Altlastenkataster: Blei und Schweröl im Boden

Foto: František Tichý, Archiv des Tschechischen Rudnfunks

Gerade zu sozialistischen Zeiten wurde wenig Rücksicht genommen auf die Umwelt. In einem hochindustrialisierten Land wie Tschechien ist daher vielerorts der Boden kontaminiert. Nun will es der Staat aber genau wissen. Wissenschaftler erstellen daher derzeit ein landesweites Altlastenkataster.

Foto: František Tichý,  Archiv des Tschechischen Rudnfunks
Es entsteht in mehreren Schritten, das Altlastenkataster. Zunächst haben Geologen und Umweltwissenschaftler sich sozusagen aus der Ferne ein Bild gemacht. Miroslav Havránek leitet die tschechische Umwelt-Informationsagentur:

„Wir haben aus Flugzeugaufnahmen und Satellitenbildern jene Indizien herausgefiltert, die auf eine Kontamination hindeuten. Gegebenenfalls haben wir auch digitale Reliefkarten genutzt, auf denen sich Stellen ausfindig machen lassen, an denen die Vegetation fehlt. Auf diese Weise sind wir auf 17.000 Orte aufmerksam geworden. Dazu kommen die Aufzeichnungen von bereits erfolgten Untersuchungen.“

Foto: František Tichý,  Archiv des Tschechischen Rudnfunks
Insgesamt sind es 30.000 Orte in Tschechien, die seit März genauer unter die Lupe genommen werden. Im Einsatz sind zwölf Teams aus je zwei Experten – Geologen, Hydrogeologen und geschulte Umweltwissenschaftler. Jan Vaněk vom Altlasten-Sanierungsbetrieb Dekonta ist einer der Leiter dieser Einsatzteams:

„Sie gehen im Grunde täglich ins Terrain. Dabei überprüfen sie das Gebiet einer bestimmten Gemeinde oder eine bestimmte Gegend. Wir haben auch genau festgelegt, was sich an einem Tag bewältigen lässt.“

Bisher haben die Expertenteams rund 2000 Stellen in Augenschein genommen. Um alle 30.000 verdächtigen Orte abzuchecken, braucht es jedoch Zeit. Erst Ende übernächsten Jahres soll daher das Altlastenkataster fertig sein. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass etwa in der Hälfte der Fälle tatsächlich auch Kontaminationen nachgewiesen werden konnten. Miroslav Havránek:

Miroslav Havránek  (Foto: Archiv des tschechischen Umweltministeriums)
„Bei uns in Tschechien handelt es sich aufgrund der Industrie vor allem um Verunreinigungen durch ölhaltige Substanzen und chlorierte Lösungsmittel. Außerdem sind es Schwermetalle wie Blei, Arsen oder Quecksilber.“

Häufig handelt es sich um Hinterlassenschaften von früheren sozialistischen Betrieben oder aus dem ehemaligen Abbau von Erz und Kohle. Aber auch heutzutage entsteht immer wieder Verschmutzung.

„Am häufigsten sind heute illegale Abfalldeponien, aber wir treffen auch auf Hinterlassenschaften von Unternehmen, die vor kurzem aufgegeben wurden. Zudem kann es sein, dass bestehende Betriebe durch Emissionen eine Verunreinigung des Bodens verursachen“, so Havránek.

Der größte und bekannteste Altlastenfall in Tschechien sind die sogenannten Öl-Lagunen im mährisch-schlesischen Ostrava / Ostrau. Sie sind über einen Zeitraum von gut einhundert Jahren entstanden. Zunächst waren es Abfälle einer Raffinerie, dann einer Wiederaufbereitungsanlage für Motorenöle. Als der Betrieb 1996 aufgegeben wurde, begann ein politischer Kampf darum, wer die Beseitigung der stinkenden Hinterlassenschaft bezahlen muss. Letztlich sprang der Staat ein, und seit zwei Jahren wird die schwarze Schlacke abgeschöpft und vernichtet.

Grundsätzlich gilt, dass der jeweilige Eigentümer des Bodens auch für die Beseitigung der Altlasten verantwortlich ist. Doch der Staat hilft mit Fördermitteln. Die Gemeinden müssen im Übrigen nicht erst bis Ende 2021 warten, um im Bilde zu sein. Denn die Wissenschaftler stellen den Kommunen ihre Messergebnisse schon im Laufe des Projekts zur Verfügung.