Fingerabdrücke und Abhörgeräte: Affäre Škárka spitzt sich zu
Jeden Monat eine neue Affäre, das ist die bisherige Bilanz der Regierungskoalition seit vergangenem Herbst. Seit ein paar Tagen dreht sich alles um den kleinsten Koalitionspartner, die Partei der öffentlichen Angelegenheiten. Die Affäre um den mittlerweile ehemaligen geschäftsführenden Vizeparteichef Jaroslav Škárka, über die wir bereits berichtet haben, hat sich ausgeweitet. Dabei sind neue Hinweise auf Bespitzelungen von Politikern aufgetaucht, die der erste Vizechef der Partei, Verkehrsminister Vít Bárta, angeordnet haben soll.
Noch am Dienstagabend wurde Jaroslav Škárka im Eilverfahren aus Partei und Fraktion ausgeschlossen. Am Mittwoch wandte sich der nun ehemalige geschäftsführende Parteivize dann an die Polizei. Und da ging es nicht mehr „nur“ um Korruption, sondern auch um die Bespitzelung von Politikern im ersten Prager Stadtbezirk in den vergangenen fünf Jahren. Die Abhöraktionen soll Vít Bárta angeordnet und über seine damalige Sicherheitsagentur ABL und Parteimitglieder durchgeführt haben:
„Ich habe der Polizei folgende Beweismittel übergeben: zum einen den Briefumschlag von Herrn Bárta mit den 170.000 Kronen, die ich von ihm erhalten habe. Zudem Verträge, Vorrichtungen zur Bespitzelung von Politikern im ersten Prager Bezirk, Berichte und Ähnliches“, erläuterte Škárka.Und die Reaktion von Vít Bárta? Am Mittwochabend konterte der Vize-Parteichef in einer emotionalen Verteidigungsrede vor seinem Haus - von den Fernsehkameras live übertragen:
„Ich lehne kategorisch ab, dass ich von Jaroslav Škárka irgendeinen Gegendienst oder Loyalität erkauft habe. Jaroslav Škárka hat bei einer Besprechung vor zwei Wochen im Verkehrsministerium während einer Diskussion über seine politische Erklärung seine politischen, privaten und finanziellen Probleme erwähnt, und das vor einem weiteren Anwesenden. In einem nachfolgenden Vieraugengespräch habe ich Herrn Škárka meine helfende Hand angeboten.“
Ein Freundschaftsdienst also, und der sei nun zur Diskreditierung seiner, also Bártas Person sowie der Partei missbraucht worden. Die Bespitzelungsvorwürfe erwähnte Vít Bárta am Mittwochabend indes nicht. Erst im März waren der Verkehrsminister und seine Partei mit einem blauen Auge in einem ähnlichen Fall davon gekommen. Beim Abhören von Politikern im Prager Stadtteil 11 erkannte die Polizei jedoch keinen Straftatbestand erfüllt und legte den Fall zu den Akten.
Mittlerweile sieht es aber nicht mehr nur nach einem politischen Flurschaden aus. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben den Rücktritt von Bárta gefordert. Selbst die Koalitionspartner sind schwer beunruhigt:
„Da die Dinge wie in einer Fernsehserie nach und nach ans Licht kommen, sollte die Fraktion der Partei der öffentlichen Angelegenheiten einen klaren Standpunkt einnehmen. Sie sollte uns Koalitionspartnern sagen, wie sie die Dinge sieht und das gegebenenfalls begründen“, so der bürgerdemokratische Fraktionsvorsitzende Petr Gazdík.Die Bürgerdemokraten und die Partei Top 09 fordern bis spätestens Freitag eine Erklärung. Und angeblich basteln sie sogar schon an Plänen für eine Regierung ohne Vít Bárta, wie die Zeitung Lidové noviny am Donnerstag berichtete. Ein Fragezeichen steht aber auch hinter Škárkas Verhalten: Unklar ist, warum er seine Vorwürfe an Bárta zwischenzeitlich dementiert hatte, bevor er zur Polizei ging.