Ferenc – eine szenische Lesung von Autorin Milena Oda in Dresden
Derzeit laufen die 15. Deutsch-Tschechischen Kulturtage in Dresden und in Ústí nad Labem / Aussig. Noch bis zum 10. November können Interessierte aus einem reichhaltigen Programm aus Ausstellungen, Theaterstücken und Lesungen auswählen. Eine der Veranstaltungen ist eine szenische Lesung im Dresdner Societaethstheater. Am Mittwochabend werden ein deutscher und ein tschechischer Schauspieler das Stück „Ferenc“ aufführen. Die Autorin und Regisseurin des Stückes, Milena Oda, erklärt im Interview, worum es geht.
„Die Erzählung dreht sich um einen Schuhmacher, der in eine Schusterfamilie hineingeboren wird und dort aufwächst. Schon seit der Kindheit beschäftigt er sich mit Schuhen, muss sie reparieren - und für ihn gibt es auch nichts anderes. Seine Eltern tyrannisieren ihn derart bösartig, dass er dagegen ankämpft. Es gibt niemanden, der ihn liebt, und so bleibt ihm nur die Liebe zu sich selbst. So entdeckt er auch seine Liebe zu den Schuhen. Dadurch erhält sein Leben aber einen tragischen Verlauf: ausgehend von jener Liebe, über Krankheiten, bis in den absoluten Wahnsinn. Das Stück endet in einer Liebe bis zur Obsession.“
Ferenc wird als szenische Lesung aufgeführt. Was genau ist eine szenische Lesung, und wie wird das ablaufen?„Bei einer szenischen Lesung wird das ganze Stück vorgelesen, aber zugleich erhalten Schauspieler Raum zum Spielen. Deswegen habe ich professionelle Darsteller angesprochen, die mithilfe von Gestik und Mimik dem Text einen emotionalen Ausdruck verleihen. Wir werden also nicht nur hinter dem Tisch sitzen und vorlesen. Ich will damit dem Publikum auch die Stimmungen aus dem Stück anschaulich vermitteln. Zusätzlich wird Musik zur Betonung eingesetzt. Die hat Ondřej Anděra von der Band ‚WWW’ extra für das Theaterstück komponiert.“
Werden die Schauspieler spontan agieren, oder habt ihr ein Drehbuch?„Es gibt bestimmte Regieanweisungen, jedoch lasse ich dem Schauspieler auch einen gewissen Freiraum. Mir gefällt bei dieser Art Improvisation, dass plötzlich neue Gefühle entstehen und vielschichtige Interpretationen zulassen. Darin liegt die Stärke des Theaterstücks, aus meiner Erfahrung. Ich habe nach einigen Aufführungen festgestellt, dass diese Spontaneität eine viele größere Wirkung erzielt, als das, was vorab eingespielt wird.“
Die Aufführung ist ja eine deutsch-tschechische Koproduktion. Worin äußert sich das? Besteht das Ensemble aus deutschen und tschechischen Schauspielern, oder werden beide Sprachen gesprochen?
„Ich habe einen tschechischen Schauspieler engagiert, Jakub Gottwald, und Wolfgang Boos, einen deutschen vom Societaetstheater aus Dresden. Beide sitzen oder stehen auf der Bühne. Sie werden nicht parallel lesen, sondern das Wichtigste aus beiden Sprachen frei nach Empfindung vortragen. Bei der Aufführung in Dresden wird die deutsche Sprache stärker hervorgehoben. Der tschechische Text tritt dann etwas in den Hintergrund, jedoch nicht soweit, dass das tschechischsprachige Publikum den roten Faden verliert. Mir gefällt die Kombination aus beiden Sprachen, denn Tschechisch ist eher lyrisch und Deutsch poetisch, aber auch härter in der Betonung. Es ist eine wunderbares Zusammenspiel, und ich bin sehr gespannt auf meine erste Aufführung in Deutschland.“