Experten-Tenor: Kontrollen zur Alkoholabgabe an Jugendliche müssen kompromisslos sein

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Eine OECD-Studie hat es im Juli dieses Jahres deutlich zu Tage gefördert: Tschechische Jugendliche stehen beim Alkoholmissbrauch an der Spitze in ganz Europa! Insgesamt 94 Prozent der fünfzehnjährigen Jugendlichen in Tschechien haben Erfahrung mit Alkohol, rund ein Viertel betrinkt sich regelmäßig einmal in der Woche. Die Polizei und weitere Ämter des Landes wollen nun mit einer dreimonatigen Kontrollaktion den Alkoholkonsum von Jugendlichen bekämpfen.

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Man habe mit 15 oder auch schon mit 14 Jahren begonnen, Alkohol zu trinken. Bei spontanen Umfragen geben tschechische Jugendliche gerne zu, dass sie sich am Alkohol schon berauscht haben, weil es „cool“ sei und in ihrem Alter einfach dazugehöre. Michal Miovský ist Arzt der Prager Klinik für Suchtbehandlung, die erst vor anderthalb Jahren gegründet wurde. Er bestätigt sogar, dass der übermäßige Alkoholkonsum nicht nur unter den Jugendlichen ein ernsthaftes Problem ist:

„Die genannten Zahlen sind nicht aus den Fingern gesogen. Das heißt, in Tschechien trinkt nicht nur ein Viertel der Jugendlichen regelmäßig Alkohol, sondern auch beim Pro-Kopf-Verbrauch stehen wir mit mehr als zwölf Litern reinen Alkohols an der Spitze der Negativskala. Das sind wirklich traurige Zahlen, die nicht nur auf dieses Jahr zutreffen, sondern schon langfristig.“

Jindřich Vobořil  (Foto: ČT24)
Einer Aussage des Antidrogenbeauftragten der tschechischen Regierung Jindřich Vobořil zufolge werden jährlich bis zu 1000 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung in eine Intensivstation eingeliefert. All diese Zahlen haben die Behörden des Landes nun wohl aufgeschreckt. Ab diesem Freitag werden Polizeibeamte nun in hunderten Restaurants und Kneipen prüfen, ob die Jugendschutzgesetze eingehalten werden. Laut dem Chef der tschechischen Ordnungspolizei, Martin Hrinka, stehen dabei vor allem Restaurants im Fokus, in denen bereits in der Vergangenheit Bier und Spirituosen an Jugendliche ausgeschenkt wurden. Und Hrinka sagt auch, worin die Motivation für die plötzliche Aktivität seiner Beamten steckt:

Martin Hrinko  (Foto: Archiv der Polizei der Tschechischen Republik)
„Wir werden uns bemühen, mit unserer aktiven Prävention den Eindruck zu widerlegen, dass es in tschechischen Gaststättenbetrieben wesentlich einfacher ist an Alkohol zu kommen als in anderen Ländern.“

Die großanlegte Polizeiaktion wird flankiert von den Kontrollen weiterer Institutionen wie dem Gewerbe-, dem Hygiene- und dem Zollamt als auch der Tschechischen Handelsinspektion. Bei groben Verstößen gegen die Jugendschutzgesetze wollen zum Beispiel die Gewerbeämter dem Unternehmer das Gewerbe vorübergehend entziehen oder aber das entsprechende Lokal sogar schließen lassen. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes, Václav Stárek, begrüßt die Kontrollaktion. Auf der anderen Seite verweist er darauf, dass übermäßiger Alkoholkonsum wie auch Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen bis tief in die Gesellschaft hinein toleriert würden:

Michal Miovský  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Es gibt Fälle, bei denen Erwachsene den Minderjährigen Alkohol kaufen. Oder die Jugendlichen besorgen ihn sich auf andere Weise. Die Kontrollen allein sind also nicht das Allheilmittel.“

Dieser Ansicht ist auch der Arzt Michal Miovský. Seiner Meinung nach sind die Sanktionen, die bei diesbezüglichen Vergehen in Tschechien verhängt werden, im Vergleich zu anderen Ländern viel zu niedrig. Das Wichtigste aber sei, dass die Kontrolltätigkeit selbst viel kompromissloser sein müsse als bisher, sagt Miovský:

„Das größte Problem liegt nicht in der Höhe der Geldbußen, sondern wie und ob die Sanktionen auch vollzogen werden. Da können sich noch zu viele Leute herausreden oder die Kontrolleure beschwichtigen. Mit anderen Worten: Jeder Kellner oder Gaststättenleiter wird logischerweise auf Nachfrage immer wieder antworten, dass in seinem Lokal kein Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt wird. Umfragen wie auch die Praxis in unserer Klinik aber besagen das Gegenteil.“

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Man muss also die Erwartungen dämpfen, dass nach der dreimonatigen und zudem landesweit angekündigten Kontrollaktion schon ein Umdenken in punkto Alkoholabgabe an Minderjährige vollzogen ist. Ein Schritt in die richtige Richtung aber sind verschärfte Kontrollen auf jeden Fall.