. Dann aber kamen ein neue Manager, ein neuer Trainer, ein paar Spieler und nach den ersten Erfolgen auch wieder der tagtägliche Sinn unserer Profession zurück. Wir kamen langsam nach oben, haben an uns geglaubt, und sind deshalb auch ganz bescheiden auf dem Boden geblieben. Wir haben es einfach genossen, dass wir die Play offs überhaupt spielen können. Und in den Play offs haben wir dann erst recht jedes Spiel genossen."Die letzten Jahre haben Sie immer gesagt "ich habe ein gutes Gefühl, was die Mannschaft betrifft", aber es hat nicht geklappt. In dieser Saison konnte man dem Saisonverlauf nach überhaupt nicht mit Sparta rechnen, aber es kam der Titelgewinn heraus. Sind das Dinge, die ganz einfach den Reiz dieser Sportart ausmachen?
"Ich meine, jede Sportart hat ihren Reiz, ob es eine individuelle ist oder es sich um Teamsport handelt. Es geht darum, dass man eine Gruppe von Leuten hat, dass man eigentlich jeden Tag die Probleme meistern muss, d. h. Niederlagen wegstecken muss, um die Siege feiern zu können. Das ist einfach super, weil man irgendwie immer ein Junge bleibt."
Wird Ihnen dieses Gefühl jetzt fehlen?
"Ja natürlich, das fehlt Jedem. Wenn ich jetzt zum Beispiel ehemalige Spieler sehe, die um die 60 sind und die dann zum Stammtisch kommen, dann heißt es gleich: ´Hej Jungs, was machen wir?´ Das bleibt einfach!"
Und natürlich bleibt mit Sicherheit auch jener Moment im Kopf von Briza und seinen Mitspielern, als in der tosenden T-Mobile Arena der Abpfiff unter ein tolles Spiel und eine aus Sparta-Sicht verrückte Saison ertönte:
(Live-Mitschnitt bei Abpfiff des Spieles)
Fotos: Bohumil Cervenka