Film zur Geschichte des DFC Prag begeistert Besucher bei Premiere

Der wiedergegründete Fußballverein DFC Prag ist vor wenigen Monaten 125 Jahre alt geworden. 1903 stand er im ersten Finale um die deutsche Meisterschaft. Nun ist die Geschichte des böhmischen Traditionsclubs verfilmt worden.

Kino Atlas | Foto: Eva Dvořáková,  Tschechischer Rundfunk

Eigentlich sollte der Film schon am 28. Mai zum Jubiläum des Fußballvereins laufen. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Vorführung jedoch auf den Herbst verschoben. Die Regisseure Ondřej Kavan und Martin Vaško haben rund anderthalb Jahre lang in mühevoller Kleinarbeit den Streifen „DFC – die Legende kehrt zurück“ gedreht. Die Premiere fand am 14. Oktober im Prager Kino Atlas statt. Zu den Gästen gehörte auch der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius. Er würdigte anschließend das Filmwerk:

„Wenn man erfährt, dass im DFC Prag bei seiner Gründung jüdische, tschechische, deutsche und vielleicht noch ganz andere Spieler mitgekickt haben und die Frage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe überhaupt keine Rolle gespielt hat, dann ist das genau die vermittelnde Rolle, die der DFC Prag vor nunmehr 125 Jahren eingenommen hat.“

Andreas Künne | Foto: Deutsche Botschaft Prag

Auch der deutsche Botschafter in Tschechien, Andreas Künne, war sehr angetan von dem 80-Minuten-Streifen. Insbesondere aber von einer Szene mit einem jungen Spieler des heutigen DFC-Nachwuchses. Dieser wusste nämlich auf die Frage „Bist du Deutscher oder Tscheche?“ nicht zu antworten. Genau diese Reaktion, sich nicht mehr allein einer Nation zugehörig zu fühlen, habe ihn fast zu Tränen gerührt, so Künne. Nicht minder begeistert von dem Film zeigte sich der Fußballhistoriker Ludvík Král:

„Der Film ist großartig. Er hat Substanz, Esprit, Pep, und er ist nicht nur auf den sportlichen Aspekt beschränkt. Verblüffend sind vor allem die Aussagen der Kinder und Jugendlichen, die heute für den DFC spielen, in Bezug auf Tschechien und Deutschland. Nicht wenige sprechen die Sprachen beider Länder, und das freut mich sehr. Denn wie wir wissen, sind viele gute Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen zwischen 1939 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Bruch gegangen. Jetzt aber entstehen neue Bande.“

Auswahl des DFC Prag aus den 1930er Jahren | Foto: DFC: Die Legende kehrt zurück

Auch Regisseur Kavan wollte dokumentieren, dass es in der Geschichte viele Momente gegeben hat, in denen sich Tschechen und Deutsche gegenseitig geholfen haben. Aus der tschechischen Sportgeschichte ist bekannt, dass schon Ende des 19. Jahrhunderts die zwei großen Fußballvereine Slavia Prag und Sparta Prag gegründet wurden. Der DFC Prag aber wurde in diesem Zusammenhang oft vergessen. Genauso wie ein ehemaliger Spieler des Clubs, der zwei in Not geratenen Tschechen helfen wollte. Ondřej Kavan:

„Ich wollte zeigen, dass auf der Letná-Höhe einst nicht nur zwei Fußballclubs ihre Heimstätte hatten, sondern drei. Ich wollte auch zeigen, dass damals in der bekannten Geschichte aus dem Riesengebirge über die tschechischen Skiläufer Bohumil Hanč und Václav Vrbata ebenfalls eine dritte Person im Spiel war. Es war Emmerich Rath, ein Prager Deutscher, der sportlich sehr aktiv und begabt war und unter anderem für den DFC spielte. Und es war Rath, der den im Schneegestöber verschollenen Hanč fast noch retten konnte. Das ist jedoch leider in Vergessenheit geraten. Es gab also die zwei Prager Traditionsvereine Slavia und Sparta und den deutsch-jüdischen DFC sowie die zwei tschechischen Helden und einen Dritten im Bunde mit deutschen Wurzeln. Das wollte ich aufdecken, weil ich der Meinung bin: Es gehört zum nationalen Erwachsensein, die eigene Geschichte zu kennen und sie anzuerkennen mit allem, was dazu gehört.“

Foto: Archiv von Ondřej Kavan

Regisseur Ondřej Kavan hat die Handlung seines Films in acht Kapitel aufgeteilt. Die Vorlage dazu schuf ein Fußballergebnis, das die Fans der heutigen Generation aufhorchen lässt. Der Autor verknüpft damit auch seine Lieblingsszene:

„Es ist die Szene am Ende des Films, die Farben wie in der Karibik hat, aber auf der Letná-Anhöhe spielt. Da wird in München angerufen und beim FC Bayern nachgefragt, ob dieser stolze Verein nicht eine Revanche haben will für seine 0:8-Niederlage aus dem Jahr 1900 gegen den DFC Prag.“

Bis der neue DFC, der zurzeit nur im Nachwuchsbereich präsent ist, soweit ist, wieder eine erste Männermannschaft zu stellen, werden aber wohl noch etliche Jahre vergehen. Für den Vorstandsvorsitzenden des 2016 wiedergegründeten DFC Prag, Jan Kašpárek, aber zählt vor allem, dass dieser Traditionsverein wieder lebt. Das offenbarte er nach der Filmpremiere:

„Ich muss zunächst sagen, dass ich nicht wusste, was ich von diesem Film erwarten soll. Nachdem ich ihn gesehen habe, muss ich unterstreichen: Ich bin echt stolz, dass ich bei der Neugründung des DFC dabei sein konnte.“

Entstanden ist der Film durch ein Projekt der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort: