Problem Fluorwachse: Langlaufloipen im Isergebirge zunehmend mit Schadstoffen belastet

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Es ist Skisaison. Damit es beim Langlauf geschmeidig vorangeht, müssen die Bretter gut gewachst werden. Nur enthalten die Präparate oft Schadstoffe, die sich dann im Umfeld der Loipen ablagern. Das Ausmaß dieser Verschmutzungen wird im Isergebirge genau dokumentiert.

Es ist schon die zweite Wintersaison in Folge, in der Jaroslav Semerád auf Stippvisite im Isergebirge ist – allerdings nicht in seiner Freizeit, sondern zu Arbeitszwecken. Der Wissenschaftler vom Mikrobiologischen Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften steht gerade in Nové Město pod Smrkem genau dort, wo die Langlaufloipe beginnt.

Jaroslav Semerád | Foto: Mikrobiologisches Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften

Semerád legt ein flaschenähnliches Gefäß auf die Loipe und schiebt Schnee von der Loipenoberfläche hinein. So ziemlich überall im Landschaftsschutzgebiet Isergebirge nehmen Semerád und seine Kollegen Proben, und dies auch vom Boden und Gewässern in unmittelbarer Nähe von Langlaufloipen. 800 Gefäße haben sich im Labor bereits angesammelt, deren Inhalt mit sogenannten Molekülwaagen analysiert wird. Die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler konzentriert sich bei dieser Langzeitstudie auf fluorhaltige Stoffe. Im vergangenen Jahr wurden sieben an der Zahl entdeckt. Semerád fährt fort:

„Auf den Langlaufloipen des Isergebirges haben wir dieses Jahr 16 solcher Stoffe gefunden. Sie sind dort also immer noch vorhanden, und das Problem besteht weiter.“

Fluor hat im Periodensystem der Elemente das Symbol F und die Ordnungszahl 9. Es ist wasserabweisend, sodass es sich ideal für die Präparierung von Wintersportgeräten eignet. Allerdings ist Fluor auch sehr giftig und nicht auf natürliche Weise abbaubar. Darum wurden Fluorwachse vom Internationalen Skiverband (FIS) ab der Wettkampfsaison 2023/2024 verboten.

Illustrationsfoto: Jaroslava Mannová,  Tschechischer Rundfunk

Dies gilt aber nur für Profisportler. Hobbylangläufer können Fluorwachs weiterhin benutzen. Das werde im Isergebirge zunehmend zum Problem, mahnt Mikrobiologe Semerád – selbst dann, wenn die Skiläufer auf fluorfreie Produkte zurückgreifen...

„Es tauchen vor Ort nicht nur die verbotenen Stoffe auf. Wir finden auch eine ganze Reihe an anderen Elementen, die als Alternativen eingesetzt werden.“

Das Spektrum der registrierten Schadstoffe sei in diesem Winter darum schon breiter als noch vor einem Jahr, fügt der Wissenschaftler hinzu. Auch in nicht-verbotenen Elementen könnten Fluorspuren in Form von Kohlenstoffketten enthalten sein. Von sogenannten perfluorierten Akrylsubstanzen gebe es etwa 15.000 Sorten, so Semerád, und diese seien nicht nur krebserregend, sondern könnten sich auch negativ auf die Fruchtbarkeit, die Leberfunktion oder aber die Schilddrüse des Menschen auswirken.

Dass fluorfreie Skiwachse nicht unbedingt die bessere Wahl für Gesundheit und Umwelt bedeuten, betont auch Tomáš Cajthaml, Direktor des Umweltinstituts an der Prager Karlsuniversität:

Tomáš Cajthaml | Foto: Naturwissenschaftliche Fakultät der Karlsuniversität Prag

„Die sogenannten sicheren Ersatzprodukte stellen nur eine Umgehung der Gesetzeslage dar. Jede neue toxikologische Analyse zeigt, dass die Alternativen entweder genauso oder ähnlich giftig sind. Diese ganze Stoffgruppe stellt ein großes Übel dar.“

Zumal die wasserresistenten Elemente auch für Kleidung, Lebensmittelverpackungen oder beschichtete Pfannen benutzt würden, ergänzt Cajthaml. Perfluorierte Stoffe tauchen also überall im Umfeld des Menschen auf – und eben auch in Landschaftsschutzgebieten wie dem Isergebirge. Mikrobiologe Semerád:

„Am meisten kontaminiert sind die Startpunkte von Loipen, gefolgt von sogenannten Wachsstationen, an denen fluorhaltige Wasserstoffe aus dem Skiwachs zurückbleiben. Wenn der Schnee dann taut, fließen sie mit den Bergbächen in Trinkwasserbecken. Diese Kontaminierung könnte sich negativ auf die Wasserqualität in den Talsperren Josefův Důl und Souš auswirken.“

Laut den bisherigen Analysen dieser Gewässer bewege sich die Konzentration von fluorhaltigen Schadstoffen aber noch in den erlaubten Mengen, unterstreicht Semerád.

Die Messungen in den Gebirgsregionen werden im kommenden Jahr fortgeführt.

Autoren: Daniela Honigmann , Eva Kézrová | Quelle: Český rozhlas
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