Freilichtmuseum in Kourim
Willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer. Hoffentlich ist Ihnen der Rutsch ins neue Jahr gut gelungen und Sie können sich nun mit uns, in der Touristensprechstunde von Radio Prag, auf eine neue Wanderung begeben. Da wir heute nicht nur die erste Touristensprechstunde des Jahrtausends, des Jahrhunderts und des Jahres, aber auch des Monats Januar senden, wartet auf Sie eine weitere Folge unserer Serie über folkloristisch interessante Orte Böhmens und Mährens. Unser heutiges Reiseziel ist das Freilichtmuseum in der Nähe des mittelböhmischen Städtchens Kourim. Sie können sich wohl noch an unsere Dezember-Ausgabe erinnern, in der wir von den dortigen Nikolaus-Umzügen erzählten. Heute wird das eigentliche Museum uns interessieren. Und zum Schluss haben wir natürlich auch eine Wettbewerb-Frage für Sie, deren richtige Antwort mit Souvenirs von Radio Prag belohnt werden kann. Wir möchten noch darauf hinweisen, dass sich der Wechsel von der Winter- auf die Sommerzeit nähert, unsere Serie langsam ihrem Ende entgegeneilt und dass wir am Ende einen Gewinner verlosen, der für seine Antworten auf alle Fragen der Serie mit einem Discman belohnt wird. Nun aber auf nach Kourim. Gute Unterhaltung wünschen Martina Schneibergová, Olaf Barth und Markéta Maurová.
Im Laufe der Jahre änderte sich mehrmals das Konzept, wie das Museum aussehen soll, welche Gebiete und Bauten darin vertreten sein sollen.
"Dann wurde entschieden, dass man ein spezielles Freilichtmuseum errichtet, das den Besuchern Bautechniken vorstellt, die man in verschiedenen Etappen in der Volksarchitektur nutzte - d.h. Holzbauten, Mauerwerke, Fachwerkhäuser und Tonbauten. Als Sammelgebiet galt ganz Böhmen und Mähren."
Diese Konzeption galt bis 1990, als eine andere Konzeption angenommen wurde, die die wichtigsten Typen der Volksarchitektur aus Böhmen vorstellen wollte. In der Zwischenzeit wurden weitere Gebäude übertragen und gebaut, wie etwa ein Halbfachwerkhaus aus Nordböhmen, eine weitere polygonale Scheune, eine Schmiedewerkstatt oder ein gezimmertes Gemeindehaus aus dem 16. Jahrhundert. Die Besucher würden aber sicher auch weitere Bauten begrüßen, wie etwa eine Windmühle aus Ostböhmen oder ein Holzhaus aus dem Böhmerwald. Diese wurden zwar gekauft und übertragen, warten jedoch auf ihren Wiederaufbau."Aber im Jahre 1991 kamen die Restitutionen, und man erhob Restitutionsanspruch auf die Grundstücke, auf denen das Freilichtmuseum liegt. Das Problem zieht sich seit 10 Jahren hin und niemand ist imstande darüber zu entscheiden. Unsere Hauptaufgabe ist es, die Volksarchitektur für zukünftige Generationen zu bauen, es setzt sich nun aber weltweit ein System lebendiger Museen durch. Die Museen sind nicht nur tote Käfer, in denen man etwas in Vitrinen besichtigt, sondern das Museum lebt sein eigenes Leben. Und für diese Zwecke sind Freilichtmuseen besonders geeignet. Man kann auch Tiere und alles mögliche hierher bringen und den Leuten zeigen, wie das Dorf vor 100, 150 Jahren aussah."
Das Museum begann im Jahre 1995, verschiedene folkloristische Veranstaltungen zu organisieren. Als Anregung galt die Tatsache, dass man wegen des Restitutionsstreites den Aufbau nicht fortsetzen konnte. So bedurfte es etwas anderem, um die Besucher zu locken. Die Besucheranzahl ist seitdem von 5 auf 33 Tausend Besucher pro Jahr gestiegen.
