Forum Gesellschaft

Ist das Essen wirklich sicher?

Die Sommerferien stehen vor der Tür. Bereits Ende dieser Woche bringen tschechische Schülerinnen und Schüler ihre Abschlusszeugnisse nach Hause, die ihnen das Recht auf zweimonatige Ferien gewähren. Was aber die meisten Kinder und Jugendliche mit Glücksgefühlen erfüllt, bereitet einigen Eltern ein stetes Kopfzerbrechen. Warum, erfahren Sie im unseren ersten Beitrag. Danach berichten wir darüber, welche Befürchtungen oder Hoffnungen die Tschechen mit genetisch modifizierten Lebensmitteln verbinden. Bei der heutigen Ausgabe des regelmäßigen Themenkaleidoskops begrüßen Sie Philipp Kauthe und Daniela Kralova.

Die Schulferien dauern ewig, der Urlaub der Eltern dagegen nur einen Augenblick, jammern viele tschechische Eltern. Die ganzen Monate Juli und August, neun Wochen also, dürfen die tschechischen Kinder bereits seit 1908 der Schule fern bleiben. Die meisten Eltern können dagegen im Sommer nur selten für mehr als zwei Wochen den Arbeitsplatz verlassen. Was machen wir mit den Kindern?, fragen sich Mütter und Väter, wenn sich das Schuljahr seinem Ende neigt.

Bis zur Wende im Jahre 1989 war die Sache um Einiges einfacher: Die sogenannten Pionierlager, die nahezu sämtliche Betriebe den Kindern ihrer Angestellten offerierten, boten eine Lösung: Für sehr wenig Geld konnten die Sprösslinge drei Wochen lang mit Gleichaltrigen außerhalb der Städte und ohne die tägliche Aufsicht ihrer Eltern verbringen. Andere Alternativen gab es auch aufgrund von Reisebeschränkungen und in Ermangelung eines ausgebauten Dienstleistungssektors kaum. Und heute? Einerseits ging mit den staatlichen Betrieben auch die Möglichkeit dieser massenhaft genutzten Freizeitgestaltung unter, auf der anderen Seite erweiterte sich im allgemeinen das Angebot an Freizeitgestaltung enorm. Wie verbringt also heutzutage ein typisches tschechisches Kind seine Ferien? Das fragten wir Hana Farkasova, stellvertrende Direktorin des Instituts für Kinder und Jugendliche am tschechischen Schulministerium:

"Ein typisches tschechisches Kind verbringt die Ferien mit den Eltern am Meer. Es gibt aber immer noch sehr viele Kinder, die für ein paar Wochen in die Ferienlager fahren. Es gibt heutzutage neben den klassischen Einrichtungen, die Erholung, Spiel und Sport kombinieren noch eine Reihe von spezialisierten Aufenthalten. Sie sind beispielsweise auf Sprachen oder das Reiten ausgerichtet, manche spezialisieren sich auf Geschichte, andere auf Umweltschutz." Besonders beliebt sind aber Frau Farkasova zufolge vor allem Ferienlager, in deren Mittelpunkt eine spezielle Sportart steht. Sehr beliebt sind in letzter Zeit zum Beispiel Fahrradlager. Die meisten Gruppen fahren durch die Tschechische Republik, einige verreisen aber auch ins Ausland.

Aber nicht nur Spaß am Reisen und Abenteuer sind für die Kinder und ihre Eltern wichtig. Wie der Kinderpsychologe und Leiter des Kindernotrufs Petr Hanus sagt, ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für Kinder und Jugendliche allgemein von großer Bedeutung:

"Die Freizeit ist ein großes Problem. Man kann zum Beispiel ein dreizehnjähriges Kind nicht einfach faulenzen lassen. Es braucht eine Beschäftigung, um nicht der Leere und Langeweile zu verfallen. Das Kind soll einfach nicht den ganzen Tag warten, bis die Eltern von der Arbeit zurückkommen. Dann erhöht sich nämlich natürlich das Risiko, dass es anfängt, mit Drogen zu experimentieren oder mit einer kriminellen Bande in Kontakt zu kommen." Damit die Kinder nicht tagelang verwahrlos durch die Straßen laufen, veranstalten die Gemeinden und einige Vereine weiterhin jedes Jahr eine ganze Reihe von Ferienlagern. Letztes Jahr nahmen an diesen Aufenthalten insgesamt etwa eine viertel Millionen tschechischer Kinder teil.


Ist das Essen wirklich sicher? Bringen die neuen Lebensmitteltechnologien nicht zu viele Risiken für Mensch und Umwelt mit sich? Das sind Fragen, die sich in letzter Zeit auch in der Tschechischen Republik immer mehr Menschen stellen. Zu einem der umstrittensten Themen gehört dabei die Genmanipulation. Die Diskussion über gentechnisch modifizierte Lebensmittel startete hierzulande Ende 1996, als nach Tschechien zum ersten Mal genmanipulierter Mais als Tierfutter importiert wurde. Seitdem äußerten sich zu diesem Thema eine Reihe von Experten, sowohl Befürworter als auch Gegner dieser Technologie, die die Bürger mit den heraufkommenden Vorteilen, Fragen und Risiken bekant machen wollten.

