Engagierte Kunst und viel Literatur

Werk von Toy_Box (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Wien)
0:00
/
0:00

Mit engagierter Kunst startet das Tschechische Zentrum in Wien in den Frühling. Die geheimnisvolle tschechische Street-Art-Künstlerin Toy_Box kommt nämlich an die Donau. Außerdem wird in der tschechischen Kulturvertretung in Österreich die Literatur ganz großgeschrieben. Eingeladen sind Klassiker und große Namen der gegenwärtigen Buchszene.

Werk von Toy_Box  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Wien)
Herr Jerabek, beginnen wir unser Gespräch diesmal mit der Kunst. Gleich am Donnerstag feiert im Tschechischen Zentrum in Wien eine der wohl politischsten Künstlerinnen Tschechiens Vernissage. Um wen geht es und was ist das konkrete Thema?

„Es geht um Toy_Box. Das ist eine Dame, die unter einem Pseudonym auftritt und sogar eine Maske trägt. Toy_Box wird oft als die bekannteste Frau der tschechischen Street-Art-Szene bezeichnet. In Tschechien war sie auch die erste Frau, die sich mit ihrer Kunst in der Öffentlichkeit durchsetzen konnte. Dazu gehören Gemälde, Zeichnungen, Comics und Illustrationen. Ihr Pseudonym hat sie einer Figur aus dem Kult-Comic ‚Top 10‘ von Alan Moore entliehen. Sie studierte Stenografie und Literatur und wurde für ihre Arbeit bereits mehrmals ausgezeichnet. Derzeit lebt und arbeitet sie in Prag. In Wien können Besucher in den nächsten zwei Monaten eine vielschichtige Kunstinstallation von Toy_Box sehen. Sie kombiniert hier älteren Arbeiten, vor allem Zeichnungen und Gemälde, mit Arbeiten, die sie extra für die Galerie in Wien vorbereitet hat. Das Themenspektrum erstreckt sich von Intoleranz über Entwurzelung und Obdachlosigkeit bis hin zu Gender und Tierleid. Ihre Werke sind eher dokumentarisch, vielleicht schon naturalistisch und sehr geradlinig in ihrer Aussage. Ich glaube, sie ist davon überzeugt, mit ihrer Arbeit das Böse aus der Welt vertreiben zu müssen.“

Foto: Verlag Kētos
Die Leipziger Buchmesse mit dem Gastland Tschechien liegt zwar schon hinter uns, aber auch in Wien liegt der Schwerpunkt weiterhin bei der Literatur. Am 25.4. stellen Sie einen der wohl skurrilsten Romane der tschechischen Literaturgeschichte vor, der nun erstmals in deutscher Übersetzung erschienen ist. Um welches Buch geht es denn?

„Das ist einer der Kultromane der tschechischen Literatur: ‚Der blutige Roman‘ von Josef Váchal. Er war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Grafiker. Besonders berühmt ist er in Ostböhmen mit dem ausgestalteten Haus Portmoneum. Seine Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg hat ihn stark beeinflusst. Seinen ‚Blutigen Roman‘ hatte er 1924 nur mit einer Auflage von 17 Stück herausgegeben. In der Zeit des Prager Frühlings hat man das Werk wiederentdeckt und er ist mit der Zeit zum Kultroman geworden. Da es zwischenzeitlich wieder verboten worden ist, erlebte das Buch seine zweite Entdeckung nach der Wende von 1989. Der ‚Blutige Roman‘ wurde zweimal verfilmt und ins Französische und Russische übersetzt. Nun liegt erstmalig auch eine Übersetzung ins Deutsche von Ondřej Cikán vor. In Wien hat Cikán einen Verlag gegründet, in dem hauptsächlich seine Übersetzungen aus dem Tschechischen aber auch aus den Sprachen des Altertums erscheinen.“

Jiří Hájíček  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Doch nicht nur „Klassiker“ stehen in den kommenden Wochen auf dem Programm des Tschechischen Zentrums. Sie stellen auch die erfolgreichsten Gegenwartsautoren vor. Am 14. Und 15. Mai beispielsweise gibt es Prosa von einem der derzeit erfolgreichsten tschechischen Autoren…

„Wir stellen die Prosatexte von Jiří Hájíček vor. Das beginnt bereits am 13. Mai mit dem Filmabend in der tschechischen Botschaft in Wien. Dort wird der Streifen ‚Diebe der grünen Pferde‘ gezeigt. Er basiert auf dem gleichnamigen Roman von Hájíček. Am Dienstag dürfen wir den Autor bei uns in Wien begrüßen. Er stellt seinen Roman ‚Der Regenstab‘ vor. Texte aus dem Buch ‚Dann blühen die Gräser‘ sind am Mittwoch in Graz zu hören.“

Petr Borkovec  (Foto: Barbora Linková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Am 27. Mai schließlich holen Sie einen der wichtigsten Lyriker der tschechischen Gegenwartsliteratur nach Linz. Um wen geht es und was bekommen die Gäste zu hören?

„Petr Borkovec wird als tschechischer Lyriker der Gegenwartsliteratur mit seinem Buch ‚Lido di Dante‘ in Linz auftreten. Er ist Dichter, Übersetzer und Publizist und prägt seit bereits einigen Jahrzehnten die literarische Szene in Tschechien. Sechs seiner Gedichtbände wurden schon auf Deutsch veröffentlicht. Sein neuer Band, den er in Linz vorstellt, ist allerdings keine Sammlung von Gedichten, sondern von Erzählungen, die von Christa Autmeier übersetzt worden sind. Es sind Erzählungen aus einem italienischen Ferienort. Martin Krafl moderiert den Abend. Er ist ehemaliger Direktor des Tschechischen Zentrums in Wien und auch der Koordinator des tschechischen Gastlandauftritts auf der der Leipziger Buchmesse. Wir möchten das tschechische Kulturjahr mit dem ‚Echo Leipzig‘ und der Buchmesse Wien krönen.“