EU-Beitritt verschärft die Regelungen an tschechisch-slowakischer Grenze

Foto: Europäische Kommission

Am 1. Mai 2004 finden Tschechien und Slowakei unter dem Dach der Europäischen Union wieder zusammen. Absurderweise soll ab diesem Tag ein verschärftes Grenzregime die beiden Staaten strikter trennen. Ein Entwurf des tschechisch-slowakischen Vertrags über die gemeinsame Staatsgrenze liegt jetzt dem Parlament zur Abstimmung vor. Daniel Satra berichtet.

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Einst waren sie Eins, seit 1993 sind die Tschechische und die Slowakische Republik selbständige Staaten mit eigenen Staatsgrenzen. Jedoch: Mit einer Reihe von Ausnahmen für ihre Bürger. An jeder beliebigen Stelle können Tschechen und Slowaken gegenwärtig die Grenze überqueren. Ob Waldweg oder Dorfstraße, ob Langlaufloipe oder Wanderpfad - nichts steht den Nachbarn im Weg. Visa gibt es keine, auch der Arbeitsmarktzugang steht offen. Der EU-Beitritt soll jetzt diese bestehenden Ausnahmeregelungen zwischen Tschechien und der Slowakei abschaffen. Das zumindest sieht der Revisionsvorschlag des tschechisch-slowakischen Vertrags über die gemeinsame Staatsgrenze vor, der in den kommenden Tagen im tschechischen Parlament verhandelt wird. Tschechien und die Slowakei sollen demnach ab Mai durch eine so genannte "vorläufige Außengrenzen" getrennt werden. Der Grenzübertritt soll dann nur noch an Grenzübergängen möglich sein. Bereits jetzt werden Sperrpfosten an Grenzwegen aufgestellt. Diese sollen bis zum Beitritt zum europäischen Schengenraum stehen bleiben. Der Schengen-Beitritt ist frühestens für das Jahr 2006 vorgesehen. Radovan Kunc, ehemaliger Regierungsmitarbeiter für Außen- und Sicherheitspolitik, glaubt eine Sonderregelung hätte diese neue Grenze verhindern können:

"Das wurde bei den EU-Beitrittsverhandlungen verhandelt. Ich glaube, dass es die Möglichkeit dazu gab, denn es gibt Beispiele wie die Grenzen zu Norwegen, die Grenzen zur Schweiz und die Grenze zwischen Irland und Nordirland. Dort gibt es Ausnahmenregelungen, die teilweise liberaler als das noch geltende tschechisch-slowakische Grenzregime sind - trotz Grenzen mit der EU oder dem Schengenraum."

Vor allem aber stört Kunc, der seit 12 Jahren tschechisch-slowakische Silvestertreffen im Grenzgebiet organisiert, die Geheimniskrämerei im Vorfeld der parlamentarischen Abstimmungen.

"Die Öffentlichkeit sollte über die anstehenden Maßnahmen informiert werden. Auch, dass dies mit dem EU-Beitritt und mit Fragen der Sicherheit des Staates zusammenhängt sollte deutlich gemacht werden. Außerdem sollte die Notwendigkeit der Maßnahmen begründet werden, das ist bisher jedoch nicht geschehen."

Zwar seien die Bürgermeister der Gemeinden im Grenzgebiet sowie die Landkreise informiert worden, sagt Kunc. Doch dies nicht ausreichend. Nach wie vor würden die Gründe sowie die konkreten Maßnahmen der neuen Grenzziehung der Öffentlichkeit vorenthalten. Ein Mitarbeiter der tschechischen Regierung, der nicht namentlich genannt werden will, sagte gegenüber Radio Prag, so kurz vor dem EU-Beitritt solle das Ansehen der Europäischen Union nicht ramponiert werden. Denn, so der Regierungsmitarbeiter, kaum jemand wird wohl begreifen, dass auf dem Weg in ein geeintes Europa Grenzen neu errichtet werden, die schon lange überwunden wurden.