Er verkörperte das Ballett in Tschechien – zum Tod von Vlastimil Harapes

Vlastimil Harapes

Im Alter von 77 Jahren ist am Mittwoch in Prag der Balletttänzer, Choreograf und Schauspieler Vlastimil Harapes gestorben.

Wenn man hierzulande Ballett sagt, fällt dem Großteil der Öffentlichkeit vor allem ein Name ein: Vlastimil Harapes. Er ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem Synonym für den klassischen Tanz in Tschechien geworden. Im Prager Nationaltheater trat er in insgesamt 50 Inszenierungen auf. 1966 wurde er ins dortige Ballettensemble aufgenommen. Fünf Jahre später wurde er Solotänzer. Nach der Wende von 1989 war Harapes zwölf Jahre lang künstlerischer Leiter des Balletts im Nationaltheater.

Vlastimil Harapes | Foto: Tomáš Vodňanský,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Vlastimil Harapes stammte aus Chomutov / Komotau. Als Kind habe er eigentlich Geiger werden wollen, erinnerte sich der Künstler 2016 in einem Gespräch für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Meine Mutter ging in die Musikschule in Chomutov, um mich für den Geigenunterricht anzumelden. An der Schule wurde damals jedoch auch sogenannte ,Rhythmik‘ unterrichtet. Und meine Mama dachte, da der Vlastík ständig springe und sich bewege, wäre das passend für ihn. Und so begann alles.“

Harapes studierte anschließend am Prager Konservatorium. Mit dem klassischen Tanz habe er zunächst aber Probleme gehabt, bekannte er im Tschechischen Rundfunk:

„Das war ein Martyrium. Ich bekam ständig schlechte Noten im klassischen Tanz. Mit zeitlichem Abstand wurde mir jedoch klar, dass dies nicht mein Fehler war, sondern dass die Ursache eher bei den Lehrern lag.“

Nach den ersten Jahren habe er begriffen, warum er diese oder jene Bewegung machen müsse, um genau das zum Ausdruck zu bringen, was er gebraucht habe, sagte er.

Ein Wendepunkt in seiner Karriere war das Jahr 1971, als er Solotänzer des Nationaltheaters wurde und seinen ersten Erfolg in Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“ feierte. Für die Tanzliebhaber blieb er vor allem unvergesslich als Merkutio sowie als Romeo, den er 20 Jahre lang tanzte. Zu seinen Paraderollen gehörten aber auch Prinz Siegfried im Tschaikowskis „Schwanensee“, Albrecht in Adams „Giselle“ und die Titelrolle in Chatschaturjans „Spartakus“. Erfolge feierte Harapes zudem im Ausland. Den vermutlich schönsten Beifall habe er in Athen erlebt, erzählte er im Tschechischen Rundfunk:

„Wir haben Romeo und Julia im Theater von Herodes Atticus am Fuße des Akropolis-Felsens getanzt. Und es war so, als ob wir einen Sturm erlebten. So stark war dort der Applaus.“

Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre war Harapes ständiger Gast in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg. Zudem tanzte er unter anderem in Belgien, den Niederlanden, Italien, Japan und Australien.

Vlastimil Harapes war nicht nur Tänzer, sondern auch ein begabter Schauspieler. 1967 trat er im sehr geschätzten Historiendrama „Markéta Lazarová“ von Regisseur František Vláčil auf. In der breiten Öffentlichkeit wurde er dank der Titelrolle im Drama „Ein Tag für meine Liebe“ von Juraj Herz populär. Herz besetzte Harapes anschließend auch für die Hauptrolle im Märchenfilm „Die Schöne und das Biest“.

An Harapes erinnerte sich im Tschechischen Rundfunk am Mittwoch ebenso der Direktor des Prager Nationaltheaters, Jan Burian. Er sagte, der Verstorbene habe erst durch seine Filmrollen die Zuschauer auch für das Tanztheater begeistert. Außerdem sei Harapes nach dem Ende der Karriere weiter in die Vorstellungen seines Hauses gekommen:

„Regelmäßig hat er unsere Premieren besucht. In unserem Theater hat er immer am Künstlerleben teilgenommen, ob ihm die Stücke gefielen oder nicht.“

2012 wurde Vlastimil Harapes mit dem tschechischen Thalia-Theaterpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. 2016 wurde er in die Hall of Fame des Prager Nationaltheaters aufgenommen.

Autoren: Martina Schneibergová , Filip Lukeš
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