Für Freiheit und gegen Sittenverfall

Jaroslav Kubera (Foto: ČTK / Kateřina Šulová)

Erstmals haben sich die Vorsitzenden beider Parlamentskammern zu Neujahr mit Ansprachen an die tschechischen Bürger gewandt. Beide Politiker ermahnten die Menschen hierzulande, sich gegenseitig mit mehr Respekt zu begegnen. Unterschiedliche Einschätzungen gab es hingegen zur aktuellen Lage in Tschechien.

Jaroslav Kubera  (Foto: ČTK / Kateřina Šulová)
Jaroslav Kubera ist im Herbst zum neuen Vorsitzenden des Senats gewählt worden. Als Chef der oberen Parlamentskammer sprach er am Dienstag zuerst zu den tschechischen Bürgern. In seiner etwa siebenminütigen Ansprache beklagte der oppositionelle Bürgerdemokrat unter anderem, dass der Staat überhandnehme:

„Der Staat sieht uns als seine Diener. Dem Schein nach kümmert er sich um uns von der Wiege zur Bahre. Dabei ist es fast schon egal, wer gerade regiert. Die Hälfte des Jahres arbeiten wir für ihn, damit er uns vor allem vor den Wahlen etwas davon zurückgibt. Wenn es ihm aber an Geld fehlt, dann leiht er sich dies.“

Kubera beklagte in diesem Zusammenhang die Regulierungswut von Staat und Europäischer Union. So wandte er sich gegen die neue EU-Datenschutzgrundverordnung, aber auch gegen das umfassende Rauchverbot. Dieses war vor gut anderthalb Jahren hierzulande erlassen worden. Es verbietet den Tabakkonsum in Restaurants und Kneipen sowie in öffentlichen Einrichtungen. Diese Kritik an der Regelung ist ein Lieblingsthema von Kubera, der sich selbst als „passionierten Raucher“ bezeichnet:

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„Mehr als eine Million Bürger werden hierzulande entwürdigt, weil sie einem der menschlichen Laster verfallen sind: dem Rauchen. Dabei bringen sie dem Staatssäckel fast 80 Milliarden Kronen im Jahr ein.“

Statt der Regulierungswut plädierte der Senatschef für ein „Leben und leben lassen“. Zugleich wandte er sich aber gegen einen Verfall der Sitten.

„Die Zauberworte wie ‚Guten Tag‘ oder ‚Danke‘ sind schon fast aus unserem Wortschatz verschwunden. Die Social media sind voller Ärger und Hass. Selbst ein Weihnachtsmärchen kann eine Hasswelle hervorrufen. Da muss man sich verwundert die Augen reiben“, so Kubera.

In dieselbe Kerbe stieß der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Radek Vondráček. In seiner Ansprache sagte der Politiker der Partei Ano unter anderem, dass die Demokratie kein Boxring sei. Man könne seine Kritik etwa bei Demonstrationen auch in anständiger Form äußern:

Radek Vondráček  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
„Bei uns herrscht heutzutage Meinungsfreiheit. Das kann uns auch niemand nehmen. Nur wir selbst können sie infrage stellen, wenn wir sie missbrauchen, um andere anzugreifen und Hass zu verbreiten.“

Zugleich bekannte Vondráček, dass die Demokratie langsam sei. Aber sie sei die einzige Regierungsform, bei der die Bürger selbst über ihr Schicksal bestimmen könnten.

Ein weiteres Thema war für den Regierungsvertreter das Bild Tschechiens. Dieses sei im Ausland meist besser als im Inland, so Radek Vondráček:

„Ich werde hier keine Zahlen wiederholen. Ich sage nur, dass es unserem Land gut geht. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie lange nicht mehr. Die Wirtschaft wächst, Löhne und Renten steigen. Und der Staatshaushalt kann wegen guter Steuereinnahmen die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger erfüllen, ohne dass wir uns gefährlich verschulden. Das ist der Verdienst von Ihnen, den Millionen fleißigen und geschickten tschechischen Leuten. Wir sind erfolgreich, nur leider wissen wir das häufig nicht oder wollen es nur nicht laut aussprechen.“