"Seit 1995, als wir den ersten Jahrmarkt veranstalteten, haben wir das Programm um etliche Veranstaltungen erweitert. Heute haben wir einen Zyklus, den wir "Das Leben auf dem Dorf" nennen - mit Festen zu Fasching, Ostern, dem sog. Pfingstjahrmarkt und weiteren. Wir veranstalten den "Tag der Handwerke" am letzten Augustwochenende, und das ist bisher unser meistbesuchtes Programm. Man sieht daran, wie attraktiv die Handwerke sind, wie stark man sich dafür interessiert. Im Herbst setzten wir mit der Kirchweih fort. Und das letzte Programm das ist Weihnachten, dem drei Wochenenden gewidmet sind. Wir veranstalten verschiedene Umzüge, inszenieren ein Weichnachtsspiel über die Geburt des Christkindes und gestalten auch eine lebendige Krippe."Soweit der Museumsdirektor Dalibor Hobl. Wir haben gehört, dass in Kourim verschiedene Handwerke gezeigt werden. Eliska Planska z.B. zeigt ihre Klöppelarbeiten, die sie von ihrer Oma aber auch in verschiedenen Kursen gelernt hat:
"Zur Klöppelarbeit braucht man die sog. "herdule", das ist ein Kissen, entweder eine Walze oder ein rundes Kissen, das in Belgien und Holland üblich ist. Des Weiteren die Klöppel, auf die man die Fäden aufwickelt, eine Zeichnung, nach der man arbeitet, Stecknadeln und ein Häkchen zum Zusammenbinden der Spitze. Die Klöppel werden nach einem gewissen System gekreuzt und dadurch entsteht die Spitze."Nicht über Textilien, sondern über Figuren aus Maisstroh, die früher nicht nur dekorativen Zwecken, sondern auch als Spielzeug für Kinder dienten, habe ich in Kourim mit Blanka Fotrová aus Vysoké Veselí bei Jicín gesprochen:
"Man muss die Schale noch aus den Kolben sammeln, in denen Korn reift. Das Stroh muss dann ein bisschen verarbeitet, d.h. geweicht und gewaschen werden. Dann werden aus den nassen Schalen, aus Watte, aus Drähten und Fäden Figuren gemacht. Ich gebrauche ausschließlich Maisschalen auch für den Kopf und für die Haare, die ich aus Maishaar mache. Man kann auch Blätter oder Werg nutzen, aber ich mache das nicht."
Nicht nur Maisstroh, sondern auch Getreidestroh dient als Material für verschiedene Dekorationen. Anezka Machotova aus Tremosnice weiß aber mehr davon:
"Für die Strohdekorationen braucht man Roggenstroh, weil er die längsten Halme hat. Man kann zwei Techniken nutzen. Die eine für Sternchen und große Fenstersterne oder die andere, bei der Halme verflochten und gekreuzt werden. Ich bin mit einem Landbauer verabredet, dass ich bei ihm auf seinem Feld Strohhalme ernten kann, bevor Mähdrescher aufbrechen. Ich bringe sie nach Hause, trockne sie, schneide die Ähre ab. Es ist also viel Arbeit, noch bevor man das eigentliche Material kriegt. Dann kommt die Phase des Trocknens, danach aber wieder der Weich- und Bleichprozess, wieder Trocknen, und noch einmal Einweichen, damit die Strohhalme elastisch sind. Und danach ist es schon angenehm, man sitzt und flechtet."Als ich von Frau Marie Stastnova aus Prcice wissen wollte, wie man Fäden spinnt, musste ich mich selbst an das Spinnrad setzten. Ich bekam einige Ratschläge und einen Wollebausch in die Hand.
"Es ist Schafsschur, die fein und lang sein soll und keine Falten haben darf. Sie wird durch das Spinnrad versponnen. Man muss drei Spulen haben. Auf zwei werden zwei Fäden versponnen, aus denen dann der dritte, zweifache Faden entsteht. Dann wird er auf Strähne abgewickelt, diese werden in einem drastischen Mittel gewickelt, danach in heißem Wasser gewaschen und der Strähn schrumpft ein. Die Spinnerin muss in erster Linie treten können. Das ist das schwierigste. Für die eigentliche Arbeit sind der Daumen und der Zeigefinger wichtig. Sie ziehen die Wolle, die weder dick noch dünn sein darf. Und das weitere macht die Kunkel."