Flugzeuge der Marke LET Kunovice wieder in - Autos der Marke Hyundai noch nicht in Sichtweite

Foto: www.karabon.dir.bg

Und sie fliegen wieder, die Propeller- und Segelflugzeuge, die nach Jahren erneut im mährischen Kunovice hergestellt werden. Dagegen standen sich zuletzt zwei Busunternehmen im nordböhmischen Liberec buchstäblich im Wege, und am termingerechten Beginn des Baues und der Produktion des tschechischen Hyundai-Werks sind erste Zweifel aufgetreten.

Ups and downs in der tschechischen Wirtschaft

Aus dem harten Geschäftsleben weiß man, dass der Konkurs einer Firma noch lange nicht deren völliges Aus bedeuten muss. Wichtig ist zum einen, was aus der so genannten Konkursmasse noch irgendwie verwertbar ist, vor allem aber, wie sich eine in den Bankrott gegangene Firma danach wieder aufstellt. Im Falle des bekannten tschechischen Flugzeugherstellers LET Kunovice, der 2004 Konkurs anmeldete, um nun als Gesellschaft Aircraft Industries Kunovice (AIK) wieder anzugreifen, hat der Neuanfang anscheinend gefruchtet. Denn am Dienstag hat nach zehn Jahren erstmals wieder ein neues Flugzeug mit der Marke LET die Fertigungshalle im mährischen Kunovice verlassen. Es war eine klassische Turbopropeller-Maschine vom Typ L-410, die ein Vertreter der brasilianischen Verkehrsgesellschaft NHT Linhas Aereas übernahm. Wie der AIK-Vorstandsvorsitzende Pavel Vacha versicherte, war die feierliche Flugzeugübergabe nur der Anfang eines großen und längerfristigen Auftrags:

"Dieser Auftrag ist bedeutend, denn das ist nur das erste Flugzeug einer größeren Anzahl an bestellten Flugzeugen. Das gesamte Auftragsvolumen ist so groß, dass wir daran fünf Jahre zu arbeiten haben. Uns liegen außerdem Bestellungen von weiteren Klienten vor, so das wir zum heutigen Tag rund 450 Arbeitnehmer beschäftigen können."


Positive Wirtschaftszahlen kann ebenfalls die mährische Messestadt Brno / Brünn vermelden. Denn während sich nicht wenige Städte und Gemeinden in Tschechien oft verschulden, konnte Brünn zum Abschluss des vorigen Kalenderjahres einen Einnahmenüberschuss von mehr als einer halben Milliarde Kronen (knapp 20 Millionen Euro) verbuchen. Das sind Gelder, die der Stadt, ihren Organisationen und Einwohnern nun zu Gute kommen. Oberbürgermeister Richard Svoboda nennt nur einige Beispiele, wofür man die Millionen jetzt verwenden will:

"Das Geld soll unter anderem ausgegeben werden für eine neue Feuerwehrspritze, mehrere Sportclubs werden Subventionen erhalten, und 50 Millionen Kronen sind bestimmt für die Fertigstellung von Bauten und Anlagen rund um das neue Stadttheater. Aber es muss betont werden, dass dies zurzeit nur Vorschläge an den Stadtrat sind, der darüber dann das letzte Wort haben wird."


Busbahnhof in Liberec,  Foto: Jana Sustova
Ein letztes Machtwort in einem Wirtschaftsstreit hat zu Beginn dieser Woche auch die tschechische Wettbewerbsbehörde (UHOS) gesprochen. Im Kampf um Fahrgäste hatte die nordböhmische Busfirma CSAD Liberec im vergangenen Jahr dem Konkurrenzunternehmen Student Agency den Zugang zum Busbahnhof in Liberec / Reichenberg verwehrt. Besonders für die Fahrgäste der lukrativen Strecke von Prag nach Liberec war das ein Ärgernis, konnten doch Anschlussbusse in die nähere Umgebung von Reichenberg oft nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen genutzt werden. Aufgrund einer entsprechenden Beschwerde von Student Agency hatte das hiesige Kartellamt dem unfairen Wettbewerber ein Bußgeld von 2,5 Millionen Kronen aufgebrummt, worauf die Firma CSAD Liberec in Berufung ging. Martin Pecina, der Chef der Wettbewerbsbehörde, bestätigte nun aber die Strafe, wenn auch in einer etwas gemilderten Höhe:

"Die Gesellschaft CSAD Liberec hat mit ihrem Verhalten die Gesellschaft Student Agency diskriminiert, indem sie dieser den Zugang zum Busbahnhof verwehrt hat. Als sie den Zugang endlich ermöglichte, unternahm sie auch danach noch Schritte, um dem Konkurrenten das Leben zu erschweren. Ich habe in der zweiten Phase des Bußgeldverfahrens die Strafe um 500.000 Kronen gesenkt, weil die Firma CSAD Liberec noch vor der Verkündung des Berufungsurteils ihre Fehler behoben hat. Aus diesem Grund habe ich das Bußgeld um ein Fünftel auf nunmehr zwei Millionen Kronen herabgesetzt."

