Europäischer Melanoma-Tag: In Tschechien sterben jährlich hunderte Menschen an Hauttumoren

Melanom (Foto: Will Blake, www.wikimedia.org)

Das Bewusstsein für Sinn und Notwendigkeit von Hautkrebsvorsorge in der Bevölkerung zu schärfen. Das ist das Ziel des europaweit veranstalteten „Europäischen Melanoma-Tags“. In diesem Jahr war es der 10. Mai und Tschechien war an der seit 1998 organisierten Aktion der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie zum 10. Mal beteiligt. Dass es gelingt, die Bevölkerung für die ständig steigende Hautkrebsgefahr zu sensibilisieren, konnte man sich auch die eine Woche zuvor auf dem Prager Wenzelsplatz überzeugen. An zwei Tagen untersuchte dort in einem Zelt ein Hautärzteteam des Universitätsklinikum in Prag-Vinohrady bereits zum 4. Mal kostenlos Interessenten auf mögliche Hauterkrankungen. Es kamen fast 4.000 Menschen. Radio Prag hat sich dort umgehört.

Es waren viele dabei, die schon früher zum Haut-Screening gekommen sind. Eine Frau aus folgendem Grund:

„Ich war hier auch voriges Jahr und weil ich ein Muttermal habe, das man sich jedes Jahr untersuches lassen soll, bin ich auch diesmal gekommen, um mich zu überzeugen, dass sich daraus kein Melanom entwickelt.“

Melanom
In der langen Warteschlange fällt eine gut aussehende Fünfzigerin an dem regnerischen kalten Tag Anfang Mai durch ihr braun gebranntes Gesicht auf. Sie sei zum ersten Mal da. Sie liebe die Sonne und möchte auch die Sicherheit haben, ob bei ihr alles in Ordnung sei. Ihr Mann verrät, seine Frau habe Blutflecken auf dem Pyjama. Sie kratze ein juckendes Muttermal auf dem Rücken.

Monika Arenbergerová  (Foto: Jitka Mládková)
Die Hautärztin Monika Arenbergerová fotografiert jedes „verdächtige“ Muttermal hoch konzentriert mit einem modernen Gerät und speichert die Aufnahmen in ihrem Computer, in dem bereits rund 30.000 Bilder von Hautmissbildungen zu finden sind. Nach einem Jahr oder einem halben Jahr kann sie bei der so genannten Follow-up-Konntrolle, also beim Vergleich des neuen Muttermalbildes mit dem bereits gespeicherten eine eventuelle Entwicklungsdynamik nachweisen. Diese sei für ein Hautmelanom oder andere Hauttumore charakteristisch, sagt sie. Die Frage, worauf die mittlerweile traditionelle Aktion der Hautklinik von Prag-Vinohrady abzielt, beantwortet die Ärztin folgendermaßen:

Petr Arenberger untersucht die Haut  (Foto: www.melanomy.cz)
„Wir bemühen uns jedes Jahr von Neuem auf die Risiken des Hautkrebs aufmerksam zu machen und auch darauf, dass sich die Menschen vor und nach dem Sommer von einem Dermatologen unteruchen lassen sollten. Wir sind natürlich nicht in der Lage, ein Screening flächendeckend durchzuführen. Daher konzentrieren wir uns auf die Bevölkerungsgruppen, die sich durch ein extrem hohes Hautkrebsrisiko auszeichnen.“

In den letzten 30 Jahren ist die Neuerkrankungshäufigkeit enorm gestiegen. Dies sei aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf die Veränderung des Lebensstils der Tschechen zurückzuführen, sagt Arenbergerová. Dazu gehört auch, dass man nach der Grenzöffnung 1989 viel in den Süden reist:

Petr Arenberger untersucht die Haut  (Foto: www.melanomy.cz)
„Man hat sich daran gewöhnt im Sommer ans Meer zu fahren. Viele, die sich das leisten können, fahren auch im Winter in den Urlaub irgendwohin in ein exotisches warmes Land. Das ist aber aus hautmedizinischer Sicht mit einem extrem hohen Risiko verbunden. Die Haut ist im Winter blass und unvorbereitet auf das Sonnenbaden. Wenn ein Mensch nicht mit einer entsprechenden Photoprotektion ausgestattet ist, kann er sich einen Sonnenbrand zufügen, der wiederum als Risikofaktor für die Hautkrebsentstehung gilt.“

Wie aber teilt es Monika Arenbergerová Betroffenen mit, wenn sie eine gefährlich aussehende Hautmissbildung entdeckt hat?

