Flughafen Prag-Ruzyne sieht rosigen Zeiten entgegen
In unserem letzten Wirtschaftsmagazin haben wir Sie darüber informiert, wie dürftig und bescheiden sich in Tschechien der Transport auf dem flüssigen Medium Wasser präsentiert. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass zum Beispiel der Flusslauf der Elbe ein sehr langsamer Verkehrsträger ist. Daher wollen wir uns heute mit dem Gegenstück, dem gasförmigen und schnellsten Verkehrsträger Luft auseinandersetzen. Lothar Martin wird Ihnen hierbei berichten, dass das tschechische Flugwesen mächtig im Aufwind ist.
"Jedes Jahr erhöht sich die Anzahl der auf dem Flughafen Prag abgefertigten Reisenden. Im vergangenen Jahr erreichten wir 9,7 Millionen, dabei weist das bestehende Terminal nur eine Kapazität von sechs Millionen aus. Und in diesem Jahr erwarten wir einen weiteren Rekord, nämlich elf Millionen Passagiere, die hier abgefertigt werden."
Aus diesem Grund versucht man dem stetig zunehmenden Lufttransportaufkommen auch ein Rekordtempo bei der Erweiterung des Flughafens entgegenzusetzen. Daher wurde am 1. September - vier Monate früher als geplant - das erste Teilstück eines weiteren Terminals seiner Bestimmung übergeben, um den Anforderungen schneller gerecht zu werden. Der Verkehrsminister erklärte dazu:
"Das neue Terminal eröffnen wir zum Teil bereits jetzt, weil das bestehende Terminal überbelastet ist. Dessen Abfertigungskapazität ist um rund 50 Prozent überbeansprucht, wir aber wollen den Reisenden einen besseren Service anbieten."Am Tag der feierlichen Einweihung, der u. a. auch der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek beiwohnte, ergänzte die Sprecherin der Flughafenverwaltung Letiste Praha, Anna Kovarikova:
"Das Terminal Nord 2, dessen ersten Teil wir heute eröffnet haben, wird die Reisenden in einem neuen Objekt abfertigen. Wir haben dabei die Vorstellung, dass im Bereich dieses Terminals die aus und in die Länder der Europäischen Union reisenden Fluggäste abgefertigt werden, während über das bereits bestehende Terminal nunmehr alle anderen Flüge abgewickelt werden. Damit sollte sich der Komfort für die Reisenden relativ verbessern."
Das fertig gestellte Teilstück des zukünftigen Terminals umfasst dessen Eingangsbereich und ein Verbindungsobjekt, in deren Räumlichkeiten bereits eine ganze Reihe von neuen Geschäften und Dienstleistungseinrichtungen integriert sind. Die ebenso erst jüngst von Verkehrsminister Simonovsky neu in das Amt der Generaldirektorin der Flughafenverwaltung gehievte Hana Cernochova wusste diese Verbesserungen auf ihre ganz eigene Weise zu preisen:"Sie kommen in einen neuen wunderschönen Bereich mit einer Vielzahl von Wartezonen und einer sehr großen Anzahl von Geschäften, was vor allem die Frauen erfreuen dürfte."
Ein parallel zum steigenden Transportaufkommen ständig größer werdender Flughafen Prag-Ruzyne, mehr Geschäfte, Hotels und Service - alles gut und schön. Den leider sehr brutalen Erscheinungen unserer heutigen Zeit wie zunehmender Terrorgefahr und Gewaltanwendung müssen jedoch in erster Linie die Sicherheitsvorkehrungen entsprechen, deren Standards fortlaufend erhöht werden sollten. Auf dem Prager Flughafengelände ist das der Fall, wovon sich der Verkehrsminister bei einer erst Ende August durchgeführten Visite überzeugen konnte. Hana Cernochova wiederum bestätigte, dass in dieser Hinsicht gerade bei der Anordnung des neuen Terminals auf eine klare Positionierung geachtet wurde:
"Das bedeutet im Unterschied zum bestehenden Terminal, dass die an- und abreisenden Fluggäste voneinander getrennt abgefertigt werden. Wir gehen davon aus, dass die Standards der normalen Sicherheitsüberprüfungen mindestens genau so hoch sein werden, wie sie es jetzt bereits sind."
Eine ihrer vorrangigsten Prioritäten sieht die Verwaltung des Prager Airports also darin, ununterbrochen für ein Höchstmaß an Sicherheit zu sorgen, und das trotz bzw. gerade wegen des ständig zunehmenden Volumens bei der Abfertigung von Personen und Gütern auf dem Gelände des Flughafens. Das hat mit 9,2 Quadratkilometern - einer Fläche, die 200 Mal so groß ist wie der Wenzelsplatz - schon entsprechende Ausmaße angenommen. Doch dabei soll es nicht bleiben. So lässt das Verkehrsministerium derzeit die Zugänglichkeit von umliegenden Grundstücken überprüfen, um auf einigen von ihnen ab dem Jahr 2007 eine dritte Start- und Landebahn errichten zu lassen. Denn der Prager Flughafen, der mit seinem Passagieraufkommen derzeit auf dem 30. Platz in Europa liegt, will und wird sehr schnell auf eine Anzahl von 15 Millionen Fluggäste kommen, die hier jährlich abgefertigt werden. Dann hätte Prag seinen mitteleuropäischen "Nebenbuhler", den Flughafen Wien-Schwechat überholt, der gegenwärtig knapp unter die Marke liegt. Der Bau einer neuen Start- und Landebahn verlangt jedoch nach weiteren Investitionen, und das Geld dafür muss freigesetzt werden. Das weiß auch Verkehrsminister Simonovsky, der den Weg dahin in der Privatisierung der Flughafenverwaltung sieht:"Wir müssen die Transformation des Staatsunternehmens zu einer Handelsgesellschaft vorbereiten und den damit verbundenen Verkauf von Aktienanteilen einleiten. Das hängt vom Bedarf dieser Gesellschaft ab, denn diese Finanzmittel werden zum weiteren Ausbau des Flughafens verwendet, insbesondere zum Bau einer neuen Start- und Landebahn. Ich rechne damit, dass der Baubeginn dazu in zwei Jahren erfolgen wird."
Mit dem weiteren Ausbau des Flughafens Prag-Ruzyne werden aber nicht nur die Transportkennziffern steigen, sondern auch die wirtschaftlichen Erträge sowie die Anzahl der Beschäftigten. Eine Faustregel besagt nämlich, dass mit jeder Million an Reisenden, die jährlich mehr auf dem hiesigen Airport abgefertigt werden, bis zu 3000 neue Arbeitsplätze entstehen. Eine fürwahr erfreuliche Zahl in Zeiten der Automatisierung und Technisierung mit dem damit einhergehenden Arbeitsplatzabbau. Und die neuen Arbeitnehmer, die sich vornehmlich aus dem Servicepersonal der neu geschaffenen Hotels, Gaststätten, Imbissstände, Parkhäuser oder sonstiger Dienstleistungseinrichtungen rekrutieren, werden auch einiges verdienen können. So konnte zum Beispiel die Verwaltung des Flughafens im vergangenen Jahr auf ein Ertragsvolumen von 4,2 Milliarden Kronen sowie auf einen Reingewinn von 1,7 Milliarden Kronen verweisen. Die letztgenannte Summe entspricht umgerechnet dem Betrag von 57 Millionen Euro. Neue Millionäre werden jedoch daraus nicht erwachsen, da der Flughafen einen großen Teil des Gewinns in seine Zukunft investieren wird. Und diesbezüglich schaut man nicht nur in die Luft, sondern in der Tat rosigen Zeiten entgegen.