Eishockey-WM: Tschechien zitterte sich diesmal in die Playoffs
„Eishockey ist ein Sport, der wie für uns geschaffen wurde“. Diese Aussage traf kein Geringerer als der Olympiasieger von Nagano und dreifache Weltmeister Vladimír Růžička. Das dem so ist, lässt sich auch gut belegen, denn seit der Einführung des K.o.-Systems bei einer Weltmeisterschaft haben die Tschechen noch stets das Viertelfinale erreicht. Bei der zurzeit in Helsinki und Stockholm laufenden WM aber bestand durchaus die Gefahr, dass die Spieler mit dem Löwen-Logo auf der Brust die Top Acht erstmals verpassen könnten. Doch das ist letztlich nicht passiert: Die Tschechen kämpfen erneut um den Einzug ins Halbfinale – am Donnerstag im Duell mit der Schweiz.
Nach dem mühsamen Start in die Gruppenphase, in der dem Auftaktsieg gegen Weißrussland zwei Niederlagen gegen Schweden und die Schweiz folgten, geriet die tschechische Mannschaft früh unter Druck. Aus den übrigen vier Begegnungen mussten möglichst drei ungefährdete Siege her, um das Ziel Viertelfinale zu erreichen. Doch schon die erste Partie gegen Dänemark war ein Drahtseilakt. Erst mit dem knappen Vorteil des einen mehr erzielten Treffers im Penalty-Schießen schafften die Schützlinge von Nationaltrainer Alois Hadamczik den wichtigen Arbeitssieg. Allerdings ging dabei ein Punkt verloren, der am Ende hätte fehlen können. Entsprechend verunsichert gingen die Tschechen auch in das Match gegen den nächsten Außenseiter – in der Auseinandersetzung mit Slowenien erzitterte man sich den 4:2-Sieg jedoch schon in der regulären Spielzeit. Gegen Turniermitfavorit Kanada zeigten die Spieler um Kapitän Jiří Novotný erstmals eine ansprechende Leistung. Sie war jedoch nicht gut genug – gegen die „Ahornblätter“ unterlagen sie mit 1:2. Dennoch wusste Trainer Hadamczik die Leistungssteigerung zu schätzen:
„Heute zeigten wir ein gutes Passspiel und überbrückten das Mitteldrittel ziemlich flott. Zudem erfreuten mich der Einsatzwille der Spieler und das sehr gute Unterzahlspiel.“Einer der Garanten dafür, dass die Kanadier nur zwei Tore erzielten, war Torwart Ondřej Pavelec. Der Goalie der Winnipeg Jets nutzte dann auch die mediale Plattform, um die Mannschaft auf das wichtige Spiel gegen Norwegen einzuschwören:
„Was sollte uns mehr anspornen als diese Leistung gegen Kanada. Sicher, wir haben das Spiel nicht gemeistert, sondern mit einem Tor Differenz verloren, aber wir besaßen genug Chancen, um mehr Tore zu erzielen. Auf dieser Leistung müssen wir aufbauen, denn einen schwachen Auftritt können wir uns nicht mehr leisten.“
Vor der Entscheidungsschlacht mit den um einen Zähler besseren Norwegern aber musste man erst einmal Daumen drücken. Und zwar für die Eidgenossen, damit diese keine Punkte an die Skandinavier abgeben. Die Schweizer gaben sich keine Blöße, gewannen 3:1 und ermöglichten den Tschechen somit das „Alles-oder-nichts-Spiel“. In diese Partie ging die Hadamczik-Truppe zudem mit zwei neuen Trümpfen: Die NHL-Spieler Tomáš Plekanec und Marek Židlický waren noch kurzfristig zum Team gestoßen. Auf Plekanec, den Center der Montreal Canadiens, freute sich besonders sein alter Vereinskamerad Jiří Tlustý:„Einen solchen Spieler an seiner Seite zu wissen, ist einfach etwas Unglaubliches. Ich habe sehr gute Erfahrungen im Zusammenspiel mit ihm gemacht, denn in der ersten Saisonhälfte spielten wir wegen des NHL-Lookouts gemeinsam für Kladno. Dass er jetzt noch zur WM gekommen ist, freut mich natürlich sehr.“Im Spiel gegen Norwegen zeigte der 30-jährige Plekanec dann auch eindrucksvoll, weshalb er für die Hadamczik-Truppe eine echte Verstärkung ist. Mit drei Vorlagen binnen zwölf Minuten brachte er das Team im Eiltempo auf die Siegerstraße. Tschechien gewann die Partie am Ende souverän mit 7:0. Ein Sieg, den auch Marek Židlický auf den starken Beginn zurückführte:
