Für eine giftfreie Umwelt: Europäische Grüne Woche startet

Unter dem Namen „EU Green Week“ oder auch „Grüne Woche der EU“ findet alljährlich die größte europäische Konferenz zum Thema Umweltschutz statt. Und nicht nur das. Überall auf dem Kontinent gibt es dazu Informationsveranstaltungen, Diskussionen oder Aktionswochen. Tschechien beteiligt sich in diesem Jahr in bescheidenem Maße, will aber neue Schwerpunkte setzen.

Magdaléna Frouzová | Foto: Studien- und Wissenschaftliche Bibliothek der Pilsner Region

Konferenzen leben vom direkten Austausch und von persönlichen Begegnungen. So ist es normalerweise auch bei der Grünen Woche der EU. Ihr zwanzigjähriges Jubiläum muss diese Initiative nun aber im Pandemie-geschützten Online-Bereich feiern. Ein wenig Wehmut schwingt da schon mit, wenn Magdaléna Frouzová einen kurzen historischen Rückblick wagt. Sie ist Pressesprecherin bei der Vertretung der Europäischen Kommission in Tschechien:

„Die europäische Grüne Woche wurde 2001 von der EU-Kommissarin Margot Wallström eingeführt. Sehr schnell wurde daraus eine der erfolgreichsten Konferenzen zum Thema Umwelt. In der Zeit vor Corona war es so, dass in Brüssel kein freies Hotelzimmer mehr zu finden war, wenn die Grüne Woche stattfand, weil überall die Teilnehmer eingecheckt hatten.“

Wie schon im vergangenen Jahr schalten sich die Beteiligten nun vom 1. bis 4. Juni per Computer zusammen. Bei der Hauptkonferenz der Grünen Woche treten verschiedenste Akteure in Verbindung, um die Umweltpolitik ihrer Länder und auf EU-Ebene zu diskutieren. Das sind nicht nur Vertreter der Politik, hauptsächlich der zuständigen nationalen Ministerien, sondern auch aus Industrie und Unternehmertum, aus NGOs, dem Medienbereich oder dem wissenschaftlichen Umfeld.

Illustrationsfoto: John Englart,  Flickr,  CC BY-SA 2.0

Jedes Jahr steht bei der europäischen Grünen Woche ein anderes Thema im Mittelpunkt. In diesem Jahr ist es „Zero pollution“, also „Null Verschmutzung“. Dieses Motto knüpft an den im Mai ausgegebenen EU-Aktionsplan zu einer Null-Schadstoff-Strategie für Luft, Gewässer und Boden an. Diesem fühle sich auch das tschechische Umweltministerium verpflichtet, bestätigt Anna Pasková. Sie ist die Abteilungsleiterin für Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung und koordiniert die Teilnahme des Ministeriums an der Grünen Woche:

„Null Schadstoffe ist an sich ein interessanter Begriff. Es ist eine Tatsache, dass die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden der menschlichen Gesundheit schadet. Sie ist auch der Grund für den Verlust von biologischer Vielfalt und verringert die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, sei es hinsichtlich der Bindung von Kohlenstoffdioxid oder der natürlichen Dekontaminierung der Umwelt.“

Input für die Politik der Europäischen Kommission

Illustrationsfoto: stux,  Pixabay,  Pixabay License

Die Diskussionsbeiträge und Erkenntnisse aus der Hauptkonferenz würden anschließend in die Arbeit der Europäischen Kommission einfließen, erläutert Frouzová:

„Eines der Ziele der Kommission ist der Schutz vor Umweltverschmutzung. Denn diese führt in Europa Schätzungen zufolge jedes Jahr zu 400.000 frühzeitigen Todesfällen. Nach einer Studie der Umweltagentur leiden 6,5 Millionen Menschen in der EU unter chronischen Schäden durch Lärm.“

Darum werden in der diesjährigen Grünen Woche der EU Wege zu einer giftfreien und weniger belasteten Lebenswelt diskutiert. Dieses Thema wird bei etwa 600 Veranstaltungen aufgegriffen, die das Rahmenprogramm zur High-Level-Konferenz bilden. Schon seit dem 3. Mai bieten einzelne Ministerien, Aktionsgruppen oder NGOs in EU- und auch Nicht-EU-Staaten sogenannte Partner Events an, die zumeist online verfolgt werden können. Tschechien beteiligt sich mit nur zwei Veranstaltungen. Das ist weit entfernt vom Spitzenreiter Spanien, der 60 Einträge im Kalender hat und dem auch Deutschland nur 15 Programmpunkte entgegensetzt. Tschechiens Engagement wirkt im Vergleich äußerst bescheiden, und in der medialen Öffentlichkeit ist die europäische Grüne Woche hierzulande ebenfalls kein Thema.

