Finanzierung für Kleinunternehmen und nachhaltige Landwirtschaft: Tschechische Hilfe in Sambia
Hohe Arbeitslosigkeit, große Probleme mit Mangelernährung, eine rückständige Infrastruktur: Sambia gehört zu den am geringsten entwickelten Ländern der Welt. Über 50 Prozent der Bewohner haben weniger als zwei US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Und im vergangenen Jahr belegte das südafrikanische Land Rang 108 von insgesamt 121 auf dem Welthunger-Index. Sambia ist das sechste Schwerpunktland des tschechischen Außenministeriums bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.
Esther ist in Sambia geboren. Ihre Eltern stammen aber aus der Demokratischen Republik Kongo und sind vor den dortigen Kriegswirren geflohen. Obwohl die Familie nun in Sicherheit ist, haben sie als Geflüchtete jedoch nur beschränkten Zugang zum Bildungssystem und zum Arbeitsmarkt in Sambia. Darum versuchen Menschen wie Esther, ihren Lebensunterhalt als eigenständige Kleinunternehmer zu verdienen.
Ohne die nötige Ausbildung oder finanzielle Unterstützung ist dies aber schwierig. Esther konnte dank der tschechischen Caritas einen sechsmonatigen Kurs belegen und den Schneiderberuf erlernen. Von der dazugehörigen Finanzhilfe hat die 19-Jährige eine Nähmaschine und Stoffe angeschafft…
„Dies ist mein Geschäft, und hier verkaufe ich Stoffe und nähe modische Kleider. Außerdem biete ich Plastikbecher und Sandalen an. Ich nähe gern Kleider für Frauen, das macht mir am meisten Spaß. Pro Woche habe ich etwa sieben Kunden. Das ist ein gutes Geschäft.“
Auch ihre Eltern hätten einen eigenen Laden, berichtet Esther weiter. Von den insgesamt sieben Kindern sei sie die Drittälteste. Und für ihre Zukunft habe sie einen Wunsch:
„Später würde ich gern Management an der Universität studieren. Diese Chance besteht. Aber für ein Studium muss man bezahlen. Im Moment habe ich das Geld nicht, darum versuche ich es, mit meinem Laden zu verdienen.“
Menschen in Armut und auch Geflüchteten hilft oft nur ein geringer Finanzzuschuss, damit sie ihr eigenes Geschäft aufbauen und sich damit ein eigenes Einkommen sichern können. Dies zeigt auch die Geschichte von Deodone. Mit seiner Frau und ihren sechs Kindern ist er ebenfalls als Kriegsflüchtling aus dem Kongo nach Sambia gekommen. Dort lebt die Familie in der Mantapala-Flüchtlingssiedlung des UNHCR. Trotz seines schweren Schicksals lächelt Deodone die meiste Zeit. Während er spricht, formt er Teigkugeln…
„Der UNHCR arbeitet mit Organisationen zusammen wie der tschechischen Caritas. Sie helfen uns dabei, einen Lebensunterhalt zu haben. Außerdem unterstützen sie mich, damit ich mich um meine Familie kümmern kann – denn sie ist sehr groß, wir sind acht Personen. Um sie zu ernähren, backe und verkaufe ich Brot. Das Geld, um als Unternehmer zu beginnen, habe ich von der Caritas erhalten.“
Das Blech mit den kleinen Teigkugeln schiebt Deodone in einen freistehenden Lehmofen, der mit Holzscheiten geheizt wird. Der Familienvater verkauft aber nicht nur frisches Weißbrot an einem kleinen provisorischen Stand, sondern verdient sich auch noch Geld als Schneider hinzu. Er näht Sakkos für die Bewohner in der Flüchtlingssiedlung. Weiter erzählt er:
„Unser Überleben in Mantapala können wir nicht aus eigener Kraft sichern, wir bekommen Hilfe. Dabei geht es aber nicht darum, uns mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Die Caritas hat uns vielmehr beigebracht, unseren Kopf zu benutzen. Dadurch können wir für unseren Lebensunterhalt in Zukunft noch besser selbst sorgen.“
Schwerpunkt Westprovinz
Angesichts der Armut in Sambia gibt es viele Ansatzpunkte für die internationale Entwicklungshilfe. Pavel Procházka ist der tschechische Botschafter vor Ort:
„Wir können natürlich nicht alles leisten, denn unsere Mittel und Kräfte sind begrenzt. Darum konzentrieren wir uns bei der Zusammenarbeit auf die Westprovinz. Wir haben zwar auch Projekte in anderen Gebieten, etwa der Südprovinz oder auch in Copperbelt und Lusaka. Der Hauptteil unserer Arbeit bezieht sich aber auf den Westen. Allerdings können wir auch dort nicht alle Bereiche abdecken, die empfohlen werden. Und so engagieren wir uns in der Landwirtschaft, bei der Förderung ländlicher Gegenden und teilweise auch im Gesundheitsbereich.“
Finanzielle Eigenständigkeit vor allem von Menschen auf dem Land – das ist eines der Hauptziele der tschechischen Caritas bei ihrem Engagement in Sambia. Noemi Seregi koordiniert die bilaterale Zusammenarbeit:
„Im Moment laufen sechs Projekte, und weitere sind in Vorbereitung. Aktuell sind wir in zwei Bereichen aktiv: ökonomische Selbsthilfe sowie soziale Dienstleistungen zum einen und Bildung zum zweiten. Bezüglich der ökonomischen Selbsthilfe konzentrieren wir uns auf die Landwirtschaft, den Aufbau von Kleinunternehmen und Wertschöpfungsketten, auf Bildungsangebote sowie auf den Zugang zu lokalen Märkten und zu Finanzdiensten. Im Bildungsbereich arbeiten wir sowohl bei der Grundschulbildung mit, als auch bei der weiterführenden oder universitären Ausbildung.“
Gerichtet sei die Hilfe an die am stärksten gefährdeten Personengruppen, ergänzt Seregi. Dies seien sowohl Geflüchtete, die in Auffanglagern oder auch in der Hauptstadt Lusaka leben, als auch einheimische Menschen, die von Armut betroffen sind.
