EU-Dienstleistungsrichtlinie in Kraft: Wie viel Nutzen hat Tschechien?

Seit Montag gilt in der gesamten Europäischen Union eine neue Dienstleistungsrichtlinie. Diese ermöglicht unter anderem, dass Gewerbetreibende nun leichter ihre Dienste im Ausland anbieten können.

Die Tschechische Republik war eines der Länder, die sich für die neue EU-Dienstleistungsrichtlinie stark gemacht hatten. Auch weil nun tschechische Gewerbetreibende ohne administrative Hürden ihre Dienste in Deutschland oder Österreich anbieten können. Doch die neue Regelung gilt natürlich in beide Richtungen: Auch ausländische Dienstleistungsbetriebe werden wohl den Gang nach Tschechien antreten, glaubt Martin Tlapa, stellvertretender tschechischer Minister für Industrie und Handel:

„Die Richtlinie bedeutet auf ihre Weise auch Konkurrenz, die nach Tschechien kommen kann. Das bezieht sich vor allem auf Dienstleistungen aus den Ländern, in denen es billigere Angebote gibt. Ich würde mich weniger vor der Konkurrenz aus Deutschland oder Österreich fürchten, aber es könnte sein, dass Gewerbetreibende aus der Slowakei oder Polen ihre Dienste hierzulande anbieten. Für den Verbraucher aber sollte das die Qualität und die Auswahl erhöhen.“

Das Ministerium geht davon aus, dass das Geschäft belebt wird, und zwar spürbar. Um 0,5 bis 1,5 Prozent könnte das tschechische Bruttoinlandsprodukt durch den freieren Austausch von Dienstleistungen steigen, hat eine Studie ergeben.

Bedřich Danda
Auch der Verband der Unternehmer und Gewerbetreibenden begrüßt die neue Richtlinie. Verbandschef Bedřich Danda ist indes skeptisch über den praktischen Nutzen der Richtlinie. Wenn überhaupt, dann käme der Nutzen nur gewissen Teilen des Landes zugute:

„Unserer Meinung nach geht es um grenzübergreifende Arbeit. Finanziell aber wird es wohl sehr aufwendig sein, seine Dienstleistungen von Prag oder Mittelböhmen aus anzubieten.“

Dass nun aber tschechische Handwerker und Gewerbetreibende ihren österreichischen und deutschen Kollegen die Kunden abjagen, das glaubt Bedřich Danda nicht. Zum einen muss der Gang ins Ausland den Gesetzen nach eine Nebentätigkeit bleiben. Zum anderen spreche noch einiges dagegen, so Danda:

„Ein Grund ist, dass wir dann zusätzliche Ausgaben haben wie etwa die Fahrtkosten. Ohnehin kommen die Kosten hierzulande denen in Deutschland oder Österreich mittlerweile schon sehr nahe. Zudem kann ich mir persönlich kaum vorstellen, dass jemand seine Dienstleistungen im Ausland anbietet, auch wenn er nur zehn Kilometer von der Grenze entfernt lebt. Auf dem dortigen Markt ist der Konkurrenzkampf bereits jetzt groß, dazu kommen noch die Folgen der Krise.“

Vize-Minister Martin Tlapa
Das Ministerium für Industrie und Handel weist aber noch auf eine Regelung hin, durch die bürokratische Hindernisse bei der Anmeldung eines Gewerbes abgebaut werden. Vize-Minister Martin Tlapa:

„Das ist die Regelung der schweigenden Zustimmung. Das heißt: Fällt die zuständige Behörde nicht in der vorgegebenen Zeit die Entscheidung, ob dem Gewerbeantrag zugestimmt wird oder nicht, dann gilt die Genehmigung automatisch als erteilt.“

Das wiederum dürfte allen Gewerbetreibenden in Tschechien zugute kommen, ob sie nun ihre Dienste auch im Ausland anbieten wollen oder nicht.