Anna Pasková | Foto:  Tschechische Umwelt-Informationsagentur

Trotzdem sei der Umweltschutz in der Regierungspolitik fest verankert, betont Pasková. Die Eindämmung von Emissionen sei Bestandteil aller strategischen Ziele des Umweltministeriums. Diese hätten allerdings eine langfristige Dimension, was auch für den Null-Schadstoff-Aktionsplan gelte:

„Dessen Ziel ist es nicht, jegliche Verschmutzung auf einmal zu beenden. Es handelt sich vielmehr um das Bestreben, die Verschmutzung zurückzufahren auf ein Niveau, das als nicht mehr gesundheitsschädlich und bedrohlich für die Ökosysteme gilt. Dies ist ein Niveau, das die Grenzen unseres Planeten respektiert und ein Maß an Belastung einhält, mit dem sich die Erde selbst regenerieren kann.“

Ebenso wie andere thematische Aktionspläne der Europäischen Kommission, etwa zur nachhaltigeren Batterieherstellung oder zur Bio-Landwirtschaft, ist die Null-Schadstoff-Strategie Teil des Green Deal, also des Grünen Deals. Diesen „Fahrplan für eine nachhaltige EU-Wirtschaft“ hat die Kommission im Dezember 2019 vorgestellt. Er richtet die Politik auf EU-Ebene aus, macht aber auch Vorgaben für die einzelnen Mitgliedsstaaten. Diese müssen Maßnahmen ergreifen, um etwa den Emissionsausstoß im eigenen Land bis 2030 auf weniger als die Hälfte des Wertes von 1990 zu senken. Danach geht es freilich weiter. Anna Pasková:

„Der Grüne Deal hat daneben eine globale Reichweite und große Bedeutung für die Umweltpolitik als solche. Er reagiert auf die Notwendigkeit, dem Klimawandel und dem Rückgang der biologischen Vielfalt zu begegnen. Das Hauptziel ist die Klimaneutralität Europas im Jahr 2050. Dann sollten wir in der Lage sein, die Emissionen, die wir produzieren, auch wieder auffangen zu können.“

Thema Lichtsmog wird immer wichtiger

Pasková nennt den Grünen Deal ein grundlegendes Dokument für Europa und betont, dass man sich auch in Tschechien der negativen Folgen des Klimawandels bewusst sei. Man bereite sich daher auf langfristige Veränderungen vor:

„Gleichzeitig lassen sich die ökonomischen und sozialen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft oder Energieversorgung nicht ignorieren. Darum sind wir froh, Gelder aus den EU-Fonds zu bekommen. Somit können wir unsere Möglichkeiten denen anderer Staaten anpassen, die eine bessere Ausgangsposition haben und nicht so abhängig sind von der traditionellen Industrieproduktion wie Tschechien. Den Grünen Deal begreifen wir dennoch als Chance und als neue Ausrichtung für zukünftige Investitionen.“

Über diese Chancen und den sinnvollen Einsatz von Geldern wird sich also auf der Grünen Woche ausgetauscht. Magdaléna Frouzová schreibt dieser Veranstaltung eine große Bedeutung zu für die Ausrichtung der europäischen Umweltpolitik:

„Interessant ist, wie sich die Themen der Grünen Woche entwickelt haben. Vieles, was in den Nuller Jahren dort diskutiert wurde, klang damals noch revolutionär. Heute ist es aber schon Mainstream, und das nicht nur im ökologischen Bereich, sondern in der allgemeinen Politik. Um 2005 und 2006 herum wurde etwa viel über sogenannte grüne Arbeitsplätze gesprochen. Das war damals noch neu. Man erwartete, dass die grüne Transformation nicht nur Arbeitsplätze kosten, sondern ebenso neue schaffen würde. Heute weiß man das, ist darauf eingestellt, und viele Stellen sind dadurch entstanden.“

Auch das tschechische Umweltministerium nutzt die Gelegenheit, um im diesjährigen Programm ein wenig beachtetes Thema aufzumachen. In einem Webinar, das das Ressort im Mai veranstaltet hat, ging es um Lichtsmog. Dies sei angeboten worden, weil auf EU-Ebene bisher wenig über das Thema diskutiert würde, sagt Anna Pasková. Dabei sei das natürliche Dunkel der Nacht ebenso schützenswert wie etwa sauberes Wasser:

„Das Ausmaß von künstlicher Beleuchtung in der Nacht nimmt zu und wächst jährlich um drei bis sechs Prozent. Das ist ein deutlicher Anstieg. Unter dem Himmelsbogen, der von dieser Lichtverschmutzung betroffen ist, leben 83 Prozent der Weltbevölkerung. Für die Einwohner Europas und der USA liegt die Zahl sogar bei 99 Prozent.“

Neben diesem speziellen Aspekt der Umweltverschmutzung bringt sich Tschechien im Rahmenprogramm der europäischen Grünen Woche außerdem mit dem „Green Hack“ ein. Bei diesem Hackathon soll es am 11. und 12. Juni um nachhaltige Gebäude in Großstädten gehen und Lösungen für Problemfelder wie Energieverbrauch, Abfall, Materialaufwand und logistische Fragen gefunden werden. Dem Gewinnerteam winkt ein Preisgeld von 2500 Euro.