Hilfe für 40.000 Kleinbauern
Seit zehn Jahren ist die tschechische Caritas in Sambia aktiv. Begonnen habe alles mit einem Projekt zur Gesundheitsversorgung von Müttern und ihren Kindern, erinnert sich Seregi. Seitdem sei viel passiert:
„Allein im vergangenen Jahr haben wir 13 Projekte betreut und unsere Arbeit in vier weitere Provinzen Sambias ausgeweitet, wozu auch die Hauptstadt gehört. Unser Büro ist nun auch in Lusaka und nicht mehr in der Westprovinz, wo wir begonnen haben. Seit 2014 sind wir ein Partner des UNHCR bei dessen Existenzgrundlagenprogramm, was eine sehr wichtige Position ist. Von 2019 bis 2022 waren wir außerdem Partner im UN-Welternährungsprogramm. Zudem arbeiten wir mit weiteren wichtigen Geldgebern zusammen, so etwa mit dem tschechischen Außenministerium, der Tschechischen Entwicklungsagentur, der US-Botschaft in Lusaka und verschiedenen NGOs.“
Mit ihrer Arbeit würde die Caritas das Leben von mehreren Hunderttausend Menschen beeinflussen, bilanziert die Koordinatorin. So habe es 2022 etwa ein Projekt gegeben, mit dem allein bis zu 40.000 Kleinbauern geholfen worden sei.
Einer dieser Landwirte ist Alex, der in dem Dorf Semawe direkt neben der Flüchtlingssiedlung Mantapala lebt. Der Ehemann und Vater von drei Kindern übernahm die Rolle eines sogenannten leitenden Bauern. Dieser ist ein Ansprechpartner für die anderen Dorfbewohner. Alex besucht sowohl Einheimische als auch aus dem Kongo Hinzugezogene auf ihren Feldern. Dort gibt er ihnen Anleitungen für die Aussaat, das Bewässern oder auch die Nutzung von Düngern und Insektiziden…
„Es macht mich glücklich, wenn ich zur Gesundheit unserer Gemeinde beitragen kann. Indem wir verschiedene Gemüsesorten anbauen, ernähren wir uns auch vielseitig. Alle Menschen in unseren Dörfern sehen nun gesünder aus. Denn wenn man immer nur die gleichen Lebensmittel isst, kann es zu Mangelernährung kommen.“
Um etwas gegen die verbreitete Mangelernährung zu tun, hat die tschechische Caritas eine Setzlingschule aufgebaut. Sie liegt mittlerweile in der Verantwortung der leitenden Bauern. Auch er könne damit für mehr Nachhaltigkeit auf den umliegenden Feldern sorgen, sagt Alex:
„Die Setzlingschule wird mein Leben verändern, weil ich die jungen Tomaten-, Kohl- oder Zwiebelpflanzen verkaufen kann. In Mantapala ist dies eine Neuheit. Bisher gibt es hier noch niemanden, der Setzlinge züchtet. Ich danke der Caritas, dass sie die Schule ermöglicht hat und unsere Gemeinden unterstützt.“
Es sei harte Arbeit, die die Caritas in seinem Land leisten würde, fügt Alex anerkennend an. Geschichten wie seine könnten als Beleg dafür gelten, dass die internationale Zusammenarbeit Sinn habe, betont Irena Menšíková. Sie ist bei der tschechischen Caritas als Redakteurin für Auslandsthemen zuständig und hat bei einem Sambia-Besuch vor kurzem die Gespräche mit Alex, Esther und Deodone auf Video aufgezeichnet:
„Wir unterstützen nicht nur Einzelpersonen. Unsere Hilfe ist systematisch und setzt dort an, wo Bedarf ist. Mit unseren Projekten führen wir eine langjährige Arbeit fort, die die wichtigsten Bedürfnisse berücksichtigt. Natürlich gibt es die persönlichen Geschichten der Menschen in den Dörfern. Aber wir richten unsere Arbeit auf die ganze Gemeinde ab, und dies in jenen Gebieten, in denen dies am nötigsten ist.“
Es sei gerade der guten Arbeit von Organisationen wie etwa der Caritas zu verdanken, dass Sambia 2018 zu einem der sechs Programmländer in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit des tschechischen Außenministeriums erklärt worden ist, betont Botschafter Pavel Procházka. Darüber hinaus sehe er in dem Land ein großes Potential für wirtschaftliche Aktivitäten, so der Diplomat:
„Wir bemühen uns, das Land immer attraktiver für tschechische Unternehmer zu machen. Dies zeigt langsam Erfolge. Immer mehr Firmen erkunden vor Ort, ob es dort Geschäftsmöglichkeiten für sie gibt. Wir hoffen daher, in naher Zukunft die ersten tschechischen Investitionen in Sambia verkünden zu können.“
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