Hinter die Fassade geschaut

TPCA Kolin,  Foto: Zdenek Valis
Die Tschechische Republik ist auf dem Weg zum Autoland. Darüber haben wir schon mehrfach berichtet. Denn neben dem traditionellen Pkw-Hersteller Skoda, der seit nunmehr 15 Jahren der Volkswagen-Gruppe angehört, produziert seit vergangenem Jahr auch das Konsortium der Automarken Toyota, Peugeot und Citroen unter dem Kürzel TPCA hierzulande Kleinfahrzeuge. Doch die geplante dritte Säule, der Einstieg des Automobilherstellers Hyundai, ist entgegen anderweitiger Vorstellungen bisher nicht gesetzt. Nachdem die Südkoreaner den Tschechen im Herbst vorigen Jahres noch Beine gemacht haben bei der Entscheidung, ob man sich als Standort für das europäische Hyundai-Werk bewähren will oder nicht, lassen sich die Asiaten jetzt Zeit bei der Realisierung ihrer Milliardeninvestition. Und das aus gutem, nein man muss es buchstäblich so sagen, aus einem schlechten Grund. Die südkoreanische Staatsanwaltschaft hat nämlich Hyundai-Konzernchef Chung Mong-Koo des Missbrauchs seiner Kompetenzen und der Veruntreuung von Firmengeldern beschuldigt. Den Meldungen ausländischer Presseagenturen zufolge habe Chung Mong-Koo mit diesen Geldern Schwarzkonten gebildet, dank deren Existenz er Politiker und andere einflussreiche Leute bestochen habe. Diese Unannehmlichkeiten passen einer Weltfirma wie Hyundai natürlich gar nicht ins Konzept, und daher wurden auch in Tschechien immer wieder Spekulationen geäußert, dass Hyundai die Umsetzung des Vorhabens, sein europäisches Autowerk im nordmährischen Nosovice zu errichten, verschieben oder gar von diesem zurücktreten könne. Um diesen Spekulationen zu begegnen, haben das tschechische Ministerium für Industrie und Handel sowie die staatliche Agentur CzechInvest ihren Kontakt zu den Südkoreanern gerade in den letzten Tagen noch intensiviert. Die Sprecherin von CzechInvest. Alzbeta Honsova, verkündete dann am Dienstag:

"Der Interimsvorsitzende des Hyundai-Vorstands, In Seo Kim, hat heute telefonisch bestätigt, dass seine Gesellschaft in keinem Fall die Absicht habe, den Bau des Autowerks zu verschieben. Gleichzeitig hat er sowohl den 18. Mai als Datum für die Vertragsunterzeichnung in Seoul sowie den Herbst dieses Jahres als Beginn der Bauarbeiten am Autowerk bestätigt."

Der Sprecher des Ministeriums für Industrie und Handel, Jiri Havlicek, präzisierte die Auflagen für den Baubeginn wie folgt:

"Die Gesellschaft Hyundai Motor Company hat sich im Investitionsvertrag dazu verpflichtet, dass sie den Bau ihres Autowerks in Nosovice bis zu drei Monate nach dem Erhalt der Baugenehmigung, spätestens aber bis zum Ende des Jahres 2007 beginnen wird."

Von beiden Seiten sind also alle Details besprochen und schriftlich festgehalten worden, nur die noch so wichtige Vertragsunterschrift fehlt bisher. Sie soll nun an diesem Donnerstag endlich vollzogen werden. Aber auch in Tschechien ist man inzwischen umsichtiger und vorsichtiger geworden bei der Wahrnehmung, was der Abschluss von solch großen Investitionsvorhaben an Konsequenzen nach sich zieht. Jiri Havlicek äußerte dazu:

"Selbstverständlich ermöglicht es der Investitionsvertrag der tschechischen Seite, aus diesem Vertrag auszusteigen, wenn die Gesellschaft Hyundai zum Beispiel bis zum Ende des Jahres 2007 mit dem Bau ihrer Produktionsstätte nicht begonnen hat. In diesem Fall muss die Firma Hyundai auch alle den Bau unterstützenden Mittel, die sie bis dahin erhalten hat, an den tschechischen Staat zurückzahlen."

Der Weg zu einem führenden Autoland in Europa ist also auch für die Tschechische Republik nicht auf Rosen gebettet. Doch sollte er weiterhin erfolgreich beschritten werden, dann wird Tschechien mit einer eines Tages zu erreichenden Pro-Kopf-Produktion von 104 Autos auf 1000 Einwohner tatsächlich zur Autonation mutieren.