„Wir begannen sehr gut, hatten gleich eine Überzahl und machten schnell zwei Tore. Ich denke, das hat das Spiel früh entschieden.“Verteidiger Zbyněk Michálek, der in der Begegnung bereits sein drittes WM-Tor erzielte, nannte noch einen weiteren Grund für den Erfolg:
„Wir haben das ganze Spiel über den Puck und damit auch den Gegner unter Kontrolle gehabt. In den vorherigen Partien haben wir die Scheibe oft nur nach vorn geschlagen, heute aber haben wir wieder Eishockey gespielt. Die Norweger mussten uns und so dem Puck daher fast ständig hinterherlaufen. Das hat sie ermüdet, und wir haben das ausgenutzt.“
Trotzdem vergaß kein Spieler hervorzuheben, wie sehr der Mannschaft das Mitwirken von Plekanec und Židlický dabei geholfen hatte. Jiří Tlustý:
„Beide waren nicht dabei, als wir schwach spielten. Sie stießen ziemlich relaxt und mit guter Laune zum Team, und das war für uns sehr wichtig.“Angreifer Radim Vrbata: „Ich denke, heute hat unser Spiel schon ganz gut ausgesehen. Plekanec und Židlický haben dazu wesentlich beigetragen und dem Team wieder etwas Selbstvertrauen zurückgegeben.“
Torhüter Ondřej Pavelec: „Über die Qualität der beiden braucht man nicht zu diskutieren. Sie sind zwei ausgezeichnete Spieler und gehören zu dem Besten, was Tschechien derzeit zu bieten hat.“
Mit diesen beiden Cracks steigen auch die Hoffnungen der tschechischen Mannschaft auf den erneuten Gewinn einer Medaille. Co-Trainer Josef Paleček warnt jedoch davor, nun gleich wieder alles schön zu reden, denn er sieht im tschechischen Spiel auch noch Schwächen:„Uns bereitet die Abwehrarbeit der Mannschaft noch Sorgen, sowohl in der Mittel- als auch unserer Verteidigungszone. Daran werden wir weiter arbeiten, denn das Spiel gegen die Schweiz wird alles andere als leicht. Und was uns außerdem Sorgen bereitet, sind unsere Zeitstrafen.“
Auch bei den Spielern ist der Fokus nun bereits auf das Viertelfinalduell mit der Schweiz gerichtet. Den ersten Vergleich in der Gruppenphase hat das tschechische Team wider Erwarten klar mit 2:5 verloren. Bangemachen aber gilt nicht, zumal Verteidiger Michálek ziemlich sicher ist, dass das Match gegen die Eidgenossen am Donnerstag ein ganz anderes Spiel wird:„In der ersten Begegnung mit den Schweizern haben wir gar nicht so schlecht gespielt, auch wenn das Ergebnis etwas anderes aussagt. Wir haben also einiges gutzumachen.“
Und auch Radim Vrbata ist überzeugt, dass das Playoff-Duell mit den Schweizern ganz anders verlaufen wird:
„Wir treffen auf das Schweizer Team, das hervorragend spielt und im WM-Turnier erst einen Punkt verloren hat. Wir müssen uns sehr gut auf diese Partie vorbereiten, doch ich glaube fest daran, dass die Schweizer uns in einem Turnier nicht zweimal bezwingen.“Sollte Vrbatas Glaube zur Realität werden, dann hätte die tschechische Mannschaft mit einem Schlag wieder alles richtig gemacht. Mit einem Sieg über die Schweiz stünde sie nämlich im Halbfinale und die begehrte Medaille wäre bereits zum Greifen nah.