Finanzreform: Widerstand von allen Seiten
Sie ist gegenwärtig das zentrale Dauerthema der tschechischen Innenpolitik, und wird das auch vermutlich noch eine Weile bleiben: Die Finanzreform, über die wir auch bei Radio Prag schon mehrfach berichtet haben. Auch heute wollen wir uns diesem Thema widmen. Allerdings nicht hinsichtlich neuer Details in dem umfassenden Maßnahmenpaket, sondern hinsichtlich des ebenso umfassenden Widerstandes, der der Regierung in dieser Sache ins Gesicht bläst. Hören Sie mehr im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:
Die Opposition kämpft gleich an zwei Fronten gegen die Sparpläne des sozialliberalen Kabinetts: Der konservativen Demokratischen Bürgerpartei ODS gehen diese im Sinn einer Senkung des Budgetdefizits nicht weit genug, die Kommunisten wiederum sehen die soziale Sicherheit immer mehr dahinschwinden. Und hin und wieder kann es schon vorkommen, dass sich beide Blickwinkel der Kritik dann auf einer Seite wiederfinden. So etwa bei Martin Riman von der ODS, als er am Dienstag sagte:
"Man kann nicht mit der einen Hand das Defizit erhöhen, und mit der anderen Hand ein paar Tage später einige Milliarden im Budget streichen, die Steuern erhöhen und einige Gesetze verschärfen, die alle Menschen betreffen."
Wenn Riman allerdings hier von einer Erhöhung des Defizits spricht, dann er meint er nicht die Haushaltspolitik für die kommenden Jahre, die ja eine Senkung vorsieht, sondern eine Korrektur für das laufende Jahr: Der Staat musste ja erst vor kurzem aufgrund der Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichtes mehr als 10 Milliarden Kronen an die amerikanische Gesellschaft CME überweisen. Milliarden, die diese Gesellschaft dereinst in den Privatfernsehsender NOVA investiert hatte, der sich dann ohne Entschädigung von seinen Geldgebern verabschiedete.
Die Regierung hat also durchaus auch mit Altlasten zu kämpfen. Doch auch neue Maßnahmen erregen Unmut, und zwar nicht nur auf den Oppositionsbänken im Parlament, sondern auch bei den Gewerkschaften, die ihren Protest bereits mehrfach auf die Straße verlagert haben. Den Kommunisten kann das recht sein: Sie befänden sich mit den Gewerkschaften in einem Boot, wie sie gerne betonen.
Und selbst in den eigenen Reihen sind nicht alle mit allem einverstanden. So hat sich etwa am Dienstag der sozialdemokratische Abgeordneter Vladimir Lastuvka kritisch zu dem Sparpaket geäußert. Er werde die Hand nicht für die Reform heben, wenn nicht Lehrer und Ärzte in den nächsten Jahren mit ebenso großzügigen Gehaltserhöhungen rechnen könnten, wie kürzlich erst die Polizisten. Und dabei ging es - Radio Prag hat berichtet - ja immerhin um einen Lohnzuwachs von über 30 Prozent.
Einigkeit in den eigenen Reihen ist aber bekanntlich das mindeste, was das gegenwärtige tschechische Kabinett herstellen muss. Denn bei der Parlamentsmehrheit von 101 zu 99 Abgeordneten reicht eine nicht gehobene Hand, um eventuell eine Regierungskrise auszulösen. Doch noch ist es nicht so weit. Und wirkliche Gegenvorschläge zu den Regierungsplänen wurden von der Opposition bisher nur angekündigt - eingebracht jedoch nicht.