„Zunächst vorsichtig. Man muss individuell vorgehen. Auf der anderen Seite will ich auch offen und aufrichtig sein. Es könnte auch passieren, dass ein Patient, den ich nicht ein bisschen unter Druck setzen würde, gar nicht zu uns in die Klinik kommt. Das ist mir auch hier bei dieser Akktion vor vier Jahren passiert. Bis heute bereue ich es. Deshalb notiere ich mir auch alle wichtigen Kontaktdaten von Patienten, bei denen ich einen ernsthaften Fund festgestellt habe. Allein heute waren es hier sieben Menschen.“

Oberflächlich spreitendes Melanom  (Foto: Klaus D. Peter,  www.wikimedia.org)
Chefarzt des Hautklinikums in Prag-Vinohrady ist Professor Petr Arenberger. Über die Entwicklung im Bereich der Hauttumoren hierzulande kann er keineswegs erfreut sein.

„Seit den 1970er Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen an bösartigen Hauttumoren kontinuierlich gestiegen, und dies nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern. Die Bilanz ist heutzutage bei beiden Geschlechtern im Prinzip ausgewogen. Während in den 1970er Jahren im Schnitt drei Melanom-Fälle auf 100.000 Menschen verzeichnet wurden, sind es heute fast 20 Fälle. Ihre Zahl ist in letzter Zeit raketenhaft nach oben geschnellt.“

Eine ganze Reihe von Faktoren ist dafür verantwortlich. Auf einige von ihnen hat der Mensch keinen Einfluss, sagt Arenberger:

„Das ist etwa die Lichtempfindlichkeit. Die Briten zum Beispiel sind noch schlimmer dran als wir, weil viele von ihnen einen noch helleren Hauttyp haben. Was sich aber verändert hat, ist unsere Beziehung zum Sonnenbaden. Immer mehr Menschen reisen ja in tropische Länder oder besuchen Solarien.“

Was die kosmetische Bräunung der Haut in Solarien angeht, scheiden sich auch in Tschechien die Geister. Professor Arenberger rät davon ab, von einem strikten Verbot der Solarien spricht er aber nicht:

„Die Bestrahlung des Körpers im Solarium empfehlen wir nicht. Dagegen ist die Nutzung des UV-Lichts zur medizinischen Behandlung von Hautkrankheiten empfehlenswert, jedoch dosiert und kontrolliert in medizinischen Einrichtungen, und nicht in Einrichtungen, wo damit eine Bräunung der Haut aus kosmetischen Gründen bezweckt wird. Es ist aber natürlich jedermanns Sache, wie man sein Äußeres attraktiv machen will. Wenn jemand auf eine dunklere Hautfarbe nicht verzichten will, ist der Besuch im Solarium hier und da akzeptabel.“

Foto: Erin Stevenson O'Connor,  www.wikimedia.org
In der Frage des Sonnenbadens von Kindern ist der Chef der Hautklinik im Prager Universitätskrankenhaus Vinohrady kompromisslos. In ihrem ersten Lebensjahr sollten sie gar keinem Sonnenlicht ausgesetzt werden und später mit höchster Vorsicht und entsprechendem Schutz, sagt er. Verantwortungsträger seien die Eltern.

Bei der erwähnten Hautuntersuchungsaktion auf dem Wenzelsplatz waren aber auch eingeweihte Eltern zu sehen. Vertreten waren allerdings Menschen aller Alterkategorien, die geduldig in der Schlange standen. Die unerfreulichen Statistiken nehmen sie offenbar ernst. In Tschechien erkranken jährlich rund 2.000 Menschen an einem Melanom. 200 bis 300 sterben an dieser Diagnose.