Finanzminister Alois Rašín: Vor 85 Jahren an den Folgen eines Attentats gestorben
Wiederholt inhaftiert, einmal sogar zum Tode verurteilt, jedes Mal freigesprochen, und doch hat ihn ein Gewalttod ereilt: Heute genau vor 85 Jahren ist der bedeutende Ökonom der Vorkriegstschechoslowakei, Finanzminister Alois Rašín, an Folgen eines Attentats verstorben.
Der 1867 geborene Alois Rašín engagierte sich schon während seines Studiums politisch. Anfang der 1890er Jahre, damals schon als Juradoktor, schloss er sich der Studentenbewegung Omladina an, die drängende nationale, ökonomische und soziale Probleme radikal lösen wollte. Als einer ihrer Anführer wurde Rašín 1894 zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt, der ihm jedoch durch eine Amnestie um einige Monate verkürzt wurde. Allmählich verließ er seine radikalen Positionen und suchte nach anderen Formen des politischen Kampfes.
Anfang des 20. Jahrhunderts fand Rašín den Weg zu einer Gruppe um Karel Kramář in der politischen Partei der so genannten „Jungtschechen“ (Mladočeši).
„Diese Partei war die Hauptrepräsentantin des tschechischen Liberalismus und Nationalismus. 1907 stellte sich Karel Kramář an ihre Spitze und holte auch Rašín als einen seiner engsten Mitarbeiter zu sich. Seitdem galten sie in der Partei als ein untrennbares Duo,“
sagt Jana Čechurová, Dozentin am Institut für tschechische Geschichte bei der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden beide Politiker 1915 als Aktivisten einer illegalen Widerstandskampfgruppe verhaftet und im Juni 1916 für ihre antiösterreichische Tätigkeit zum Tod durch den Strick verurteilt. Ein Jahr später wurde das Urteil aufgehoben und Rašín kehrte nach seiner Entlassung sofort in die Politik zurück.
Als einer der Hauptorganisatoren war er an der Ausrufung der selbständigen Tschechoslowakei am 28. Oktober 1918 beteiligt. An der Spitze des neuen Staates blieb er auch in den nachfolgenden Jahren: 1918-19 und 1922-23 als Finanzminister. Jana Čechurová:
„Es ist ihm gelungen, die neue tschechische Währung – die Krone – einzuführen, sie von der österreichischen Krone zu trennen und damit auch die Inflation durch seine Währungsreform zu bremsen. Wie diese Währungsreform in der damals unruhigen Zeit durchgeführt wurde, brachte Rašín großen Respekt ein und zeugte von der Stabilität des neuen Staates.“
Allerdings: Während seiner zweiten Amtsperiode als Finanzminister hatte Rašín schon viele Befürworter seiner Finanzpolitik verloren. Er wurde zur Zielscheibe einer immer stärker werdenden Kritik, vor allem aus den Reihen der sozial schwächeren Bevölkerung. Rašín war Verfechter der Deflationspolitik, die auf der sehr starken Krone basierte. Auf das Exportland Tschechoslowakei wirkte sich aber diese Strategie sehr negativ aus und löste eine Anti-Rašín-Atmosphäre aus.
Am 5. Januar 1923 wurde der Finanzminister vor seinem Haus von einem Mann angeschossen, der sich als Anarcho-Kommunist deklarierte. Sechs Wochen später starb Alois Rašín an den Folgen seiner Verletzung.