Nikolaus-Rundgänge im Freilichtmuseum in Kourim

Freilichtmuseum in Kourim, Foto: Miloš Turek

Die Rundgänge der Masken am 5. Dezember, dem Vorabend des St.-Nikolaus-Tages, sind von vielen Rundgängen, die je auf dem Lande gepflegt worden waren, eigentlich die einzigen, die bis heute lebendig wurden, und zwar nicht nur auf dem Dorf, sondern auch in den Städten. Der hl. Nikolaus, begleitet von einem Engel und einem Teufel, geht von Haus zu Haus und beschert Kinder: die braven bekommen Obst, Nüsse und Süßigkeiten, auf die unartigen warten Kohle und Kartoffeln. Im Unterschied zu Westeuropa und zu den USA kam es bei uns nie zur Vereinigung der Gestalt des hl. Nikolaus, des. St. Claus mit der Weihnachtsbescherung. Die Nikolaus-Rundgänge stellen eine selbständige Tradition dar und - wie wir bald erfahren - waren in der Vergangenheit noch wesentlich bunter und größer als heute. Wie hängt dies alles mit unserer heutigen Sendreihe - mit der Touristensprechstunde zusammen? Die Antwort ist einfach: am letzten Wochenende wurde im Freilichtmuseum im mittelböhmischen Kourim ein Nikolaus-Markt veranstaltet und die Tradition der alten Nikolaus-Rundgänge wiederbelebt. Und da wir doch in jeder ersten Touristiksendung im Monat interessante Orte besuchen, wo man alte Bräuche und Traditionen pflegt, wollen wir heute gerade nach Kourim reisen. Am Ende wird wie üblich eine Quiz-Frage gestellt, deren richtige Antwort wir bei drei Hörerin mit Geschenken von Radio Prag entlohnen. Nun aber schon auf nach Kourim und in den Nikolaus-Umzug, gute Unterhaltung wünschen Olaf Barth und Markéta Maurová.

Freilichtmuseum in Kourim,  Foto: Miloš Turek
Zwei Umzüge begaben sich im Freilichtmuseum in Kourim auf ihren Rundgang von Haus zu Haus: der eine stammte aus Böhmen und seine Mitglieder waren Kinder und Jugendliche aus Kourim und Umgebung. Der andere stammte aus Italien, wird jedoch in der dortigen slowenischen Minderheit, die nördlich von Triest lebt, gepflegt. Hauptziele des heutigen Besuchs des hl. Nikolaus in der Familie ist die Bescherung der Kinder. Nicht anders war es auch in Kourim.

Doch es gibt nicht nur brave und folgsame Kindern, sondern auch unartige und trotzige... Und wegen diesen kommt mit dem Nikolaus auch ein Teufel, um die Kinder zu erschrecken.

Auch die größten Gassenjungen werden in diesem Augenblick - wenn sie vom Teufel direkt angegriffen werden - weich und versprechen, keine bösen Streiche mehr zu machen.

Wie die St-Nikolaus-Bräuche früher aussahen, davon sprach mit dem Ethnographen und Leiter des Museums in Kourim, Dalibor Hobl:

Nikolaus-Rundgänge im Freilichtmuseum in Kourim  (Foto: Archiv Radio Prag)
"Heute ist es natürlich so eingeankert, dass der Nikolaus von einem Engel und von Teufeln begleitet wird. Aber frühern waren die Umzüge wesentlich komplizierter, größer und sie waren eigentlich mit den Fasching-Umzügen identisch. Die beiden Umzüge gingen aus den gleichen Wurzeln hervor und ursprünglich - wahrscheinlich noch in der heidnischen Zeit - fanden irgendwann zur Zeit der Sonnenwende im Winter statt. Sie sollten also wahrscheinlich das Neue und Kommende, den Frühling begrüßen. Die Masken im Fasching- und im Nikolaus-Umzug sind also die selben, sie unterscheiden sich nur durch die Hauptgestalt: im Nikolaus-Umzug ist es der Bischof - der hl. Nikolaus, und in der Fastnachtzeit wird ein Kontrabass getragen oder geht der Bacchus mit usw."

