Finanzminister will sparen: Weniger Geld für gemeinnützige Organisationen?

Das tschechische Regierungskabinett will den Staatshaushalt sanieren. Im Rahmen der Sparbemühungen hat Finanzminister Stanjura nun vorgeschlagen, die Gelder für gemeinnützige Organisationen zu kürzen. Vertreter von NGOs befürchten jedoch, dass damit wichtige Sozialprojekte nicht mehr weitergeführt werden könnten.

Zbyněk Stanjura  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Nach den Vorstellungen von Finanzminister Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten) sollen gemeinnützige Organisationen künftig weniger Geld vom Staat erhalten. Das beträfe auch die Caritas im südmährischen Brno / Brünn. Klára Ondráčková ist dort Schuldenberaterin:

„Im Laufe eines Jahres betreuen wir rund 800 Klienten. Zum Teil haben sie Schulden bei den Energiebetrieben, oder sie haben einen Bescheid vom Gerichtsvollzieher erhalten.“

Diese und weitere Dienste finanziert die Caritas mithilfe von Geldern aus EU-Fonds. Die nötige Kofinanzierung übernimmt bisher der Staat zu großen Teilen oder sogar ganz. Doch Finanzminister Stanjura will die Eigenbeteiligung der Organisationen erhöhen – und zwar nach Region und bisheriger Leistung gestaffelt. Damit will der Finanzminister bis 2030 rund 4,5 Milliarden Kronen (185 Millionen Euro) im Staatshaushalt einsparen.

Für die Caritas in Brünn würde sich nach den bisherigen Plänen dann die Eigenbeteiligung verdoppeln: von fünf auf zehn Prozent. Jana Levová leitet im Brünn die Sozialdienste der Diözesan-Caritas:

„Am meisten finanzieren wir auf diese Weise unsere Dienste für arme Menschen. Diese sind entweder in die Schuldenfalle geraten oder haben kein Dach über dem Kopf und brauchen einfach das Allernötigste. Die Erhöhung der Eigenbeteiligung wäre für uns eine große finanzielle Belastung. Sie könnte bedeuten, dass wir die Dienste für diese Menschen nicht mehr realisieren können.“

In Prag soll die Eigenbeteiligung sogar auf 50 Prozent erhöht werden, wegen der Finanzkraft der tschechischen Hauptstadt.

Jan Kamenický | Foto: Člověk v tísni

„Die Vorstellung, dass die gemeinnützigen Organisationen in Prag so viel selbst finanzieren, ist unrealistisch. Sollte der Vorschlag umgesetzt werden, befürchte ich, dass diese Institutionen keine Gelder mehr beantragen werden“, warnt Jan Kamenický, Finanzleiter von Tschechiens größter Hilfsorganisation, Člověk v tísni (Mensch in Not).

Die Befürchtungen, dass viele Dienste eingestellt werden müssten, teilt man beim Finanzministerium jedoch nicht. Die gemeinnützigen Organisationen sollten mehr Fundraising betreiben, hieß es.

„Es ist erwünscht, dass auch private Geldgeber in die Finanzierung der Projekte eingebunden werden – und eventuell zudem die Kommunen oder Kreise. Die Projekte nutzen ja nicht nur dem Staat als solchem, sondern auch den anderen Teilen des Gemeinwesens.“, sagte Ministeriumssprecherin Gabriela Krušinová in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Kommunen und Kreise unterstützen allerdings schon jetzt gemeinnützige Organisationen. Und der tschechische Bund der Städte und Gemeinden glaubt, dass eine höhere Kofinanzierung auf die Kosten von Investitionsvorhaben gehen werde.

Insgesamt warnen die NGOs, dass der Plan des Finanzministers so nicht aufgehen dürfte:

„Ich denke, dass das Ministerium auf diese Weise nichts einsparen wird. Denn die Folgen, die dadurch entstehen, dass nämlich den Menschen nicht mehr rechtzeitig geholfen wird, werden noch teurer sein“, so Iva Kuchyňková von der Initiative „Za bydlení“, die sich für finanzierbaren Wohnraum in Tschechien einsetzt.

Diese Meinung teilt laut einem Bericht des Nachrichtenportals Novinky.cz auch das Arbeits- und Sozialministerium. Das Regierungskabinett will sich in der zweiten Augusthälfte mit Stanjuras Plänen befassen. Die neuen Regeln zur Kofinanzierung von Projekten gemeinnütziger Organisationen könnten dann ab Oktober bereits gelten.

Autoren: Till Janzer , Patrik Salát
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