Familien vor der Wahl

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Familienpolitik - so etwas gab es im postkommunistischen Tschechien noch nicht. Das sagte mir unlängst in einem Interview nicht etwa ein enttäuschtes Elternpaar, sondern - nota bene - die Leiterin des familienpolitischen Ressorts im tschechischen Arbeitsministerium. Die jetzige Regierung sowie alle ihre Vorgänger seit der politischen Wende hätten in diesem Punkt schlichtweg versagt, meint sie. Das Resultat: viel zu wenig Teilzeitarbeit, fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren, mangelhafte finanzielle Unterstützung von Familien.

Familienpolitik - so etwas gab es im postkommunistischen Tschechien noch nicht. Das sagte mir unlängst in einem Interview nicht etwa ein enttäuschtes Elternpaar, sondern - nota bene - die Leiterin des familienpolitischen Ressorts im tschechischen Arbeitsministerium. Die jetzige Regierung sowie alle ihre Vorgänger seit der politischen Wende hätten in diesem Punkt schlichtweg versagt, meint sie. Das Resultat: viel zu wenig Teilzeitarbeit, fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren, mangelhafte finanzielle Unterstützung von Familien. Heute, etwa drei Monate nach dem Gespräch, stellt sich die Lage freilich ganz anders dar - von außen betrachtet jedenfalls. Die im Juni bevorstehenden Parlamentswahlen haben die Familienpolitik mit einem Schlag in den Mittelpunkt rücken lassen. Statt stiefmütterlicher Behandlung plötzlich ungewohnte Zuwendung. Am spektakulärsten in diesem Zusammenhang ist der Vorschlag der mitregierenden Christdemokraten, das Erziehungsgeld von bislang 3.700 Kronen (etwa 120 Euro) auf das Doppelte zu erhöhen. Ein Anliegen, dass jetzt, vor den Wahlen, auch die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) unterstützt, die sonst regelmäßig Kritik übt an den sozialstaatlichen Anliegen der Regierung und vor allem an den damit verbundenen Ausgaben. Diesmal kam die Kritik jedoch von anderer Seite: der sozialdemokratische Finanzminister Bohuslav Sobotka bezeichnete den Vorschlag des christdemokratischen Koalitionspartners als untragbare Belastung für den Staatshaushalt. Unter dem Strich also: Wahlkampf as usual und von einem systematischen Lösungsansatz für die Familienpolitik, wie ihn Kritiker seit Jahren fordern, vermutlich meilenweit entfernt. Vielmehr sieht die angekündigte Erhöhung des Erziehungsgeldes, sollte sie tatsächlich in die Tat umgesetzt werden, erneut wie eine punktuelle Maßnahme aus. Die Politiker täten gut daran, sich die Devise - "Nach der Wahl ist gleich vor der Wahl" zu Herzen zu nehmen und sich nach dem Wahlkampf ernsthaft um eine effektivere Familienpolitik zu bemühen.