Ist das Essen wirklich sicher?
Was ist aber tatsächlich bei den Tschechinnen und Tschechen angekommen? Die Antwort auf diese Frage erforschte vor etwa einem Jahr ein Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Prag. In seiner Umfrage gab etwa die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Tschechien an, sie wisse, was gentechnisch modifizierte Lebensmittel seien. Weiteres Nachfragen enthüllte aber, dass die Kenntnisse zumeist sehr oberflächlich waren. Etwa ein Drittel der Befragten glaubte, dass diese Produkte der Gesundheit schaden. Ein Drittel hält sie für unschädlich und der Rest konnte sich diesbezüglich nicht entscheiden. Die Hälfte der Tschechen glaubt laut der Umfrage, dass sie genetisch manipulierte Lebensmittel bereits konsumiert. Ein vielleicht überraschendes Ergebnis ergab der Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und Bedenken hinsichtlich gentechnisch modifizierter Lebensmittel: Tschechische Akademiker finden diese Produkte nämlich weniger risikoreich als Arbeiter und untere Angestellte.

Auch ökonomische Aspekte spielten bei der Umfrage eine Rolle: Über ein Drittel der Leute gab an, sie würden genmanipulierte Lebensmittel kaufen, wären sie billiger als herkömmliche Produkte. Die Tschechen sind also in der Haltung der genmanipulierten Lebensmitteln gegenüber uneinig, viele sind auch wegen der mangelhaften Informierung unschlüssig. Wie steht aber der Staat zu dieser Problematik?

Zu Beginn dieses Jahres trat ein Gesetz in Kraft, das Produktion und Import genetisch modifizierter Lebensmittel genau reguliert. Das Gesetz lehnt sich an die Richtlinien der Europäischen Union an. Einerseits müssen sich alle gentechnisch modifizierten Lebensmittel einer starken Kontrolle unterziehen und andererseits müssen alle derartigen Lebensmittel klar gekennzeichnet werden. Trotzdem finden sich keine so bezeichnete Lebensmittel in den Supermärkten. Es ist auch klar, warum. Der Aufwand, den die Hersteller und Importeure für die Platzierung auf den Markt aufbringen müssten, könnte durch ihren Ertrag nicht ausgeglichen werden. Dennoch steht es außer Zweifel, dass wir ab und zu Lebensmittel konsumieren, deren Bestandteile aus genetisch modifizierten Organismen hergestellt wurden. Wie ist das möglich? Der Ursprung von Bestandteilen in importierten Lebensmitteln ist nicht immer klar, und ohne einen enormen Aufwand nicht zu kontrollieren. Dazu der Leiter des Zentrums für Hygiene der Lebensmittelketten am Staatlichen Gesundheitsinstitut Jiri Ruprich:

"Zwischen 40 und 60 Prozent aller Lebensmittel beinhalten irgendwelche Bestandteile von Soja. Und in den USA wird mindestens ein drittel der Soja heutzutage genetisch modifiziert. Das heißt, die genetisch modifizierte Bestandteile dringen auf den Lebensmittelmarkt immer mehr ein."

Ruprich zufolge wurde in Tschechien noch keine Erlaubnis für den Verkauf von genetisch modifizierten Lebensmitteln erteilt, es gibt hierzulande aber etwa 50 Laboratorien, die mit gentechnisch modifizierten Pflanzen experimentieren.

Die auf den Seiten der Massenmedien geführte Debatte über genmanipulierte Organismen hebt vor allem beide Pole der Diskussion hervor. Auf der einen Seite stehen Befürworter der Gentechnik - Wissenschaftler, die grünes Licht für ihre Forschung wollen. Ihrer Meinung nach bringt die Gentechnik in der Lebensmittelindustrie Vorteile wie größere Nahrungssicherung für die immer mehr anwachsende Weltbevölkerung und wirksame Schädlingsbekämpfung. Sie beteuern, dass gentechnisch modifizierte Organismen keinerlei negative Wirkung auf Mensch und Umwelt haben. Dem opponieren Gentechnikgegner, die darauf hinweisen, dass die Unschädlichkeit für Mensch und Umwelt noch nicht nachgewiesen wurde. Insgesamt bleibt die Diskussion oft sehr oberflächlich, wie Jiri Ruprich sagt:

"Zumeist bleibt die Diskussion auf dem Punkt stehen, wo erklärt wird, was die genetisch modifizierten Organismen sind und welches Potential sie mit sich bringen. Meiner Meinung nach ist aber auch die Diskussion über diese Problematik schwer, weil sie sehr komplex ist. Man kann alle Aspekte einfach nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen. Es ist nicht nur schwarz oder weiß, es gibt auch noch viele andere Nuancen und in jeder Situation muss man individuell vorgehen."

Der Wissenschaftler plädiert aber dafür, dass sich die Diskussion in der Gesellschaft fortsetzt, denn sie sei der beste Garant dafür, dass die Technologie den Menschen nicht aus den Händen gerät:

"Ich glaube, dass man die Technologie nicht mehr stoppen kann, weil es für die Menschheit letztendlich auch schädlich wäre. Sie muss aber unter einer gesellschaftlichen Kontrolle bleiben, selbst wenn die Befürworter der Technologie immer sagen werden, dass doch noch nie etwas passiert ist. Ich behaupte, dass bisher nichts Schlimmes nur deshalb passiert ist, weil sich die gesellschaftliche Kontrolle schon sehr früh durchsetzte."

Das Bedürfnis nach Regulation verspürten bisher dennoch vor allem die Bürger der Europäischen Union. Angesichts der gegenwärtigen Skandale in der Lebensmittelproduktion werden sich aber möglicherweise auch die Tschechinnen und Tschechen immer mehr fragen, welche Konsequenzen unreflekiertes Konsumverhalten haben kann.

Autoren: Daniela Kralova , Philipp Kauthe
abspielen