Film, Literatur und Design in Linz, Graz und Salzburg
Das Tschechische Zentrum in Wien plant in den folgenden Wochen nicht nur Veranstaltungen in der österreichischen Hauptstadt selbst. In Linz, Graz und Salzburg sind diesmal sogar die größeren Aktionen vorgesehen. Dazu nun alles Weitere im Gespräch mit dem Leiter des Wiener Tschechischen Zentrums, Martin Krafl.
„Das Festival Crossing Europe verschreibt sich seit 2004 jedes Jahr im April programmatisch dem eigenwilligen, zeitgenössischen und gesellschaftspolitischen Autorenkino aus Europa. An sechs Festivaltagen bietet Crossing Europe seinen internationalen Film- und Pressegästen und Vertreterinnen und Vertretern der Filmbranche sowie dem heimischen Kinopublikum in rund 140 Programmplätzen herausragende, handverlesene Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme.“
Der tschechische Beitrag zum Festival stammt von der Dokumentarfilmregisseurin Helena Třeštíková. Was wird von ihr in Linz zu sehen sein?„Wir werden den Film ‚Vojta Lavička – Ups and Downs‘ zeigen. Helena Třeštíková ist eine international ausgezeichnete Regisseurin und für ihre Langzeitbeobachtungen bekannt. Sie hat bisher über 50 Dokumentarfilme mit meist sozialpolitischen Themen gedreht. Protagonist ihres aktuellen Streifens ist der hochbegabte Violinist Vojta Lavička – Musiker der gefeierten tschechischen Band Gipsy.cz und Kämpfer für die Rechte des Volkes der Roma. Třeštíková hat ihn 16 Jahre lang mit der Kamera begleitet. Die daraus entstandene vielschichtige Dokumentation zeigt die Höhen und Tiefen von Lavičkas Engagement und beleuchtet die Situation der Roma in Tschechien. Auch die Produzentin des Films wird im Übrigen nach Linz kommen.“
Anfang Mai dann Salzburg: In der Mozartstadt begeben wir uns aber nicht ins Festspiel-, sondern ins Literaturhaus. Dort findet eine dreitägige Veranstaltung statt mit jeder Menge tschechischer Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Wer wird denn dort zu sehen und zu hören sein?„Das Festival ‚Europa der Muttersprachen‘ bietet vom 7. bis 9. Mai in Salzburg Literatur, Film. Kunst und Musik aus einem europäischen Land, einer europäischen Sprache an. An drei Abenden werden europäische Geschichte und Geschichten thematisiert, weil Europa nicht aus Vaterländern, sondern aus Muttersprachen besteht. Der diesjährige Schwerpunkt ist - auf Initiative des Tschechischen Zentrums in Wien – eben die Tschechische Republik. Das entsprechende dreitägige Literaturfestival umfasst jeden Tag ein eigenes Thema: von ‚Schatten der Vergangenheit‘ mit dem Film ‚Alois Nebel‘ und Werken von Radka Denemarková und Jáchym Topol, über ‚Erkundungen der Welt‘ mit der Hrabal-Verfilmung ‚Ich habe den englischen König bedient‘ und den Autorinnen Markéta Pilátová und Petra Hůlová, bis zu ‚Wunderkammer des Lebens‘ mit dem Film ‚Liebe nach Fahrplan‘ und den Autoren Jaroslav Rudiš und Emil Hakl. Am letzten Abend wird das Festival mit einer Party von DJ Kaiser vom Berliner Klub Marta zum Zuhören und Tanzen musikalisch beendet. Der Klub Marta, benannt nach der tschechischen Popmusikikone Marta Kubišová, macht in Berlin auch auf Musik aus Tschechien, Polen, der Slowakei und der DDR aufmerksam. Zum Repertoire gehört alles Tanzbare aus den 1960er und 1970er Jahren. Außerdem werden im Literaturhaus Salzburg noch zwei Ausstellungen gezeigt: Franz Kafka in Comics anlässlich seines 90. Todestages und Bohumil Hrabal in Fotografien von Ladislav Michálek anlässlich des 100. Geburtstages.“
Zu den Lesungen gehören ja auch Gespräche mit den Autoren. Wird es da eher um deren Werke gehen oder um die jeweiligen Themen des Tages?„Die Idee ist, dass die Autoren eigentlich ihre eigenen Werke vorstellen, aber sich dann im Gespräch mit der österreichischen Übersetzerin und Kulturhistorikerin Dr. Christa Rothmeier auch zum Thema äußern. Dazu kann ich noch sagen, dass Markéta Pilátová, die ich erwähnt habe, zwar nicht vor Ort sondern in Brasilien sein wird - aber wir werden mit ihr per Skype sprechen.“
Last but not least ist der Mai in Graz der Designmonat. Mitte Mai starten dabei zwei Aktionen mit tschechischer Beteiligung. Einmal wird junges tschechisches Design gezeigt, zudem haben sich Produktdesigners aus Österreichs Nachbarland sozusagen über Papier hergemacht. Vielleicht können Sie das ausführen…
„Gerne, denn wir sind sehr stolz darauf, dass tschechisches Design im Rahmen des Designmonats in Graz präsentiert wird. Es ist nämlich das allererste Mal. Wir werden, wie Sie gesagt haben, zwei Beiträge anbieten. Am Nachmittag des 14. Mai findet ein Workshop der Firma Papelote statt. Dahinter verbirgt sich eine neue Papierwarenmarke, bei der Papier nicht nur Unterlage zum Schreiben, sondern auch ein Material voller Geschmack, Duft, Geräusch und Farbe ist. Papelote ist in Prag zu Hause, wo 2010 auch die erste Werkstatt mit Geschäft eröffnet wurde. Und 2012 wurde Papelote von der Akademie des Czech Grand Designs mit dem ersten Preis in der Kategorie ‚Geschäft des Jahres‘ ausgezeichnet. In Graz wird Papelote einen Workshop gestalten mit dem zentralen Thema ‚Briefe‘. Der Brief ist eine Reise nach außen, zu einer anderen Person, manchmal aber auch nach innen, ins eigenen Innere. Obwohl Briefe immer seltener verschickt werden, haben sie ihren unersetzlichen Wert bewahrt. Sie verbergen Geheimnisse, rufen Erinnerungen wach und bringen ein Stück des Ortes mit, von dem sie uns zugesandt worden sind. Ich finde das sehr spannend, und wir hoffen, dass die Besucher des Workshops im Letterpress Graz auch begeistert sein werden. Und der zweite Beitrag ist eine Ausstellung im Design-Forum Steiermark. Diese Ausstellung zeigt unter dem Titel ‚New Go(o)ds‘ junges tschechisches Design aus dem Wettbewerb um den nationalen Preis um studentisches Design. Im vergangenen Jahr nahmen 212 Designerinnen und Designer mit 217 Arbeiten von 14 Universitäten und 16 Colleges sowie Fachmittelschulen teil. In Graz werden ausgezeichnete und weitere ausgewählte Arbeiten des Jahres 2013 sowie einige Sieger-Arbeiten der vorangegangenen Jahrgänge des Wettbewerbs gezeigt. Einige von ihnen haben es nicht nur in die Produktpalette von Firmen geschafft, sondern werden auch weltweit exportiert – zum Beispiel der Sessel Koxy, das Stadtmobiliar Sinus oder der Schuh Botas Classic. Die Ausstellung in Graz wird vom 15. Mai bis 22. Juni zu sehen sein.“