Ester Ledecká geht es an: Tschechiens Alpin-Star will bei Olympia beide Titel verteidigen
Die kalte Jahreszeit naht und damit auch wieder eine neue Saison für alle Wintersportler. Für die Top-Athleten unter ihnen ist es eine olympische, denn im Februar 2022 finden die nächsten Winterspiele in Peking statt. Auf dieses Ereignis bereitet sich auch eine tschechische Sportlerin vor, die bei 2018 für Furore gesorgt hat: Doppel-Olympiasiegerin Ester Ledecká. Wie ist sie in die neue Saison gestartet, und welche organisatorischen Hürden hat sie weiter zu überwinden?
Am Ende der Schussfahrt der Tschechin Ester Ledecká in der olympischen Entscheidung im Super-G der Frauen überschlugen sich die Stimmen der TV- und Hörfunk-Kommentatoren. Auch beim österreichischen ORF war das nicht anders:
In der Tat, vor knapp vier Jahren sorgte Ledecká für die Mega-Sensation der Spiele im südkoreanischen Pyeongchang. Die damals 22-Jährige war in erster Linie als aussichtsreiche Medaillenkandidatin im Riesenslalom der Snowboarderinnen angereist – und in diesem Wettbewerb holte sie sich auch das goldene Edelmetall. Bei den alpinen Skifahrerinnen aber war sie nur eine Außenseiterin, die zeigen wollte, dass sie ebenso auf Ski schnell unterwegs ist. Doch am Tag der Entscheidung im Super-G legte sie einen wirklich famosen Lauf hin, mit dem es ihr gelang, die bis dahin führende Österreicherin Anna Veith noch um eine Hundertstel vom ersten Platz zu verdrängen. Die Reporter aus aller Welt quittierten ihr Rennen deshalb unisono – wie eben gehört – mit Superlativen wie „unglaublich“ oder „unfassbar“.
Mehr Snowboard-Rennen
Jetzt aber, knapp vier Jahre später, steht die Doppel-Olympiasiegerin von Pyeongchang vor einer neuen und vielleicht noch größeren Herausforderung: Sie will in ihren zwei Disziplinen erneut eine Medaille gewinnen und wenn möglich beide Titel sogar verteidigen. Dafür hat sie ihr Hauptaugenmerk in der jüngeren Vergangenheit allerdings zu einseitig auf die alpinen Disziplinen gerichtet. Das soll sich in der olympischen Saison nun ändern:
bestritten habe. Und um es offen zu sagen: Mir hat da etwas gefehlt. In dieser Saison will ich öfter mit dem Schneebrett an den Start gehen, deshalb habe ich den ganzen Sommer hart trainiert, um meinen Körper wieder auf diese Veränderung vorzubereiten. Ich hoffe, dass sich dies nun auszahlt. Denn ich will danach entscheiden können, wie ich mich fühle, und nicht danach, dass mein Körper mir vorgibt, ob ich Ski oder Snowboard fahren sollte.“
Im Gegensatz zu den Snowboard-Wettkämpfen, die sich auf relativ wenige Konkurrenzen im Jahr beschränken, ist eine Saison im alpinen Skisport sehr lang. Sie beginnt in der Regel Mitte November und zieht sich bis Ende März des nachfolgenden Jahres. Seit einiger Zeit wird der Auftakt bei den Alpinen in Sölden im österreichischen Ötztal vollzogen, sozusagen als das große Schaulaufen der Weltelite. Dieses Skigebiet in Tirol zählt zu den schneesichersten Gegenden in den Alpen, doch zu Ende Oktober, wenn die Saison beginnt, sind die ganz großen Strecken noch nicht präpariert. Auch deshalb müssen sich alle Teilnehmer erst einmal mit einem Riesentorlauf begnügen, was eher den Slalomspezialisten in die Karten spielt. An dem Rennen nehmen dennoch stets mehrere Speed-Fahrerinnen und -Fahrer teil, um einfach Wettkampfpraxis zu sammeln. Auch Ester Ledecká war vor gut zwei Wochen am Start, sie kam aber über den 47. Platz nicht hinaus. Die Pragerin wusste dieses Ergebnis jedoch sehr gut einzuordnen:
