Ex-Sprecher von Zeman: Präsidentensprecher darf Politiker nicht attackieren

Libor Rouček (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Der Auftritt von Staatspräsident Miloš Zeman bei einer Versammlung der Islam-Gegner am 17. November wurde hierzulande scharf kritisiert. Auch Premier Bohuslav Sobotka schloss sich der Kritik an. Als Reaktion darauf schrieb Präsidentensprecher Jiří Ovčáček über Sobotka via Twitter, der Regierungschef stehe nicht mehr für die Nation, sondern für die Medien. Libor Rouček (Sozialdemokraten) ist ehemaliger Vizepräsident des Europaparlaments und früherer Sprecher von Miloš Zeman zu dessen Zeiten als tschechischer Premier. Rouček hält die Attacken von Pressesprecher Ovčáček gegen Politiker für beispiellos.

Libor Rouček  (Foto-AG Gymnasium Melle,  CC BY-SA 3.0)
Herr Rouček, Sie haben die Aussagen des Präsidentensprechers Jiří Ovčáček kritisiert. Was er sich erlaube, sei in einer demokratischen Welt kaum möglich. Worin sehen Sie konkret das Problem?

„Ich sehe das Problem darin, dass der Präsident einer demokratischen Republik, einer Republik, die auf der Basis der Menschenrechte, Grundrechte und der Demokratie aufgebaut wurde und ein Mitglied der Europäischen Union ist, gemeinsam mit Leuten wie zum Beispiel in Deutschland Pegida auf einer Bühne steht. Das ist für mich inakzeptabel.“

Diese Sache betrifft das Verhalten des Staatsoberhauptes selbst. Sie haben aber auch die Kommentare seines Sprechers dazu kritisiert…

„Genau, weil es nicht die Rolle eines Sprechers des Staatspräsidenten oder der Regierung, also eines hohen Staatsbeamten ist, Politiker zu attackieren. Und er hat Ministerpräsident Sobotka attackiert.“

Illustrationsfoto: Renjith Krishnan,  FreeDigitalPhotos.net
Wie sehen Sie die Rolle und Aufgabe des Sprechers eines hohen Politikers? Wo ist die Grenze? Inwieweit ist er ein Vermittler der Meinungen des Politikers, und inwieweit kann er seine eigenen Meinungen präsentieren?

„Ein Präsidenten- oder Regierungssprecher sollte nicht seine Meinungen zum Ausdruck bringen. Er sollte die Meinungen der Institution präsentieren, die er repräsentiert. Und ein Sprecher sollte sich, meiner Meinung nach, auch nicht in den politischen Kampf zwischen den Institutionen einmischen. Das gilt ebenso umgekehrt: Nicht nur der Sprecher, sondern auch der Staatspräsident und der Ministerpräsident sollten die Gesellschaft einen, verschiedene Meinungen womöglich unter einen Nenner bringen und nicht einen Konflikt, besonders in Fragen wie der Flüchtlinge, des Islams und der Sicherheit, weiter zuspitzen.“

„Der Regierungschef, und insbesondere der Staatspräsident sollte die Gesellschaft einen und nicht zu Konflikten beitragen.“

Sie waren selbst ein Sprecher von Miloš Zeman, und zwar in den Jahren 1998 bis 2002, als er tschechischer Premier war. Wie sah damals Ihre Zusammenarbeit aus?

„Meine Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Regierungschef und heutigen Staatspräsidenten war gut und nicht leicht. Sie war manchmal schwer, aber ich muss sagen, dass es mir immer gelungen ist – wenn es zu einem Konflikt kam, wenn der Ministerpräsident jemanden attackieren wollte –, die Lage zu beruhigen. Und auch den Chef zu beruhigen. Ich habe immer wieder vor Augen geführt, dass der Regierungschef, und insbesondere jetzt der Staatspräsident, die Gesellschaft einen und nicht zu Konflikten beitragen sollte.“

Jiří Ovčáček  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Herrn Ovčáčeks Anliegen ist es wohl nicht, die Lage zu beruhigen und Konflikte zu beseitigen. Sie fordern eine Abberufung des Präsidentensprechers. Glauben Sie, dass dies eine reale Möglichkeit ist?

„In einer demokratischen Gesellschaft sollte dies so sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zum Beispiel in Deutschland oder in Österreich sich der Sprecher des Bundespräsidenten so verhält. Aber ob es in Tschechien zu diesem Schritt kommt, da bin ich mir nicht sicher. Da bin ich ein bisschen pessimistisch.“