Erstes deutsches Seniorenheim in Tschechien – viel Interesse von Sudetendeutschen
Altersarmut – ein Schlagwort, das seit diesem Herbst in Deutschland für reichlich Gesprächsstoff sorgt. Trotzdem war der mediale Aufschrei groß, als bekannt wurde, dass einige pflegebedürftige Senioren bereits jetzt aus finanziellen Gründen ins mittelosteuropäische Ausland gehen. Artur Frank vermittelt den Rentnern für 2000 Euro Plätze in speziellen Seniorendomizilen im Ausland. Nun eröffnet Anfang des Jahres auch in Tschechien ein solches Seniorenheim für Deutsche. Dazu ein Gespräch mit dem Geschäftsmann.
„Im Prinzip hat das zwei Gründe. Der erste sind finanzielle Überlegungen, weil nicht wenige Familien durch die Pflegekosten in Deutschland oder Österreich an ihre Grenzen kommen. Damit meine ich, dass sie ihre eigene Existenz gefährden und dann natürlich nach günstigeren Alternativen suchen.“
Wie viel kostet die Pflege in Deutschland im Vergleich zu Tschechien?
„Man kann heutzutage damit rechnen, dass ein Pflegeheimplatz um die 3000 Euro kostet. In Pflegestufe 2 zahlt die Pflegeversicherung rund 1200 Euro, so dass der Pflegebedürftige 1800 Euro selbst bestreiten muss. Bei einer Rente von 400 bis 500 Euro müssen jeden Monat zusätzlich rund 1000 Euro aufgebracht werden. Damit sind viele überfordert. In Österreich ist es aber ähnlich. Wenn sich die Senioren hingegen dazu entscheiden, in die Slowakei oder nach Tschechien zu kommen, zahlt die Pflegeversicherung zwar nur 440 Euro. Aber im Regelfall reicht dieses Geld zusammen mit der Rente, um den Aufenthalt hier zu bezahlen.“Sie sagten vorhin, es gäbe mehrere Gründe, warum sich Familien für eine Pflege im Ausland entscheiden. Was sind andere Gründe neben dem Kostenvorteil?„Einige Familien sind nicht zufrieden mit der Pflegeleistung in ihrem Heimatland und suchen deswegen nach Alternativen. Die finden sie hier auch. Denn in Ländern wie Tschechien ist die Betreuung keine so genannte zeitgetaktete Pflege.“
Welche Rolle spielen denn Sudentendeutsche bei diesem neuen Heim in Tschechien?
Vielleicht könnten Sie das Domizil ein bisschen näher beschreiben. Was erwartet die Senioren dort?
„Das Heim liegt zirka zehn Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, auf Höhe der fränkischen Stadt Amberg. Dort wird es Pflegerinnen geben, die Deutsch sprechen. Das ist in der Grenzregion gar kein Problem. Das Domizil ist für mobile und nicht-mobile Senioren gedacht. Ich gehe davon aus, dass das Haus mit 20 Plätzen ungefähr ab April komplett belegt sein wird. Am 3. Januar ziehen zunächst drei Senioren und zwei Seniorinnen ein.“Sie haben mir vorab gesagt, es wäre schwierig gewesen, ein geeignetes Heim in Tschechien zu finden: Welche Kriterien stellen Sie denn an ein solches Seniorenheim?
„Die deutschen und österreichischen Gäste wollen vermehrt Ein- oder Zweibettzimmer. In Tschechien gibt es aber viele Häuser mit Drei- und Vierbettzimmern. Außerdem achten wir darauf, dass im Haus deutschsprachiges Personal vorhanden ist und es ein gutes Freizeitangebot sowie Ergo- und Physiotherapie gibt. Und wir achten auch drauf, dass die pflegerischen Leistungen in unserem Sinne erfüllt werden.“Ist die Pflege im Ausland ein Trend, der sich weiter fortsetzen wird?„Ich denke, dass die Kapazitäten in der kleinen Einrichtung, die wir jetzt im Januar eröffnen, nicht ausreichend sind für das kommende Jahr oder gar darüber hinaus. Deswegen streben wir für Tschechien eine größere Lösung an und stehen auch mit zwei Investoren in Verhandlungen. Dass man von einem Hype sprechen könnte, ist aber definitiv nicht der Fall.“
Das Thema wurde von den Medien in letzter Zeit häufig aufgegriffen und als sehr profitables Geschäft dargstellt. Haben Sie den Eindruck, dass Sie jetzt Konkurrenz bekommen oder sich bereits jemand anderes in dieses ‚Geschäft’ eingeklinkt hat?„Wir betreiben die Vermittlung seit 2006. Die ersten fünf Jahren sind wir belächelt worden, seit ungefähr einem Jahr werden wir bekämpft. Ich bin mir sicher, wenn alles funktioniert, dann sagt jeder, er habe schon immer gewusst, dass diese Idee gut wäre. Vor ungefähr dreißig Jahren gab es eine ähnliche Diskussion, als sich den Familien die Frage stellte, ob man den Vater oder die Mutter allgemein in ein Pflegeheim gibt. Es wird sein, wie es überall ist, wenn etwas erfolgreich läuft: Es gibt dann Nachahmer, das kommt sicher auch bald in unserem Fall.“