„Selbstverständlich sind die meisten Dinge noch nicht wieder automatisiert bei mir. Zudem war die Strecke recht flach, mir fehlten die Sprünge und andere schnelle Abschnitte. Ich muss noch viel trainieren, bei den ersten Übungseinheiten habe ich mich aber schon recht sicher gefühlt. Und die heute gesammelten Erfahrungen bringen mich weiter. Ich habe diesmal eine Reihe von Fehlern gemacht, doch ich werde das Rennen mit meinen Trainern auswerten und daraus die nötigen Schlüsse für die weiteren Aufgaben ziehen.“
Die Stärken von Ester Ledecká im alpinen Skisport liegen zweifellos in den Speed-Konkurrenzen. Trotzdem wird sie im Training auch Übungseinheiten im Riesenslalom absolvieren:
„Ich nutze dies vorerst als Trainingsdisziplin. Doch auch darin muss ich mich weiter verbessern, will ich meine Technik für die schnellen Disziplinen auf einen höheren Stand bringen. Von daher habe ich noch genügend Reserven.“
Um sich Schritt für Schritt in Olympiaform zu bringen, muss die Tschechin besonders den November nutzen, um ausgiebig unter Wettkampfbedingungen zu trainieren. Doch dies ist nicht einfach, merkt sie an:
„Bisher haben wir noch kein Team gefunden, das uns neben sich mittrainieren lässt. Wir haben ebenso Probleme damit, eine gute Piste zu bekommen, auf der ich trainieren kann. Es müsste eine anspruchsvolle Strecke sein, auf der ich auch Sprünge während der Abfahrt üben kann. Ich bin aber optimistisch, dass uns dies noch gelingt, denn um mich kümmert sich ein tolles Team.“
Suche nach einem Team
Dennoch ist die 26-Jährige schon etwas konsterniert, dass ihr auf dem Weg zum möglichen Olymp so viele Steine in den Weg gelegt werden. Andererseits kann sie sich dies aber auch erklären:
„Leider muss ich feststellen, dass ich es wegen meines Namens, den ich mir in den letzten Jahren erarbeitet habe, etwas schwieriger habe, mit den großen Teams in Kontakt zu kommen. Ganz konkret weiß ich nicht, woran es hapert, aber ich werde immer wieder abgewiesen. Beispielsweise hieß es neulich nach unserer Anfrage, man habe keine ausreichende Kapazität für gastierende Trainingspartner. Dann aber haben wir festgestellt, dass Platz für mich vorhanden gewesen wäre. Ich stecke in der verzwickten Situation, dass ich im Training auf mich allein gestellt bin. Andererseits verstehe ich, dass sich jeder bestmöglich auf die Saison vorbereiten will.“
Bei den Spielen in Pyeongchang hat Ester Ledecká alle mit ihrem Mut und Können noch schocken können, mittlerweile aber spürt sie den härter gewordenen Konkurrenzkampf fast täglich. Doch wer die ehrgeizige Pragerin kennt, der weiß, dass sie so schnell nicht aufgibt. Von daher weiß sie auch, dass sie gegebenenfalls wieder durch die Hintertür angreifen muss:
„Wir haben viele Freunde auch in den großen Teams, und wir werden es weiter probieren, mit ihnen übereinzukommen. Leider aber haben dort mehrere Funktionäre das Sagen, und eine Entscheidung zu treffen, liegt meist nicht in der Macht unserer Freunde. So ist der Stand, doch wir werden eine Lösung finden. Und falls ich mich dann einem kleineren Team anschließen müsste, hätte ich damit auch kein Problem.“
Wenn in der olympischen Saison alles nach Plan läuft, wird sich Ester Ledecká in der Abfahrt und im Super-G das erste Mal beim Weltcup Anfang Dezember im kanadischen Lake Louise präsentieren. Das ist eine Strecke, die ihr liegt, vor zwei Jahren gewann sie dort nämlich das Abfahrtsrennen. Vielleicht gibt dieses Wettkampfwochenende dann bereits erste Aufschlüsse darüber, ob mit der Doppel-Olympiasiegerin von 2018 auch in Peking zu rechnen sein wird. Gern würde sie dann wieder einen ähnlichen Kommentar hören, wie den des Schweizer Fernsehens (SRF) vor knapp vier Jahren.