Fahrt ohne Lokführer: Testbeginn für ersten autonomen Zug in Tschechien
In Deutschland wird bereits oft über das autonome Fahren gesprochen. Mit dieser Zukunftstechnologie verknüpft sind zumeist selbstfahrende Autos und Busse. In Tschechien hat man diese Technologie nun auf die Schiene gebracht: Am Mittwoch wurde der erste selbstfahrende Triebwagen getestet.
Am Mittwoch herrschte rege Betriebsamkeit auf der nordböhmischen Bahnstrecke zwischen Libčeves / Liebshausen und Židovice / Schidowitz. Vor allem ab dem Moment, als ein Triebwagen in den Bahnhof von Libčeves einfährt:
„Der Zug sei direkt an der Bahnsteigkante zum Stehern gekommen, so wie es programmiert wurde“, erläutert Zdeněk Chrdle, der Generaldirektor des Unternehmens AŽD Praha.
Seine Firma ist ein Hersteller von Eisenbahnsicherungsanlagen. Sie hat die stillgelegte Trasse zwischen Most / Brüx und Lovosice / Lobositz nach 2014 zu ihrer Teststrecke ausgebaut. In ihrer Blütezeit wurde diese Zugverbindung einst liebevoll als „Zwetschengenbahn“ bezeichnet. Am Mittwoch erlebte sie einen weiteren historischen Moment:
„Es ist für uns alle ein Durchbruch, dass auf einem tschechischen Gleis – wenn auch nur im Probebetrieb und auf einem ausgegliederten Streckenteil – ein Zug ohne Lokführer verkehrt“, freut sich Chrdle.
Der Triebwagen der Baureihe 654 ist mit verschiedenen Kameras und mehreren Sensoren ausgestattet. Letztere sind Bestandteile der künstlichen Intelligenz, die hier am Werke ist. Der gesamte Streckenverlauf ist in ihrer Software eingescannt, und während der Fahrt wird ständig ausgewertet, was vor dem Zug geschieht. Direktor Chrdle erklärt das Prinzip:
„Wenn zum Beispiel eine Person noch vor der Abfahrt das Gleis überquert, dann setzt sich der Zug nicht in Bewegung, auch wenn er das Signal dazu bekommen hat.“
Und er ergänzt:
„Falls die Person oder ein anderes Hindernis die Strecke binnen einer Minute geräumt haben, fährt der Zug automatisch los. Ist das Gleis nach einer Minute aber immer noch nicht frei, informiert der Zug den Dispatcher und fragt an, was nun zu tun sei.“
Zwei der drei Testfahrten am Mittwoch verliefen reibungslos. Beim dritten Versuch hatte das Test-Team ein paar Probleme zu lösen, so dass der Triebwagen mitten auf der Strecke zum Stehen kam.
Bei weiteren Tests werden die Entwickler das gesamte Sicherheitssystem noch auf einer anderen lokalen Strecke ausprobieren. Nach Vorstellung des Unternehmens AŽD Praha soll der selbstfahrende Zug binnen drei Jahren auf die Zwetschgenbahn zurückkehren. Und er soll dann auf einigen regionalen Strecken auch Fahrgäste transportieren. Bis dahin müsse aber noch einiges investiert werden, weiß Chrdle:
„Die Ausstattung eines Zuges mit diesem modernen System ist finanziell wie auch technisch sehr anspruchsvoll.“
Geplant ist, dass zu Beginn eines möglichen Linienverkehrs höchstens zwei selbstfahrende Züge eingesetzt werden. Und zur Absicherung wird zunächst auch ein Lokführer im Steuerraum sitzen.