Erneute Abstimmung über strittiges Wahlgesetz

Seit Montag dieser Woche steht es nun fest: Das neue Wahlgesetz in Tschechien ist beschlossene Sache. Nach einer Kampfabstimmung im Senat des tschechischen Parlaments vor einer Woche und dem anschließenden Veto des Präsidenten Havel musste man sich erneut im Abgeordnetenhaus mit der Gesetzesvorlage auseinandersetzen. Schon im Vorfeld kündigten die kleineren Parlamentsparteien ihren Protest an, indem sie erneut die Möglichkeit einer Verfassungsklage erwogen. Einige Stimmen und Reaktionen dazu fasst unser freier Mitarbeiter Armin Sandmann zusammen:

Es wurde am Rednerpult laut protestiert, einige Abgeordnete verließen den Parlamentssaal und andere bezeichneten dies alles als ein Kinderspiel. Doch es ging bei dieser Abstimmung um die Zukunft Tschechiens und wie das Gesicht der politischen Landschaft in den kommenden Jahren aussehen wird. Wurde doch um jede Stimme gekämpft und hinter den Kulissen in den Gremien der großen Parteien etwas nachgeholfen, damit nicht wie vor einer Woche während der Abstimmung im Senat einige Volksvertreter nur ihrem Gewissen, sondern vor allem dem Parteiwillen Folge leisten. Hierzu der Chef der Freiheitsunion, US, Karel Kühnel:

"Trotz des ausgeübten politischen Drucks, fanden sich unter den sozialdemokratischen Senatoren einige von ihnen, die sich im Einklang mit der Verfassung nur nach ihrem Gewissen entschieden haben und nicht auf Weisung einer parteilichen Gottheit."

Diesen gerade genannten Senatoren schlossen sich auch weitere Abgeordnete aus den Reihen der sozialdemokratischen Partei an. Jan Zahradil, Schattenaußenminister der Bürgerdemokraten, ODS, sah den öffentlichen Druck auf die Abgeordneten aus einer ganz anderen Perspektive:

"Ich habe ebenfalls politischen Druck auf einige Senatoren verspürt, aber von Seiten der Medien, von Seiten des Herrn Präsidenten und durch einige politische Parteien. Auch verlief die gesamte Sitzung des Senats in einer hysterischen Atmosphäre." In diesem Sinne argumentierte auch der ODS-Parteichef Vaclav Klaus, der sich speziell gegen die Kritik der kleineren Parlamentsparteien aussprach:

"Das ganze Problem liegt darin, dass gerade die Personen, die das Wahlgesetz kritisieren und eine Verfassungsklage einreichen wollen, noch vor einiger Zeit, als es ihnen vorteilhaft erschien, gerade das Gegenteil von dem forderten, was sie heute kritisieren." Positiver hingegen und zum Vorteil des einzelnen Wählers sieht Premier Milos Zeman das neue Wahlgesetz:

"Vielleicht wird einigen Personen die Einschränkung des politischen Handels auf den Gängen des Parlaments nicht gefallen, aber ich habe das Wahlgesetz unterstütz, damit sich solch eine instabile Situation wie nach den letzten Wahlen nicht wiederholt." So wurde die Gesetzesvorlage von 124 der 129 anwesenden Abgeordneten beschlossen, was dem stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialdemokraten Zdenek Skromach Anlass gab, folgende Kritik an die Adresse der Abgeordneten zu richten, die eine eventuelle Verfassungsklage erwägen:

"Zweimal wurde das Gesetz mit großer Mehrheit gebilligt und dies sollten alle Abgeordneten respektieren." Präsident Vaclav Havel, der mit seinem Veto eine erneute Abstimmung über dieses Gesetz im Parlament hervorrief, kommentierte diese Gesetzesvorlage abschließend so:

"Es ist eine Illusion zu denken, dass sich zwei Parteien die Macht sichern, sich beim Regieren abwechseln und somit ein stabiles politisches Klima schaffen. Damit wird der Grundstein für eine zukünftige instabile politische Landschaft gelegt."

Autor: Armin Sandmann
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