Die tschechischen Umzüge bestanden früher aus Figuren, die für das Lande typisch waren - außer dem Nikolaus, außer den Engeln und Teufeln kamen im Umzug die Gestalt des Todes vor, ein Soldat, ein Türke, ein Zigeuner, ein Jude und weitere:

"Eine interessante Gestalt, die sowohl im böhmischen als auch im slowenischen Umzug identisch ist - dass sind die sog. "Läufer". Das sind diejenigen, die als erste gingen, die bunten, die eigentlich Weg für den Umzug räumten. Etwas ähnliches gab es auch im böhmischen Umzug - die Läufer waren nicht so bunt, hatten eine bisschen einfachere Bekleidung, Kittel mit Schleifen, weiße Hose, eine Krone auf dem Kopf und sie trugen eine Peitsche und eventuell auch eine Glocke. Durch Peitschen-Knallen und Glocken-Klingeln wiesen die Läufer darauf hin, dass sich der Nikolaus-Umzug nähert. Ihre Aufgabe war es, als erste ins Haus durchzudringen und dort anzukünden dass der Nikolaus kommt und die Bescherung bringt. Und es hatte auch eine psychische Wirkung auf die Kinder, die in eine noch größere Spannung und Erwartung versetzt wurden."

Wie wir gehört haben, gibt es unter den slawischen Völkern in der mitteleuropäischen Region viele Ähnlichkeiten. Über den slowenischen Rundgang aus Italien sprach ich mit Roberto Dapit, der als Wissenschaftler in Ljubljana und Triest wirkt und die slowenische Folklore erforscht.

Die Tradition der Rundgänge ist sehr alt, die Nikolaus-Umzüge wurden in den böhmischen Ländern schon im Mittelalter gepflegt. Es gab sie aber sicher schon früher, schon in der vorchristlichen, heidnischen Zeit. Und wie ist es mit der Tradition der Bescherung. Ist auch diese originell oder ist es eine Erfindung der neuen Zeit?

"Die Bescherung entstand im letzten Jahrhundert, damals entwickelte sich zur Tradition, dass der hl. Nikolaus Geschenke den Kindern gibt. Davon könnte man lange Zeit erzählen. In der Zeit vor Weihnachten gibt es nämlich auch weitere Figuren, die dem Nikolaus und der Bescherung sehr ähnlich sind - die Barboras, der Ambrosius, das waren Rundgänge, deren Sinn war es, Kinder zu bescheren. Dies alles hing aber wieder mit der Sonnenwende zusammen. Die Kirche aber - um die heidnischen Sachen zu verhindern, vereinigte sie mit den christlichen Traditionen an Namenstagen einzelner Heiligen. Und daraus entwickelte sich eine sehr interessante Volkstradition. Und Lucia und weitere Figuren, die später im Dezember Rundgänge machten, die bescherten nicht, sondern sie sollten die Kinder erschrecken. Die Lucias gaben acht, ob man das Spinnenverbot an ihrem Namenstag einhält und z.B. die Perchta bewachte, ob man am 24. Dezember fastet. Sollte ein Kind seine Schwachheit und Verstoßung gegen die Fast zugestanden, wurde es mit einer Rute verprügelt."

Die Rundgänge aller dieser Figuren bildeten in der Vergangenheit eine dichte Kette, die jedoch seit Mitte des 19. Jahrhunderts allmählich einging. Im Freilichtmuseum in Kourim werden diese Bräuche jedoch heutzutage wiederbelebt und vor Weihnachten der Öffentlichkeit gezeigt. Herzlich Einladung gilt auch für Sie, liebe Hörerinnen und Hörer.

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Autoren: Olaf Barth , Marketa Maurova
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